Ferdinand Dudenhöffer hat eine provokante Studie zum Automobil-Standort China vorgelegt. Aus Anlass der am 2. Mai zu Ende gegangenen Auto-Messe in Shanghai zieht er ein Fazit, das die Branche hierzulande aufrütteln soll: „Shanghai zeigt, wie mächtig China als neues Powerhouse der Autoindustrie ist. Alle, die China nachsagen, dass es an Bedeutung verliert und schwach wird, sollten sich Shanghai anschauen.“ Das Gegenteil sei der Fall. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt der bekannteste deutsche Automobil-Experte am Montag: „Wenn unsere Autoindustrie an alte Erfolge anknüpfen will, muss sie chinesischer werden.“ Immerhin: Dudenhöffer beobachtet bei dem aus seiner Sicht notwendigen Wandlungsprozess Fortschritte, gerade was den VW-Konzern und damit auch die Ingolstädter Tochter Audi betrifft. „Der Volkswagen-Konzern macht es richtig in China, schließlich hat der Riese dort kräftig in Forschung und Entwicklung investiert.“
Erste Quartalsbilanz 2025: Audi setzt auf chinesischen Markt
VW und damit Audi verfolgen die Strategie „In China für China“. Der Wolfsburger Konzern produziert in dem Land nicht nur Autos, sondern entwickelt dort zunehmend Fahrzeuge, die den Geschmack asiatischer Kunden treffen sollen. So hat VW im chinesischen Hefei in der Provinz Anhui das größte Forschungs- und Entwicklungszentrum des Konzerns außerhalb Deutschlands aus der Taufe gehoben. Es ist das einzige, das sich ausschließlich auf die Entwicklung intelligenter und vernetzter Fahrzeuge konzentriert. Audi stellte in Shanghai mit seinen chinesischen Partnern FAW sowie SAIC 19 Modelle vor. Unternehmens-Chef Gernot Döllner gibt sich zuversichtlich: „Wir zeigen, dass Audi in China liefert.“
In diesem Jahr könnte dank auf China zugeschnittener Modelle eine neue Ära für die Ingolstädter in dem Land beginnen. Ausdruck des neuen Zeitalters soll der Audi E5 Sportback sein, ein vollelektrisches Auto, das ohne das Logo mit den vier Ringen auskommen muss, stattdessen lassen die Strategen des Unternehmens „AUDI“, die Marke in Großbuchstaben, auf die schnittigen Fahrzeuge schreiben. „Mit unserer neuen Marke exklusiv für China bieten wir neue Antworten auf dem wachsenden chinesischen E-Automarkt“, glaubt Döllner.
Dudenhöffer bezweifelt indes, „ob es der richtige Weg für Audi ist, bei der neuen Marke in China auf die vier Ringe zu verzichten“. Auf alle Fälle hat die neue Ära für Audi in dem Riesen-Reich noch nicht spürbar begonnen, wie Zahlen für das erste Quartal dieses Jahres belegen. Denn mit 144.471 Fahrzeugen lieferte die Marke Audi in China 7,0 Prozent weniger Autos aus als im Vorjahreszeitraum. Nach wie vor setzen chinesische Elektroauto-Produzenten wie BYD dem Unternehmen zu. In Europa (ohne Deutschland) verkauften die Ingolstädter in den ersten drei Monaten dieses Jahres insgesamt 112.707 Fahrzeuge, was einem leichten Rückgang um drei Prozent entspricht. In Nordamerika fuhr der Autobauer ein Minus von 2,1 Prozent ein.
Elektrischer Lichtblick in der Audi-Bilanz
Die Quartals-Bilanz beinhaltet einen Lichtblick, schließlich konnte die Marke Audi weltweit 46.371 Elektroautos ausliefern, ein sattes Plus von 30,1 Prozent. Die E-Modelle waren besonders in Frankreich (+169 Prozent), der Schweiz (+120 Prozent) und den Niederlanden (+87 Prozent) gefragt. Die im vergangenen Jahr angestoßene Modell-Offensive scheint langsam Wirkung zu zeigen. „Doch die Autoindustrie ist ein träger Tanker, der mit Innovationen nicht so schnell Erfolge feiert“, sagt Dudenhöffer und drückt auch bei Audi auf die Euphorie-Bremse: „Das Jahr 2025 kann man abschreiben, werden die Geschäftszahlen doch wenig Freunde bereiten.“ Seines Erachtens zeichnen sich für Audi im kommenden Jahr erste Aufwärtstendenzen ab. Nach der Logik könnte das Unternehmen dann ab 2027 an alte Erfolge - und das auch in China - anknüpfen.
Es ist Geduld gefragt. Die Gegenwart ist durchwachsen: Zwar lag der Quartals-Umsatz mit 15,43 Milliarden Euro deutlich über dem Vorjahreswert von 13,73 Milliarden Euro, das Ergebnis nach Steuern fiel jedoch von 736 auf 630 Millionen Euro zurück. Zudem verkaufte der Audi-Konzern insgesamt 388.756 Fahrzeuge in den ersten drei Monaten dieses Jahres, ein Minus von 3,3 Prozent. Für Dudenhöffer ist das Unternehmen noch auf der Suche nach einer besseren Zukunft.
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