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Foto: Rungroj Yongrit, dpa
Foto: Rungroj Yongrit, dpa

Jack Ma will künftig vor allem seine Visionen in die Firma einbringen.

Jack Ma
10.09.2018

Warum sich der Alibaba-Gründer zurückzieht

Von Finn Mayer-Kuckuk

Jack Ma hat mit der Internetfirma Milliarden verdient. Nun kündigt er seinen Abschied an. Diese Entscheidung hat auch mit der Kommunistischen Partei zu tun.

Das Muster ist von anderen Milliardären bekannt: Sie ziehen sich aus ihren Firmen zurück und überlassen das Tagesgeschäft den angestellten Management-Profis. So hat es Microsoft-Gründer Bill Gates gemacht oder Howard Schultz, der die Kaffeekette Starbucks groß gemacht hat. Nun hat auch Jack Ma, der Gründer des chinesischen Internetkonzerns Alibaba, den Fahrplan für seinen Ausstieg verkündet. Nur: Er will eigentlich gar nicht aussteigen. Stattdessen plant er den Aufstieg zum übergreifenden Visionär für sein Firmenimperium.

In einer Nachricht an seine Mitarbeiter ließ Ma am Montagvormittag die Bombe platzen: „Kein Unternehmen kann sich ewig auf die Führung durch seine Gründer verlassen“, schreibt er. Er wolle im kommenden Jahr den Posten des Präsidenten räumen und in zwei Jahren ganz aus dem Verwaltungsrat ausscheiden. Für die Zeit danach wolle er sich der „Verwirklichung von Träumen“ widmen und dem Unternehmen durch die Entwicklung neuer Ideen nützen.

Jack Ma ist schon seit fünf Jahren nicht mehr CEO von Alibaba

Ma ist schon seit fünf Jahren nicht mehr Hauptgeschäftsführer (CEO) von Alibaba – und überrascht schon jetzt immer wieder durch seine Visionen. So ist er etwa überzeugt, dass Online-Kunden künftig direkt beim Hersteller in den Herkunftsländern der Waren bestellen – Handelsfirmen, Importeure und andere Mittelsmänner gehören damit der Vergangenheit an. Zuletzt sprach er davon, dass Alibaba eine „Firma für alles“ sein könnte. Sie könne Banken ersetzen, Reiseanbieter und soziale Medien.

Hinter dem angekündigten Rückzug steckt jedoch mehr als der Wunsch nach Freiheit von den Zwängen einer Führungsrolle. Es war Druck von ganz anderer Seite, der ihm zuletzt immer mehr zu schaffen gemacht hat: Die Führung des Landes wacht derzeit wieder eifersüchtig darüber, dass keiner ihrer Untertanen sich außerhalb der ideologischen Leitlinien bewegt. Präsident Xi Jinping fordert dafür ein immer klareres Bekenntnis und Treue zu seiner Person und seiner Politik.

Für Ma stellte sich damit zunehmend die Frage, was zuerst kommt: „Die Pflicht gegenüber den Aktionären an der Wall Street oder Loyalität zum Team Xi?“ So drückt es die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei aus. Denn ursprünglich schreckte Ma auch nicht vor Seitenhieben gegen die Politik seines Landes zurück. Einst beschrieb er sein Verhältnis zur Regierung so: „Du kannst sie lieben, aber du solltest sie nicht heiraten.“ Doch seit kurzem klingt Ma ganz anders. „In den vergangenen fünf Jahren ist das Geschäftsklima in China unter der Führung der Kommunistischen Partei immer nur großartiger geworden“, lobte er sein Land auf einer Technik-Konferenz in seiner Heimatprovinz Zhejiang. Zugleich äußerte er sich abfällig über die westliche Demokratie und lobte den Einparteienstaat.

Alibaba ist auch wegen der Kommunistischen Partei erfolgreich

Die zunehmende Anpassung ist kein Wunder. Peking hat Ma bisher zwar in Ruhe gelassen, doch in Wirklichkeit ist auch die große Internetfirma Alibaba der chinesischen Regierung komplett ausgeliefert. Fast das ganze Geschäftsmodell basiert auf Kunden in China. Und es war die Regierung, die Ma durch Regulierungen die internationale Konkurrenz vom Hals gehalten hat. Sie könnte ihm jedoch genauso viele Steine in den Weg legen.

Ein besonderes Problem bereitet Ma die Art seines milliardenschweren Börsengangs in New York. Denn an der Wall Street ist nur eine Gesellschaft auf den Kaiman-Inseln notiert, nicht das eigentliche Unternehmen. Die Holding im Steuerparadies darf aus Gründen des chinesischen Außenhandelsrechts keine nennenswerten Anteile an den profitablen Alibaba-Firmen in China besitzen. Die Investoren in Mas Firma haben also eine Luftnummer gekauft. Die Regierung in Peking könnte Ma in diesem Fall riesigen Ärger bereiten, indem sie den ganzen Zauber für illegal erklärt.

Was ist also nun mit Alibaba? Ist es ein durch und durch chinesischer Betrieb unter der Fuchtel der Kommunistischen Partei? Oder ein modern-globales Internetunternehmen? Die Antwort ist: beides. Es ist Mas Rolle, diese sehr unterschiedlichen Sichtweisen der gleichen Firma in der Öffentlichkeit glaubwürdig zu verkaufen. Da stört es nur, wenn er in die Niederungen des Alltagsgeschäfts eingebunden ist.

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