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Foto: Moritz Frankenberg, dpa
Foto: Moritz Frankenberg, dpa

Die Mobilität ist elektrisch. Ein gut und dicht ausgebautes Ladenetz ist dafür grundlegend.

E-Mobilität
11.01.2023

Wie weit ist Deutschland beim Ausbau des E-Ladenetzes?

Von Stefan Küpper

Wenn es bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte für E-Autos in Deutschland geben soll, bleibt einiges zu tun. Eine Bestandsaufnahme.

Die deutschen Hersteller haben diese Woche Jahreszahlen in Sachen E-Mobilität vorgelegt. VW verkaufte 330.000 vollelektrische Fahrzeuge, ein Viertel mehr als im Vorjahr. Mercedes verdoppelte seine Verkäufe auf rund 118.000. Gleiches gilt für BMW, und zwar auf 216.000. Auch Audi bekam beim Absatz vollelektrischer Autos einen Schub. Er stieg um fast die Hälfte auf 118.000. Ein Plus von 44 Prozent. Hätte es nicht die Lieferengpässe gegeben, würden wohl noch mehr Stromer auf den Straßen leis und geschwind vorbeisurren. Auch in Deutschland. Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) lag 2022 der Anteil von E-Autos in der deutschen Produktion bei 25 Prozent.

Die Frage ist daher einmal mehr: Kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur der Absatzsteigerung hinterher? Oder bremst der Mangel an einfachen Ladesäulen und Superchargern die Verkehrswende aus? Ein paar Zahlen: Insgesamt sind der Bundesnetzagentur bis zum 1. November 60.229 Normalladepunkte und 11.862 Schnellladepunkte gemeldet worden. Ein Jahr zuvor waren es 46.744 beziehungsweise 8315. Bedeutet bei den Normalladepunkten eine Steigerung von 29 Prozent und bei den Schnelladepunkten um 43 Prozent. Hört sich passabel an, ist aber vom Ziel noch sehr weit entfernt. Laut "Masterplan Ladeinfrastruktur II" der Ampelregierung sollen bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte zur Verfügung stehen. Zudem sollen in Deutschlands mindestens 15 Millionen vollelektrische Autos unterwegs sein. Die Bundesrepublik, so die weitere Vorgabe, soll zum "globalen Leitmarkt für E-Mobilität werden." Zwar erfasst die Bundesnetzagentur längst nicht alle Lademöglichkeiten, weil ihr – gemäß der Ladesäulenverordnung – nicht alles gemeldet werden muss. Klar ist aber: Es könnte deutlich mehr und schneller gehen.

Der Verband der Automobilindustrie macht Druck

Das meint zum Beispiel der Verband der Automobilindustrie (VDA). Präsidentin Hildegard Müller mahnte am Mittwoch bei der VDA-Jahresauftaktpressekonferenz einmal mehr an, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur zu gering sei: "Ziele und Realität klaffen weit auseinander". Den Hochlauf der Ladeinfrastruktur sieht Müller "besonders erfolgskritisch" – sowohl für Autos als auch für Lastwagen. Müller: "Vertrauen kommt am Ende dadurch, dass die Menschen das Gefühl haben, dass sie entsprechend ihrer Bedarfe auch laden können." In der Stadt und auf dem Land. Der Ausbau des Stromnetztes mache ihr dabei die meisten Sorgen. Auch die Zahl von 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen bis 2030 hält sie für "ambitioniert". 

Der ADAC bewerte den Ausbaustand so: "Während in den Ballungsräumen und an den großen Magistralen das Angebot von Ladeinfrastruktur oftmals schon sehr gut ist, gibt es in der Peripherie leider noch immer viele weiße Flecken, die nun zügig geschlossen werden müssen. " Das meint auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und warnt vor einer "Spaltung" in urbane Ballungszentren mit Schnelllade-Hubs und ländlichen Regionen ohne Ladesäulen. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagt: "Gerade der Ausbau der Ladeinfrastruktur in dünn besiedelten Gebieten ist Voraussetzung für den Durchbruch der Elektromobilität und von zentraler Bedeutung für die Verkehrswende." Den weiteren VKU-Angaben zufolge sind mehr als die Hälfte aller Ladesäulen in Deutschland in kommunaler Hand. 

Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität, schätzt die Ausbau-Geschwindigkeit als "gut" ein: "Was es braucht, ist mehr Komfort an den Ladesäulen, einfachere Prozesse für die Kunden und insgesamt mehr E-Fahrzeuge, die von der Ladeinfrastruktur profitieren." 

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Mercedes oder Audi und andere setzen auf eigene Ladenetze

Die Hersteller begrüßen den Masterplan der Bundesregierung, mahnen eine "zügige" Umsetzung an und installieren ihrerseits die Infrastruktur für ihre Kunden. Nicht nur und ohnehin der Vorreiter Tesla. Mercedes-Benz etwa kündigte Anfang der Woche den Aufbau eines globalen High‑Power‑Charging‑Netzwerks in Nordamerika, Europa, China und anderen Kernmärkten an. Bis Ende des Jahrzehnts soll alles fertig sein, denn dann will Mercedes‑Benz den weiteren Unternehmensangaben zufolge "überall dort, wo es die Marktbedingungen zulassen, vollelektrisch sein". Die Schnellladehubs sollen in wichtigen Städten und Ballungszentren in der Nähe von Hauptverkehrsadern und verkehrsgünstigen Einzelhandels- und Dienstleistungsstandorten stehen. Und natürlich in den Mercedes-Benz-Autohäusern. Kundinnen und Kunden können vom Auto aus ihre Ladesäule reservieren. Das Netzwerk sei aber offen für alle Marken. Mercedes unterstützt zudem auch Ionity, ein Netz von Ladestationen für Elektroautos entlang europäischer Autobahnen, an dessen Gründung sich auch BMW, Ford, VW – mit Porsche und Audi – beteiligt hatten. 

Die Betriebe müssen ihre Parkplätze aufrüsten

Wie hält es Audi? Auch der Ingolstädter Autobauer bietet seinen Kundinnen und Kunden beim öffentlichen Laden den Dienst "Audi charging" an. Der umfasst 400.000 öffentliche Ladepunkte in über 27 Ländern. Geplant sind ferner eigene "Charging hubs" für ganz Europa. In Nürnberg und Zürich gibt es sie schon. Berlin, Salzburg und München sind die Standorte im Werden. Für die Mitarbeitenden von Audi – auch das ein bedeutender Aspekt beim Ausbau –werden an den verschiedenen deutschen Standorten bis Mitte des Jahres über 3000 Ladepunkte in Betrieb sein.

Der ADAC mahnt beim Eintritt in den E-Massenmarkt an, dass "jetzt auf allen Ebenen stärker" auf die Bedürfnisse der Verbraucher eingegangen werden solle. Ein ADAC-Sprecher sagt: "Für die Kommunen bedeutet dies, bei der Konzessionierung von Flächen stärker den Wettbewerb unter den Ladesäulenbetreibern zu fördern, um auch einen Wettbewerb bei den Ladepreisen zu ermöglichen. Dieser ist dann gegeben, wenn Betreiber von Ladesäulen transparenter bei den Preisen sind und diese einfach und übersichtlich vor jedem Ladevorgang ausweisen." Insbesondere das Spontanladen würde oftmals nicht deutlich genug gekennzeichnet, sei aber für Kunden ohne Ladekartenvertrag wichtig. 

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