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Drogen- und Migrationspolitik: Trump setzt Zoll-Drohungen für politische Ziele ein

Kommentar

So arbeitet Trump: Erst Peitsche, dann Zuckerbrot

Stefan Stahl
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    Donald Trump nutzt Zoll-Drohungen, um politische Ziele zu erreichen. Daraus kann die EU ihre Schlüsse ziehen.
    Donald Trump nutzt Zoll-Drohungen, um politische Ziele zu erreichen. Daraus kann die EU ihre Schlüsse ziehen. Foto: Alex Brandon, AP/dpa

    Vom Investor und Milliardär Peter Thiel stammt der Rat an alle Trump-Verstörten, die Aussagen des Mannes nicht wörtlich zu beachten, ihn aber doch ernst zu nehmen. Denn der US-Präsident sei alles andere als verrückt und das, wofür er steht, verschwinde nicht einfach wieder. Wer den Tipp des Trump-Verstehers und -Unterstützers, der aus Deutschland stammt und den Online-Bezahldienst Paypal mitbegründet hat, berücksichtigt, kann eine interessante Beobachtung machen: Trump hat im Gegensatz zur ersten Amtszeit seine Strategie verfeinert, Ländern mit hohen Zöllen auf Importe in die USA zu drohen und diese auch zu verhängen.

    So ging der hyperaktive Amerikaner fast überfallartig auf Mexiko und Kanada als die beiden wichtigsten Handelspartner des Landes vor China mit der Zollpeitsche los. Wer die zahllosen Beiträge des US-Präsidenten auf sozialen Netzwerken studiert, erlebt den 78-Jährigen dort wie einen polternden Macho-Großvater aus längst vergangen geglaubten patriarchalischen Zeiten. Er behandelt Chefinnen und Chefs anderer Staaten wie Kinder. Verhalten sie sich anders, als er es will, ist Opa Trump böse und droht ihnen brachiale Erziehungsmethoden an. Soweit ist Trump der alte geblieben.

    Trump will Wahl-Versprechen rasch umsetzen

    Doch er geht anders als in seiner ersten Amtszeit zielorientierter vor. So drischt der Amerikaner derb mit Zoll-Drohungen auf deutlich schwächere Länder wie Mexiko und Kanada ein. Dabei ist aber bislang der Eindruck entstanden, für Trump sei die Ausrufung von Zöllen nur Mittel zum Zweck, um die betroffenen Staaten zu politischen Zugeständnissen zu zwingen. Damit will der Zampano seinen Wählerinnen und Wählern signalisieren: Schaut her, was ich für ein toller Hecht und Deal-Maker bin. Ich setze Versprechen im Gegensatz zu anderen Politikern um – und das auch noch zügig. Ich bin kein Weichei.

    Im Fall von Mexiko und auch Kanada wirkt es für Trump elementar, dass die Verantwortlichen der beiden Staaten seinen Forderungen nachkommen. Für ihn ist es ein zentrales Anliegen, dass die Einfuhr illegaler Drogen – und damit vor allem von Fentanyl – durch den massiven Einsatz von Polizei und Militär an den Grenzen zur USA deutlich eingedämmt wird. Der Missbrauch des zur Linderung chronischer Schmerzen gedachten Mittels hat zu zehntausenden Toten in Amerika geführt. Und der Zoll-Peitschen-Mann Trump will durch maximalen Druck die Nachbarländer zwingen, die Grenzkontrollen zu erhöhen und damit die illegale Einwanderung zu verhindern. Da er in beiden Angelegenheiten aus seiner Sicht erfreuliche Zusagen der Verantwortlichen in Kanada und Mexiko bekommen hat, verteilt der US-Präsident wie ein gütiger Großvater einstweilen Zuckerbrot. Er spitzt in seiner so charakteristischen Weise den Mund und lobt sanftmütig-säuselnd die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum für „ein sehr freundliches Gespräch“ und den guten „Deal“. Aus seiner Schwarz-Weiß-Sicht hat sich die Frau gelehrig verhalten. Deshalb hat Trump wie auch im Fall Kanadas Zölle gegen Mexiko von bis zu 25 Prozent erst einmal ausgesetzt.

