Was tun, wenn die Bausparkasse den Vertrag kündigt?
Bausparkassen wie LBS, Wüstenrot oder BHW drängen derzeit Tausende Kunden aus alten Verträgen. Wie sich Bausparer gegen die Praxis wehren können.
Vor gut einer Woche sei der Brief der Bausparkasse ins Haus geflattert, erzählt Friedrich Stumpf. Dass Wüstenrot seinen Bausparvertrag kündigt, damit hatte der 76-Jährige nicht gerechnet. Vor allem, weil noch gut 2500 Euro fehlen, bis die Bausparsumme von 20451 Euro erreicht ist. Dabei war der Vertrag, in den der Leser unserer Zeitung seit 21 Jahren einzahlt, eine gute Geldanlage. „2,5 Prozent Zinsen kriegt man doch heute nirgends mehr“, sagt der Augsburger. Er will sich gegen die Kündigung wehren. Wir erklären, wie Bausparer dabei vorgehen können.
Sind nur Wüstenrot-Kunden von den Kündigungen betroffen?
Nein. Tausenden Verbrauchern ergeht es ähnlich wie Friedrich Stumpf aus Augsburg. Denn immer mehr Bausparkassen versuchen derzeit, Sparer aus gut verzinsten Altverträgen zu drängen. Die LBS Bayern verschickte im Herbst 26000 Kündigungsschreiben an Kunden, deren Bausparer seit zehn Jahren und mehr zuteilungsreif ist – für die also längst ein Darlehen in Anspruch genommen werden kann. Andere Landesbausparkassen zogen nach. Kurz vor Weihnachten schrieb auch die BHW 25000 Altkunden an. Die Wüstenrot, von der auch Friedrich Stumpf Post bekommen hat, verschickt derzeit 30000 Kündigungen.
Warum trennen sich die Bausparkassen ausgerechnet von langjährigen Kunden?
Die Bausparkassen kündigen in erster Linie Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind und bei denen das Darlehen nicht abgerufen wurde. Alexander Nothaft vom Verband privater Bausparkassen betont: „Bausparen ist Zwecksparen.“ Erst werde der Bausparvertrag angespart – in der Regel auf 40 Prozent der vereinbarten Summe. Dann kann über den restlichen Betrag ein Bauspardarlehen mit einem garantierten Zins in Anspruch genommen werden. Dass viele Verbraucher die Verträge allein als Geldanlage nutzen, ist den Instituten aber ein Dorn im Auge. „Es heißt Bausparen, nicht sparen. Und es heißt Bausparkasse, nicht Sparkasse“, sagt Nothaft. Tatsächlich sind viele der alten Verträge den Anbietern zu teuer geworden. Denn vor 15 Jahren boten sie Verträge mit 3,5 Prozent Zinsen und mehr an. Das sind Konditionen, von denen Bausparer heute nur träumen können. In der anhaltenden Niedrigzinsphase bekommen die Institute am Finanzmarkt selbst nur sehr niedrige Zinsen für das Kapital ihrer Bausparer. Deshalb können sie sich die Altverträge nicht mehr leisten.
Wie viele Bausparer sind betroffen?
In der Branche geht man davon aus, dass 150000 Kunden von der Kündigungswelle betroffen sind. Beim Verband der privaten Bausparkassen weist man allerdings darauf hin, dass es sich, angesichts von 30 Millionen bestehenden Bausparern, nur um 0,5 Prozent aller Verträge handelt.
Dürfen die Bausparkassen denn bestehende Verträge kündigen?
Das ist umstritten. Die Institute berufen sich auf Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Demnach sind Darlehensverträge nach zehn Jahren kündbar. Finanzexperte Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern sagt dagegen: „Die Rechtslage ist nicht so klar, wie die Bausparkassen behaupten.“ Was fehle, sei ein höchstrichterliches Urteil zu den Kündigungen der Bausparverträge. Ein solches dürfte der Bundesgerichtshof erst im kommenden Jahr fällen, schätzt Straub.
Was können Betroffene tun?
Verbraucherschützer raten, der Kündigung schriftlich zu widersprechen. Führt das nicht zum Erfolg, können sich Sparer an einen Ombudsmann wenden. Dieses außergerichtliche Verfahren ist für Verbraucher kostenlos. Im Fall privater Bausparkassen wie Wüstenrot und BHW ist die Schlichtungsstelle Bausparen zuständig (Kundenbeschwerdestelle, Postfach 303079, 10730 Berlin, Tel. 030/590091500). Auf der Internetseite schlichtungsstelle-bausparen.de steht auch ein Beschwerdeformular zum Download bereit. LBS-Kunden sollten sich an den Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands wenden (Kundenbeschwerdestelle, Postfach 110272, 10832 Berlin, Tel. 030/ 8192-295). Wer darüber hinaus eine Rechtsschutzversicherung hat oder die Kosten eines Verfahrens selber tragen kann, sollte sich Rat bei einem Anwalt holen, empfehlen Verbraucherschützer. mit dpa
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