Es war Zufall und doch stieß die Tatsache auf eine gewisse Zufriedenheit: Ausgerechnet an dem Tag, an dem die voraussichtlich neue Bundesregierung ihre Koalitionsverhandlungen zu einem Ende brachte, stellte das „Pilotprojekt Grundeinkommen“ in Berlin seine Ergebnisse vor. Verhandlungen, in denen, so Vorstandsvorsitzende Klara Simon, die zunehmende soziale Ungleichheit eine zu geringe Rolle gespielt hatte.
„Mit unseren Studienergebnissen wollen wir den sozialpolitischen Diskurs neu ausrichten“, sagte Simon bei der Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin. Der Verein „Mein Grundeinkommen e.V.“ hatte die Studie im Jahr 2021 gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) initiiert. Die zentralen Erkenntnisse: Das bedingungslose Grundeinkommen wirkt sich positiv auf unterschiedliche Lebensbereiche wie mentale Gesundheit, Lebenszufriedenheit und das Arbeitsleben aus.
Studie widerlegt das Stereotyp der sozialen Hängematte
Drei Jahre lang bekamen 122 Personen ein monatliches bedingungsloses Grundeinkommen von 1200 Euro. Eine Kontrollgruppe von 1580 Personen erhielt kein solches Grundeinkommen, füllte aber ebenso regelmäßig Fragebögen aus. Darin wurden unter anderem Einkommen, Gesundheit, Wohlbefinden, Erwerbstätigkeit und Zukunftspläne abgefragt. Ausgewählt wurden Personen zwischen 21 und 40 Jahren mit einem Nettoeinkommen zwischen 1100 und 2600 Euro, die vor Beginn der Studie allein lebten.
„Unsere Studie entkräftet das Stereotyp, dass Menschen mit bedingungslosem Grundeinkommen in der sozialen Hängematte liegen“, sagte Jürgen Schupp vom DIW Berlin. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Menschen sich nicht aus dem Arbeitsmarkt zurückzogen, auch das Einkommen und die Zeit, die sie auf der Arbeit verbringen, sank nicht signifikant.
Bedingungsloses Grundeinkommen verbessert die mentale Gesundheit
Im Gegensatz dazu sparten die Studienteilnehmenden etwa ein Drittel des Geldes und konnten so ihr Vermögen aufbauen. Während der Studienlaufzeit sank der Anteil derer mit einem Vermögen von weniger als 10.000 Euro im Vergleich zur Vergleichsgruppe. Darüber hinaus teilten die Menschen mit bedingungslosem Grundeinkommen mehr Geld mit Freunden und Familie. Und sie hatten mehr Geld für Freizeitbeschäftigungen zur Verfügung.
Hierin dürfte auch ein Grund für die psychologischen Effekte des Grundeinkommens liegen, die ebenfalls untersucht wurden. Finanzielle Sicherheit und mehr Möglichkeiten für soziale Teilhabe führen laut der Studie zu höherer Lebenszufriedenheit, weniger Stress und einem erfüllteren Sozialleben. Das bedingungslose Grundeinkommen könne somit auch zu Einsparungen im Gesundheits- und Sozialsystem führen, erklärte Vorstandsvorsitzende Simon. Denn Überlastung, Dauerstress und psychische Erkrankungen gehörten zu den häufigsten Gründen für Krankmeldungen.
Die Finanzierbarkeit war in der Studie kein Thema
Deutlich wird, dass sich die Studie auf die individuellen Auswirkungen des bedingungslosen Grundeinkommens konzentriert hat. Wirtschaftliche Auswirkungen wurden nicht untersucht. Die Frage der Finanzierbarkeit wurde auf der Pressekonferenz nur am Rande berührt. Aber die Initiatoren der Studie machen deutlich: Das Grundeinkommen ist finanzierbar, nötig wären moderate Steuererhöhungen, beispielsweise ein höherer Spitzensteuersatz oder eine Vermögenssteuer für die reichsten zwei Prozent.
Die Ergebnisse dieser Studie können nun für weitere Untersuchungen genutzt werden. Und vonseiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hofft man auf den Mut, die Erkenntnisse politisch umzusetzen. Simon meint: „Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein soziales Sprungbrett.“
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