Wasserstoff ist für Autos auch (k)eine Lösung
Warum der Wasserstoff-Antrieb für Autos zuletzt immer mehr Zuspruch findet – und was seine Befürworter dabei möglicherweise übersehen.
Ist der Hype um Elektroautos schon vorbei, bevor er richtig begonnen hat? Jedenfalls scheinen sich die kritischen Stimmen zu mehren. Gegenwind kommt aus den unterschiedlichsten Richtungen, nicht nur aus der Branche selbst.
BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich wird mit den Worten zitiert, es gäbe schlichtweg keine Verbrauchernachfrage nach Elektroautos, „keine“. Philosoph Richard David Precht sagte in einem viel beachteten Interview mit unserer Redaktion: „Ich bin überhaupt kein Freund der E-Mobilität. Wir machen da einen Riesenfehler.“
Philosoph Richard David Precht zur E-Mobilität: „Wir machen einen Riesenfehler“
Precht – und nicht nur der – hält nach eigenen Worten den Wasserstoffantrieb für die zukunftsweisendere Technik. Diese Theorie hört man zuletzt erstaunlich oft. Was ihre Verfechter gerne übersehen: Auch ein Wasserstoffauto ist ein Elektroauto. Nur dass der Elektromotor hier nicht aus einer Batterie gespeist wird, sondern aus einer Brennstoffzelle. Dort reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff. Die chemische Reaktion erzeugt den Strom.
In Wahrheit trifft also (Prechts) Kritik nicht die E-Mobilität per se, sondern allein ihre batteriebetriebene Ausprägung. Schon die Herstellung der Akkus ist umstritten. Sie frisst eine Menge Ressourcen; die Produktionsbedingungen sind nicht ideal, gerade in Schwellenländern.
Der Akku im Mercedes EQC wiegt 650 Kilo
Auch die Autobauer stellt die voluminöse und schwere Batterie – im Mittelklasse-SUV Mercedes EQC etwa wiegt sie 650 Kilogramm – vor große Herausforderungen. Dazu kommen die bekannten Vorbehalte gegen die Batterie-Stromer: zu teuer in der Anschaffung, zu wenig Ladesäulen, zu lange Ladedauer, zu geringe Reichweite. Diese Nachteile muss sich die Wasserstoff-Fraktion nicht ankreiden lassen, zumindest nicht alle. Das Tanken geht fast genauso schnell wie bei einem klassischen Verbrenner, auch die Reichweiten sind vergleichbar. Bei der Ladeinfrastruktur jedoch fangen die Probleme an. Nach Angaben des Portals h2.life sind derzeit ganze 71 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland in Betrieb, bis Ende des Jahres sollen es 100 sein. Die Zahl der Ladepunkte gibt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft dagegen mit 17.400 an.
Wasserstoff-Auto Toyota Mirai kostet fast 80.000 Euro
Auch beim Thema Markt stehen die Wasserstoff-betriebenen Autos noch schlechter da als die Batterie-Konkurrenz. Ein Toyota Mirai, ein Hyundai Nexo, ein Mercedes GLC F-Cell – das war’s schon mit der „Auswahl“. Teuer sind die Exoten obendrein. Toyota nimmt für den Mirai knapp 80.000 Euro. Kein Wunder, dass der Marktanteil der Wasserstoff-Fahrzeuge laut Kraftfahrtbundesamt bei 0,0007 Prozent liegt. 392 Fahrzeuge waren zu Jahresanfang zugelassen.
Wie geht es weiter? Schleppend, so wie es aussieht. Volkswagen-Chef Herbert Diess meint: Bis Mitte der 2020er Jahre werde die Brennstoffzelle nicht „zu vertretbaren Preisen oder im industriellen Maßstab mit der nötigen Energieeffizienz verfügbar sein“. Dennoch will Volkswagen die Forschung verstärken. Audi soll das Wasserstoff-Kompetenzzentrum des Konzerns werden.
BMW hat für 2025 einen X5 mit Brennstoffzelle angekündigt, der aus einer Kooperation mit Toyota entstehen soll. Mercedes hat den besagten GLC im Angebot. Den kann man nicht kaufen, sondern nur mieten, für 799 Euro im Monat. Dieses Fahrzeug weist eine Besonderheit auf: Es besitzt neben dem Wasserstoff-Tank, der Energie für 430 Kilometer bereitstellen kann, einen Lithium-Ionen-Akku, der für 50 Kilometer gut ist und an der Steckdose aufgeladen werden kann.
Eine Kombination aus Brennstoffzelle und Batterie – vielleicht ist das ja die Lösung. Ob sie wollen oder nicht: Die Hersteller müssen den CO2-Ausstoß von Neuwagen laut EU bis 2030 auf unter 60 Gramm pro Kilometer senken. Das funktioniert nur mit Elektroautos und wohl nur mit einem Mix aus verfügbaren Technologien.
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