Deutschland will keinen Blankoscheck für europäische Banken
Die Europäische Union will sich besser gegen Bankenpleiten schützen. Doch insbesondere in Berlin regt sich Widerstand gegen die vorliegenden Reformpläne.
Erst sorgte der spektakuläre Zusammenbruch der Silicon Valley Bank für Aufsehen, dann rührte die staatlich vermittelte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS die Finanzwelt auf. In der Bankenszene herrscht Unruhe – und der Druck auf die Europäische Union steigt, bei ihren Plänen für ein gemeinsames Schutzsystem bei Bankenpleiten voranzukommen. Das Projekt zur Einlagensicherung und Bankenabwicklung als Lehre aus der globalen Finanz- und Staatsschuldenkrise ab 2008 gilt als Herzstück der sogenannten EU-Bankenunion. Doch die Einführung liegt seit Jahren auf Eis, obwohl sich alle Mitgliedsländer einig darüber sind, dass das Instrument weiterentwickelt werden soll. Nur wie?
Am Dienstag trafen sich die 27 EU-Finanzminister in Brüssel, um über den Reformvorschlag der EU-Kommission zu beraten. Mit dem Paket will die Behörde diesen letzten Pfeiler der Bankenunion fertigstellen. Es war im seit Jahren andauernden Streit als Kompromissangebot gedacht. Doch vorneweg Deutschland geht selbst dieser auf einem Minimalkonsens beruhende Entwurf zu weit. Der Vorschlag sei "noch nicht zustimmungsfähig", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schon bei seiner Ankunft in Brüssel.
Einlagensicherung soll über Ländergrenzen verzahnt werden
Die unterschiedlichen nationalen Einlagensicherungssysteme in der Staatengemeinschaft sollen stärker harmonisiert und verzahnt werden. "Wenn eine Bank scheitert, sollten die Steuerzahler nicht für die Kosten aufkommen, sobald die Bank ihre eigene Fähigkeit, Verluste aufzufangen, ausgeschöpft hat", hatte die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Mairead McGuinness, bei der Präsentation im April betont. Der Entwurf sieht vor, dass neben den großen auch kleine und mittelgroße Banken integriert werden. Das Ziel: ein besserer Verbraucherschutz. Doch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber kritisierte, die Behörde schieße "mit Kanonen auf Spatzen".
Sparkassen und Volksbanken befürchten Nachteile
In der Bundesrepublik befürchten Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie private Finanzinstitute Nachteile für ihre eigenen Sicherungssysteme. Gefährdet die EU-Kommission das Drei-Säulen-Modell der Deutschen? Seit Wochen regt sich heftiger Widerstand. Lindner pocht darauf, den Rahmen der deutschen Institutssicherung beizubehalten. Damit garantieren Sparkassen sowie genossenschaftliche Banken die Einlagen ihrer Kunden in voller Höhe. Sie stehen in der Verpflichtung, jedes in Turbulenzen geratene Mitgliedsinstitut im jeweiligen Verbund aufzufangen. "Für uns war immer klar, dass funktionierende Instrumente erhalten und ihre Funktionsfähigkeit geschützt werden müssen", sagte Lindner. Das sei im jetzigen Vorschlag der Kommission "so nicht mehr gegeben", weshalb eine Weiterentwicklung und Verbesserung "nötig" sei.
Diskussionen gibt es zudem um die Frage, ob und in welchem Maße bestehende Bankenrisiken in der EU vergemeinschaftet werden sollen. Während südeuropäische Staaten wie Spanien für ein solches Vorgehen werben, lehnt die Bundesregierung derzeit eine gemeinsame Einlagensicherung ab und begründet das mit der starken Abhängigkeit einzelner Banken in Europa von den jeweiligen Regierungen.
Lindner forderte die Einbeziehung von Anteilseignern und Gläubigern im Falle der Schieflage einer Bank. "Individuelle Haftung trägt zur Stabilität bei", so der FDP-Politiker. Dass davon nun abgewichen werden soll, sei "sowohl ordnungspolitisch und ökonomisch als auch ethisch aus unserer Sicht fragwürdig". Unterstützung erhält er aus Österreich. Dessen Finanzminister Magnus Brunner zeigte sich "zurückhaltend". Die österreichischen Banken hätten ihre Hausaufgaben gemacht. Man habe ein gut funktionierendes System. "Das möchten wir so beibehalten."
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