Was der Ex-Weltbild-Logistik nach der erneuten Insolvenz jetzt bevorsteht
Die Ex-Weltbild-Logistik ist erneut insolvent. Geschäftsführer Reiner Wenz erklärt, warum es bei der Sanierung kein Tabu geben soll und wie viele Arbeitsplätze er streichen will.
Herr Wenz, für viele ist die Insolvenz der Ex-Weltbild-Logistik in Augsburg noch immer unerklärlich. Vor allem, da die Muttergesellschaft – die Also Holding – im ersten Halbjahr 36,2 Millionen Euro Gewinn ausgewiesen hat. Wie kam es da zur Insolvenz?
Reiner Wenz: Ich habe am letzten Dienstag im Juli die Nachricht erhalten, dass die Also Holding keine Gelder mehr für Augsburg zur Verfügung stellt. Damit war ich als Geschäftsführer gesetzlich verpflichtet, Insolvenz anzumelden.
Für die rund 450 Beschäftigten in der Logistik ist dies ein herber Rückschlag. Sie hatten erst letztes Jahr die Insolvenz von Weltbild miterlebt.
Wenz: Wir haben die Mitarbeiter umgehend über die Lage informiert. Das war schwierig für alle Beteiligten. Die Ungewissheit ist jetzt noch größer. Erst haben die Mitarbeiter mit Weltbild die erste Insolvenz erlebt, nun die zweite. Viele fragen sich, wie es weitergeht und wie sie die nächsten Monate die Rechnungen bezahlen können. Dies ist mir absolut bewusst.
Sie müssen bis 1. Oktober einen Sanierungsplan ausarbeiten. Wie geht es hier weiter?
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Wenz: Ich habe das Ziel, den Standort zu erhalten und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Wir müssen deshalb umgehend in Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern eintreten. Es geht in dieser Situation um Tage und Stunden. Nicht um Monate und Wochen. Das muss allen klar sein. Mit Blick auf die Urlaubszeit war es dem Betriebsrat leider noch nicht möglich, mit uns kurzfristig ein Gespräch über die Abstimmung des weiteren Vorgehens zu führen.
Durch die Insolvenz blieb für die Betroffenen das Juli-Gehalt aus. Haben Sie hier eine Lösung gefunden?
Wenz: Ja, das Insolvenzgeld ist inzwischen vorfinanziert und wurde bereits nach wenigen Tagen an die Mitarbeiter ausgezahlt. Jeder sollte sein Geld seit Anfang der Woche auf dem Konto haben.
Wie viele Stellen wollen Sie in der Also-Logistik in Augsburg abbauen?
Wenz: Vor über neun Monaten gingen wir davon aus, dass von den 450 Stellen rund 100 abgebaut werden müssen, um die Logistik wettbewerbsfähig aufzustellen. Zuletzt sollten es schon 150 sein. Inzwischen bin ich mir absolut nicht sicher, dass dies ausreichend sein wird. Warum es allen Beteiligten in der Vergangenheit nicht gelungen ist, eine Einigung zu erzielen, spielt jetzt keine Rolle mehr. In der aktuellen Situation dürfen wir keine Zeit mehr für eine Einigung verlieren. Dies muss allen bewusst sein. Ebenso, dass ich in meiner neuen Rolle als Eigenverwalter ausschließlich den Gläubigern verpflichtet bin. Darunter sind die Mitarbeiter oder staatliche Institutionen wie das Finanzamt sowie die Arbeitsagentur. Das gesetzliche Korsett, im Rahmen dessen wir uns bewegen können, ist auch dadurch eng geschnürt.
Stellenkürzungen und Lohnsenkungen bei Ex-Weltbild-Logistik möglich
Planen Sie Einschnitte über die Stellenkürzungen hinaus – zum Beispiel bei den Gehältern?
Wenz: Es kann sein, dass sich über den Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung unterhalten werden muss. Da darf es kein Tabu geben. Kürzungen sind erforderlich, um uns wirtschaftlich aufzustellen. Unsere Kostenstruktur hat dazu geführt, dass Also in Augsburg in der Vergangenheit große Verluste geschrieben hat. Ein Grund ist das Lohngefüge. Wir sind einem Tarifvertrag verpflichtet, der in der Logistik-Branche wettbewerbsschädlich ist. Es lässt sich kein Drittgeschäft akquirieren, da der Standort im Vergleich zu teuer ist.
Also weniger Lohn?
Wenz: Es ist zu früh, das zu beantworten. Wir befinden uns erst einige Tage in Insolvenz in Eigenverwaltung. Jetzt geht es darum, schnellstmöglich ein Konzept auszuarbeiten, das der Gläubigerausschuss unterstützt und das finanzierbar ist.
Welche Abfindungen wollen Sie den Betroffenen anbieten? Können diese auf eine Transfergesellschaft hoffen?
Wenz: Momentan kann man hierzu noch nichts sagen. Die Insolvenzordnung lässt hierbei wenig Spielraum. Meine Aufgabe ist es derzeit, im Sinne der Gläubiger aufzupassen, dass keine Masse – also kein Unternehmenswert – vernichtet wird.
Es gibt die Befürchtung, dass die Also-Insolvenz auf Weltbild übergreift, dessen Pakete die Logistik zusammenstellt. Ist das eine reale Gefahr?
Wenz: Wir führen Gespräche mit unseren Kunden. Aktuell wird der Betrieb uneingeschränkt fortgeführt. Aber jeder wird seinen Beitrag leisten müssen, damit die Also-Logistik und damit auch Weltbild funktioniert. Deshalb müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter schnell an einen Tisch.
Droht der Logistik im schlimmsten Fall eine Abwicklung?
Wenz: Das hängt vor allem von der Entwicklung der Liquidität ab. Ausschließen lässt sich das sicher nicht.
Wie stellen Sie sich die Zukunft der Logistik vor, wenn die Sanierung gelingt?
Wenz: Ziel ist eine nachhaltige Standortsicherung. Dafür dürfen wir nicht nur Weltbild als Kunden haben, sondern müssen weitere Kunden gewinnen. Es gibt ein großes Potenzial in unterschiedlichen Branchen. Das Logistikzentrum im Stadtteil Lechhausen ist nach wie vor modern. Um flexibel zu sein, müssen nach erfolgreicher Sanierung Investitionen getätigt werden. Aber eins nach dem anderen!
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