
Gerd Robertz verlässt Weltbild: Konzern steht vor der Zerreißprobe

Verdi verschärft den Ton gegenüber dem Düsseldorfer Investor Droege. Der Unternehmer selbst setzt langfristig auf Weltbild. Er ist von der „fantastischen Marke“ überzeugt.
Die Stimmung unter den Mitarbeitern des Augsburger Medien-Unternehmens Weltbild ist auf einem Tiefpunkt angekommen. Dazu hat sicher auch die gestrige Nachricht beigetragen, dass der Manager Gerd Robertz Ende Februar aus dem Unternehmen ausscheidet. Der erfahrene Buch-Experte leitet den zur Weltbild-Gruppe gehörenden Online-Shop bücher.de.
Robertz hatte sich im vergangenen Jahr schon aus der Weltbild-Geschäftsführung zurückgezogen. Insider sprechen von einem Abschied auf Raten und bezweifeln, dass es sich, wie es in der gestrigen Pressemitteilung hieß, um eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen handele. Mit Weltbild vertraute Personen glauben vielmehr, Robertz habe im Streit um die künftige Strategie des Unternehmens seinen Hut genommen. Hinter den Kulissen ist von Differenzen mit den aus Düsseldorf kommenden Investoren der Droege-Gruppe die Rede. Der Mehrheitseigentümer will bekanntlich weiter sparen und nach Darstellung der Gewerkschaft Verdi rund 160 Vollzeitstellen abbauen, was für etwa 200 weitere Mitarbeiter das Aus bedeuten würde, schließlich wären auch Teilzeitkräfte betroffen.
Verdi-Verantwortliche werten das als Bruch der Verabredung, dass es nicht zu weiteren Massenentlassungen bei dem Unternehmen komme. Aus der Enttäuschung heraus ist der Ton der Gewerkschafter gegenüber den Droege-Managern noch einmal rauer geworden. So sagte Timm Boßmann, Verdi-Sprecher bei Weltbild, am Montag unserer Zeitung: „Mittlerweile haben viele Beschäftigte Angst, dass Droege Weltbild schrumpft, ja totschrumpft.“ Das Ergebnis harter Arbeit mit Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und der Unternehmensberatung Roland Berger werde damit kaputt gemacht: „Das Ganze wirkt, als ob man Selbstmord begehen wolle aus Angst vor dem Tod.“
Vorwurf gegen Droege: Zum Zeitpunkt des Einstiegs nicht die Wahrheit gesagt
Der Hauptvorwurf gegen die Droege-Männer lautet, dass sie beim Zeitpunkt des Einstiegs nicht die Wahrheit gesagt und erst später Pläne für weitere Massenentlassungen bei Weltbild auf den Tisch gelegt hätten.
Der Unternehmer Walter Droege sieht das anders. Im Gespräch mit unserer Zeitung wies er gestern darauf hin, es habe „signifikante Abweichungen gegenüber den Planungen von Roland Berger gegeben“. Das treffe sowohl auf Umsatz als auch Kosten zu. Die Unternehmensberatung Berger hatte im Zuge des Insolvenzverfahrens einen Sanierungsplan für Weltbild vorgelegt, aus dem auch hervorgeht, wie sich die finanzielle Situation des nach wie vor angeschlagenen Unternehmens nach bestimmten Veränderungen des Geschäfts weiterentwickeln könnte.
Nach der Argumentation von Droege hat Weltbild jedoch deutlich schlechter als nach dem Berger-Szenario abgeschnitten. Die Investoren und die Weltbild-Geschäftsleitung sahen sich zu Gegenmaßnahmen gezwungen. Es kam zu dem Vorstoß, bis zu 160 weitere Vollzeit-Stellen zu streichen. Für Weltbild arbeiten in Deutschland noch rund 2000 Frauen und Männer, darunter etwa 1000 in Augsburg, wobei rund 450 in der Verwaltung tätig sind. Die Verdi-Experten für Weltbild befürchten, dass in der Verwaltung jene bis zu 160 Vollzeitstellen wegfallen könnten. Weltbild machte dazu keine Angaben.
Wie es personell bei dem Unternehmen weitergeht, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Nach Informationen unserer Zeitung kommen Geschäftsleitung und Betriebsräte am 23. Januar zu einem als „Info-Veranstaltung“ deklarierten Treffen zusammen. Hier werden aber wohl noch keine Weichen gestellt. Zur Sache dürfte es erst am 28. und 29. Januar gehen. Nach diesen Gesprächsrunden könnte klarer sein, wohin die Reise für die Beschäftigten geht. Bis dahin wird die Unsicherheit unter den Mitarbeitern andauern.
Das Weihnachtsgeschäft bei Weltbild gibt Rätsel auf
Dazu tragen sicher auch unterschiedliche Einschätzungen über das für Weltbild so wichtige Weihnachtsgeschäft bei. Vonseiten des Unternehmens heißt es, dass „die Erwartungen erreicht wurden“. Nachdem das Geschäft in den Buchfilialen zunächst schleppend angelaufen sei, habe es einen starken Endspurt gegeben. Im Weltbild-Internetblog der Gewerkschaft Verdi liest sich das anders: Hier ist die Rede davon, Filialen seien kaum beworben und nur eingeschränkt mit Ware beliefert worden. Das „gefloppte Weihnachtsgeschäft“ solle weitere Schließungen begründen, heißt es dort.
Der von Verdi so kritisierte Walter Droege setzt langfristig auf das Unternehmen und sagt: „Das ist eine fantastische Marke. Ich glaube an Weltbild mit seiner Multi-Kanal-Philosophie aus Online, Katalog und Buchläden.“
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