Es war im Hausflur – Caroline Kroll war da gerade zwölf Jahre alt –, da zeigte ihr Vater Andreas, wie man einen Kajal zieht und Mascara benutzt. Mit den Produkten, die sie damals in der Drogerie kaufte, war ihr Vater nie zufrieden. Heute führt sie zusammen mit ihm die Hautpflegemarke „Nø Cosmetics“. Das ist die Geschichte eines Familienunternehmens, das im eigenen Keller startete und heute einen Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro erwirtschaftet, und seiner Chefin Caroline Kroll, die es zunächst nicht leicht hatte, als junge Frau ernst genommen zu werden. Inzwischen zählt sie laut Forbes zur Liste der besten 30 Unternehmerinnen unter 30.
Ein Rückblick: Caroline R. Krolls Vater war bereits in der Kosmetikbranche tätig – erst im Marketing, später als selbstständiger Berater. Nach der Schule machte Caroline eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in Berlin. Eines Tages benötigte Vater Andreas Testpersonen für verschiedene Produkte. Carolines Mutter vertrat die ältere, sie die jüngere Zielgruppe. Über Monate probierten sie aus. „Als am Ende die Produkte im Drogeriemarkt standen, dachte ich mir: ‚Wenn ich mir was aussuchen dürfte, was ich gerne beruflich mache, wäre es das‘“, sagt die 29-Jährige. Es reifte die Idee, ein Unternehmen zu gründen. Vor sieben Jahren kam „Nø Cosmetics“ auf den Markt. Die Produkte richten sich an alle Personen.
„Nø Cosmetics“: In der Werbung nein sagen? Das gab es eigentlich nicht
Mit dem Namen probierte die Familie etwas Neues und brach mit alten Regeln. „Leute wollen nur Positives hören, deshalb sollte man im Marketing nie sagen, was man nicht macht, sondern immer nur, was man macht und kann“, erzählt Caroline Kroll. Das „Nø“ im Namen stehe für: kein Geschlecht, kein sozialer Druck. Zudem sagt die Marke nein zu Silikonen und PEG, häufige Inhaltsstoffe, die die Haut für Wirkstoffe durchlässiger machen, aber gesundheitliche Risiken bergen. Außerdem kann man das durchgestrichene O als Ö sprechen. „Im Rheinland sagt man oft salopp einfach ‚nö‘. Damit wollten wir spielen.“
Die Familie kommt aus Dormagen (NRW). Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Kroll vor allem mit Cheerleading-Sport und ihren Freundinnen und Freunden. Oft fuhren sie dafür in größere Städte, denn „in Dormagen war so viel nicht los für einen Teenie“. Mittlerweile wohnt Kroll in Berlin, größer könnte der Kontrast zur alten Heimat kaum sein. „Ich liebe Berlin, aber es geht immer darum, was es Neues gibt, wen man treffen kann. Da sehne ich mich in die Heimat, wo man zusammensitzt und über Geschichten redet, die zwar sehr lange her, aber immer noch lustig sind. Das macht teilweise noch mehr Spaß.“
Junge Frau als Chefin: Jede einzelne Frage ging an Caroline Krolls Vater
Spaß macht Caroline R. Kroll auch ihr Job. Als Geschäftsführerin ist sie das Gesicht der Marke und nebenbei auch die Chefin ihrer Mutter, die den Online-Shop leitet, und ihrer Schwester, Creative Director von „Nø Cosmetics“. Gibt es da auch Streit? „Die Zusammenarbeit hat die Familie näher zusammengebracht“, sagt Kroll. Nur einmal hat sich ihre Schwester verschätzt und lieber einen Tag im Homeoffice eingelegt, da sagte Caroline: „Das passiert genau einmal. Seitdem haben wir auch einen Code: Frage als Chefin oder Frage als Schwester“, sagt sie und lacht.

Diese Disziplin half ihr mehrfach. Als „Nø Cosmetics“ vor sieben Jahren auf den Skincare-Markt kam, war dieser bereits gesättigt. Es lief zu Beginn okay, aber so gut nicht, sagt Kroll. Aus den schwierigen Phasen hat sie gelernt, dranzubleiben und für sich einzustehen. Das musste sie auch immer wieder als junge Frau. „Es war definitiv nicht leicht“, erzählt sie. „Man würde denken: Wenn eine Branche weiblich ist, dann die Kosmetikbranche. Das ändert aber nichts daran, dass es in den leitenden Positionen viele Männer gibt. Auch die Frauen in den leitenden Positionen haben ein älteres Denken.“ Ihr Vater habe ihr immer wieder den Ball zugespielt. „Dafür bin ich ihm dankbar, denn wir saßen oft an Tischen, an denen jede einzelne Frage an ihn ging.“
Studium trotz eigener Firma: „Wollte nicht meine komplette Zukunft aufs Spiel setzen“
Disziplin war auch nötig, als Kroll zeitgleich mit der Gründung ein Marketing-Management-Studium begann. Als im dritten Semester die Produkte bereits in Drogeriemärkten standen – heute in mehr als 6600 Läden –, hätten sie Professoren gefragt, warum sie nicht abbreche. „Aber ich wusste ja nicht, ob es was wird. Ich wollte nicht meine komplette Zukunft aufs Spiel setzen.“ Also schloss Kroll das Studium ab.

Das Konzept von „Nø Cosmetics“ beruht auf Nahbarkeit: Über Social Media dürfen Kundinnen und Kunden bei Produkten oder Verpackungen mitentscheiden. In zwei Läden in Berlin und Köln werden Beratungen und Testmöglichkeiten angeboten. Wenn es nach Caroline Kroll geht, dann gibt es bald noch mehr solche Stores. Und sie würde gerne international expandieren.
Caroline Kroll: Darauf sollte man beim Kauf von Kosmetikprodukten achten
Kundinnen und Kunden rät Kroll, zunächst den eigenen Hauttyp zu bestimmen. Dazu sollte man morgens das Gesicht mit Wasser waschen und 45 Minuten warten. Wenn die Haut spannt, hat man eher trockene Haut. Wird sie ölig, neigt man zu fettiger Haut. „Nicht jedes Produkt funktioniert bei jedem Hauttyp.“ Kroll empfiehlt eine Reinigung, eine Creme am Abend, die die Feuchtigkeit einschließt, und tagsüber einen Sonnenschutz. „80 Prozent der Hautalterung kommen von der Sonne und UV-Strahlung gibt es auch in Innenräumen.“
„80 Prozent der Hautalterung kommen von der Sonne.“
Caroline Kroll, Geschäftsführerin von „Nø Cosmetics“
Und wie sieht Caroline R. Krolls Beautyroutine aus? „Ich nehme jeden Tag den Liquid Hydrator, abwechselnde Seren und verwende tagsüber Sonnenschutz. Ich habe viele Sommersprossen.“ Abends nimmt sie sich dafür viel Zeit. Ihre Beautyroutine findet inzwischen aber nicht mehr im Hausflur statt, wie damals, als sie zwölf war, sondern im Badezimmer.
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