    Trump bleibt unberechenbar

    Wer Trump ernst nimmt, wie es der Investor Thiel nahelegt, kann zumindest glimpflicher gegenüber dem knallhart agierenden Mann davonkommen. Noch ist aber unklar, ob Trump am Ende als Belohnung auf Zölle gegen Mexiko und Kanada verzichtet. Der US-Präsident ist unberechenbar. Er blufft gerne wie ein Pokerspieler. Am wohlsten scheint sich der US-Präsident mit sich selbst zu fühlen, wenn alle Angst vor ihm haben. Er ist damit offen, ob Trump am Ende nicht doch Zölle gegen Kanada und Mexiko verhängt und wie hoch sie dann ausfallen.

    Bei einem von ihm als ebenbürtig eingeschätzten Staat wie China tastet sich Trump für seine Verhältnisse schüchtern mit der Ankündigung, zusätzlich zehnprozentige Zölle zu erheben, vor, um sich die erwartbare Gegenreaktion aus Peking abzuholen. Er hebt hier die Peitsche nur vorsichtig hoch. Zwischen den beiden Schwergewichten hat das Ringen erst begonnen.

    Europäer müssen nicht über jedes Trump-Stöckchen springen

    Und wie soll die Führung der Europäischen Union und insbesondere die künftige deutsche Regierung mit dem fokussierter als in seiner ersten Amtszeit auftretenden US-Präsidenten umgehen? Die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin werden sich schwerer als ihre Kollegen aus Mexiko und Kanada tun, den großen Groller aus Washington zumindest vorübergehend zu besänftigen. Es gibt keine großen Drogen- und Migrations-Themen zwischen Washington und Brüssel. Wenn die Europäer Trump ernst nehmen und auf Thiel hören, müssen sie zwar nicht, wie der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt, „über jedes Stöckchen springen, das er ihnen hinhält“. Sie sollten sich aber die großen Stöcke genauer anschauen.

    Daher kommt die EU nicht umhin, dass einzelne Staaten deutlich mehr Geld für die Verteidigung ausgeben. Trump fordert hier ein, die Aufwendungen sollten fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Das ist eine seiner typischen rotzfrechen Maximal-Forderungen. Wenn es am Ende etwa 3,5 Prozent und nicht wie jetzt in Deutschland rund zwei Prozent sind, freut sich der fordernde Chef-Großvater Amerikas. Ihn beglückt es, wie gefügig die Europäer und insbesondere die widerborstigen Deutschen plötzlich dank seiner pädagogischen Fähigkeiten sind. Auf der Basis ließe sich mit ihm wohl ein Deal zimmern.

    Trump wirkt wie ein nach Anerkennung gierendes Kind

    Dennoch drohen der EU weiter Zölle Amerikas. Trump nimmt es persönlich, dass der Wert der von Europa in die USA eingeführten Waren deutlich höher als umgekehrt ausfällt. Konzerne, gerade aus dem Autobereich, sollten im Zuge eines solchen Deals zusagen, ihre Produktion in Mexiko zurückzufahren und ihre Werke in den USA massiv auszubauen. VW, BMW und Mercedes müssen notgedrungen über den Stock springen. Ob und wie viel Zuckerbrot oder Zoll-Nachlass es dann für EU-Länder gibt, wirkt ungewiss. Sicher ist indes: Trump wird mit seiner Politik die weltweite De-Globalisierung beschleunigen. Zugleich nimmt die Deindustrialisierung in Staaten wie Deutschland an Fahrt auf. Denn immer mehr heimische Unternehmen werden ihre Standorte in Amerika erweitern und neue eröffnen. Dabei haben deutsche Unternehmen zuletzt so viel wie nie in den vergangenen gut 20 Jahren in die USA exportiert. Genau das macht Trump wütend, als ob er selbst von den Europäern über den Tisch gezogen würde. Er ist wie ein Kind, das nach Anerkennung giert.  


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