Was die Krise in der Türkei für uns bedeutet
Deutschland handelt viel mit der Türkei. Auch in der Region ist das Land als Partner beliebt. Warum die schwache Lira Unternehmer besorgt und Touristen freut.
Der Konflikt zwischen den USA und der Türkei spitzt sich weiter zu. Seit Montagmorgen gelten höhere Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei in die USA. Das hatte zur Folge, dass die türkische Lira weiter an Wert verlor. Der Einbruch spielt auch für die deutsche Wirtschaft eine Rolle.
Deutschland exportiert vor allem Autos in die Türkei
So sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest im Handelsblatt, die Türkei befände sich in einer klassischen Wirtschafts- und Währungskrise. „Wir müssen uns massive Sorgen machen.“ So weit will Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft nicht gehen. Er sagt aber: „Ich sehe wenige Szenarien, die noch verhindern können, dass die Türkei in eine Krise abrutscht.“ Zwar sei die Türkei nicht der wichtigste Handelspartner Deutschlands, aber: „Der Währungsverfall hat Auswirkungen auf Deutschland. Ein Grund ist, dass die Importfähigkeit der Türkei abnimmt, weil sie immer höhere Preise für Waren aus dem Ausland bezahlen muss.“ So sei in der jüngsten Vergangenheit schon die Zahl der Neuwagenzulassungen gesunken. Autos gehören neben Maschinen zu den wichtigsten Exportprodukte Deutschlands – und Bayerns – in die Türkei. Auch die bayerische Wirtschaft leidet unter der Schwäche der Türkei. Bertram Brossardt, Geschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, sagt: „Die Exportzahlen zwischen dem Freistaat und der Türkei sind 2017 im Vergleich zu 2016 um zehn Prozent gesunken.“
Denn die Lira verliert seit Monaten an Wert. Erst der Streit mit den USA um das Schicksal des in der Türkei inhaftierten US-Pastors Andrew Brunson hatte sie aber in den freien Fall befördert. Der Wertverlust und die Inflationsrate von rund 16 Prozent haben noch weitere Folgen, wie Anis Azouz, Leiter des Mittelmeer-Projektbüros der Industrie- und Handelskammer Schwaben, berichtet: „Viele schwäbische Unternehmen machen sich Sorgen, denn ihre türkischen Partner haben zunehmend spürbare Probleme damit, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.“ Dennoch sei die Türkei ein attraktiver Handelspartner. „Schwäbische Unternehmen schätzen die Konsumfreudigkeit der jungen und dynamischen türkischen Gesellschaft sehr“, sagt er.
Türkei wird als Urlaubsland noch billiger
Der Kieler Wirtschaftsforscher Gern warnt: „Auf Dauer geht es nicht gut, wenn ein Land mehr konsumiert als es produziert – zumal ein Großteil des Konsums und des Wirtschaftswachstums durch Kredite aus dem Ausland finanziert wird.“ Ein Hoffnungsschimmer für die Türkei könnte der Tourismus sein. Denn Urlaub ist in dem Land noch günstiger, als er ohnehin schon war. Ob das die Wirtschaft rettet, muss sich noch zeigen. Gern sagt: „Ob Urlauber kommen, hängt davon ab, wie stabil das Land wahrgenommen wird.“
Um eine schwere Krise noch abzuwenden, muss das Land Gerns Meinung nach nun um das Vertrauen der Investoren werben. Die türkische Nationalbank und Finanzminister, Berat Albayrak, bemühten sich am Montag genau darum. So kündigte Albayrak an, so schnell wie möglich Notfallmaßnahmen zu ergreifen, um die Währung zu stabilisieren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wetterte dagegen weiter gegen die USA und deren Präsident Donald Trump. In einer Rede vor Botschaftern aus verschiedenen Ländern sagte er in Richtung Trump: „Du kannst nicht einfach aufwachen und sagen: ,Ich führe Zölle auf Stahl und Aluminium ein.‘ Das kannst du nicht sagen.“ Er deutete sogar an, zu einem Krieg bereit zu sein. Staaten, die Frieden wollen, müssten zu Krieg bereit sein, sagt er. „Wir sind bereit, mit allem, was wir haben.“ (mit dpa)
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