Die große Ungewissheit: Weltbild-Mitarbeiter sind frustriert
Viele Weltbild-Mitarbeiter fühlen sich schlecht informiert, andere verlassen die Firma. Unter den Mitarbeitern herrscht große Ungewissheit. Fallen bald die letzten Entscheidungen?
Unter den Beschäftigten der insolventen Augsburger Verlagsgruppe Weltbild herrscht Frust. Vielen macht die Unsicherheit zu schaffen, in der sie sich befinden. Überraschend ist kürzlich bekannt geworden, dass der vom Finanzinvestor Paragon unterschriebene Vorvertrag nicht als „rechtskräftig“ angesehen wird.
Der Unmut richtet sich zunehmend gegen die Betriebsratsspitze und die Gewerkschaft Verdi. Das kann man bereits auf dem Weltbild-Blog der Gewerkschaft nachlesen.
Bei Weltbild fehlen Informationen
Man bekomme „keinerlei Informationen zu irgendwas“, hieß es dort beispielsweise Anfang Juni, „alles wird totgeschwiegen, niemand vom Betriebsrat oder von Verdi kommt mal vorbei, um Klartext zu reden.“ An dieser Sicht hat sich seither wenig geändert, wie aus dem Unternehmen berichtet wird. „Der Leidensdruck für die Mitarbeiter durch die Ungewissheit ist unerträglich“, berichtet Betriebsrat Benjamin Jergius.
Viele kluge Köpfe wandern ab. „Gerade hoch qualifizierte Mitarbeiter verlassen das Unternehmen“, sagt Jergius. Es sollen 20 bis 30 im Monat sein. Dies werde „das Unternehmen dauerhaft schwächen“, befürchtet der Betriebsrat.
Nicht alle Weltbild-Mitarbeiter stehen der Gewerkschaft nahe
Tatsächlich ist die Arbeit der Gewerkschaft Verdi nicht unumstritten. Einem großen Teil der Angestellten missfiel nach der Insolvenz der aggressive Ton, der von Verdi gegenüber der Kirche angeschlagen wurde. Bei der letzten Betriebsratswahl traten verschiedene Listen an. Einige Listen stehen der Gewerkschaft Verdi nahe (Listen: „Gute Arbeit“; „Wir sind’s“), andere bezeichneten sich explizit als Verdi-unabhängig („Vision 2.0“).
Derzeit stößt großen Teilen der Mitarbeiterschaft sauer auf, dass der Einstieg des Münchner Investors Paragon als „alternativlos“ dargestellt werde. Tatsächlich gebe es Alternativen: Im Vorfeld sind die Bertelsmann-Tochter Arvato, der Günzburger Buch- und Schreibwarenhändler Hutter, die Verlagsgruppe Holtzbrinck oder der österreichische Libro-Inhaber Josef Taus genannt worden.
Es herrscht Uneinigkeit, ob Paragon der richtige Partner für Weltbild ist
Viele Mitarbeiter argumentieren, dass Paragon alleine Weltbild nicht weiterbetreiben kann. Um das überdimensionierte Weltbild-Logistikzentrum auszulasten, sei der Einstieg eines Partners sowieso nötig. Auch eine Abspaltung des Logistikbereichs wird offen diskutiert. Ohne Paragon hätte man einen Akteur weniger. Und es könnte direkt ein Unternehmen einsteigen, das Weltbild mit seinem Know-how weiterentwickelt.
Ob es allerdings nochmals zu einer anderen Lösung kommt, ist fraglich. Die Weichen sind weitgehend gestellt: Der Kauf durch Paragon wird derzeit kartellrechtlich geprüft. Beispielsweise bei der Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich. Weltbild hat eine Tochter im Nachbarland. Ein Rückzug der Münchner gilt deshalb unter Insidern als unwahrscheinlich, zumal die Gläubigerbanken über Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz die Lösung unterstützen.
Vorvertrag mit Paragon gilt nicht als rechtsverbindlich
Kritiker im Unternehmen befürchten, dass Paragon durch die Unterzeichnung eines „Vorvertrags“ die anderen Interessenten aus dem Rennen geschossen hat. Gleichzeitig habe sich der Finanzinvestor Verhandlungsmacht für weitere Einschnitte bis hin zu Entlassungen bewahrt, da der Vorvertrag nicht als rechtsverbindlich gilt.
So oder so – bald könnten die Mitarbeiter Klarheit haben: Am 30. Juni endet das Geschäftsjahr bei Weltbild. Bis dahin könnten die wesentlichen Entscheidungen fallen.
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