Wie hoch die Zahl der offenen Lehrstellen wirklich ist
Die Agentur für Arbeit listet in der Region über 7000 unbesetzte Stellen auf. Bei den Kammern sind es viel weniger. Das hat drei Gründe
Wer im September eine Ausbildung beginnen möchte, ist jetzt fleißig auf der Suche nach einer Lehrstelle. Und er hat auch gute Chancen. Denn die Arbeitsagentur zählt im März 2017 in ganz Schwaben 7228 offene Lehrstellen. In den angrenzenden oberbayerischen Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Landsberg am Lech kommen noch einmal fast 600 hinzu.
Vergleicht man diese Zahl mit den Angaben der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK) und der Handwerkskammer für Schwaben (HWK), kommt ein ganz anderes Ergebnis heraus. Bei der IHK sind etwa 1000 Lehrstellen unbesetzt. Die HWK spricht von etwa 700 unbesetzten Lehrstellen. Ergibt in der Summe 1700 offene Stellen und damit eine Differenz von über 5500. Wie kann das sein?
Zum einen wissen die beiden Kammern nur über offene Lehrstellen in ihren Bereichen Bescheid. Die Handwerkskammer also für Berufe wie Maler und Lackierer, Maurer oder Schreiner und die Industrie- und Handelskammer etwa für Berufe in der Gastronomie, Logistik oder im Dienstleistungsbereich. Die Arbeitsagentur listet auch freie Stellen in Pflegeberufen oder im medizinischen Bereich, in der Landwirtschaft oder bei Rechtsanwälten auf. Sie gehören zu keiner der beiden Kammern. Damit lässt sich der Unterschied zum Teil erklären. Aber suchen so viele Rechtsanwälte Auszubildende? Nein. Die Kammern wissen nur dann, ob ein Betrieb Lehrlinge sucht, wenn dieser es ihnen mitteilt und aktiv in den Lehrstellenbörsen sucht. Das machen aber längst nicht alle. „Gerade in der Gastronomie und im Hotelgewerbe haben viele Betriebe einfach resigniert“, sagt Josefine Steiger, die bei der IHK den Ausbildungsbereich leitet. Obwohl sie also Lehrlinge suchen, tauchen sie nicht in den Zahlen auf. „Nur etwa ein Viertel unserer Ausbildungsbetriebe inseriert auch in unserer Lehrstellenbörse online“, sagt Steiger. Damit ist ein weiterer Teil geklärt.
Der dritte Grund ist die Aktualität. Die HWK und IHK bemühen sich, ihre Jobbörsen aktuell zu halten. Wenn eine Stelle besetzt wird, werde die Suchmeldung gestrichen, erklärt Monika Treutler-Walle, Sprecherin der HWK. Bei der IHK ist es genauso. An die Arbeitsagentur melden die Betriebe nicht unbedingt sofort, dass sie niemanden mehr suchen. Allerdings, das betonen alle, seien die Zahlen noch nicht besonders aussagekräftig, weil die Einstellungen im vollen Gange sind. Ob im nächsten Ausbildungsjahr viele Lehrstellen unbesetzt bleiben, zeichnet sich etwa im Juli ab.
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