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Gamescom 2024: 10 Milliarden Euro Umsatz mit 12.400 Beschäftigten in Deutschland

Gamescom 2024

Zwischen Star Wars, Trollen und Traktoren: Ein Besuch auf der Gamescom 2024

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    Das Team von Gentle Troll Entertainment aus Würzburg. Ganz rechts: Kommunikationschef Tommaso Crogliano und Narratorin Selina Heister.
    Das Team von Gentle Troll Entertainment aus Würzburg. Ganz rechts: Kommunikationschef Tommaso Crogliano und Narratorin Selina Heister. Foto: Benedikt Dahlmann

    In der Schlange vor der Kölnmesse stehen Elfen, Handwerker, Star Wars-Ritter, Trolle und Roboter. Es ist wieder Gamescom. Die größte Computerspiele-Messe der Welt hat für fünf Tage ihre Pforten geöffnet, damit Menschen von Marokko bis Mexiko die gemeinsame Faszination fürs Gaming teilen können. Hier erlebt eine Kultur ihren Höhepunkt, die für Zuflucht, Spaß und Gleichberechtigung steht, genauso wie für Abhängigkeit und toxische Kommunikation. Mittendrin hat ein kleines bayerisches Studio seinen Stand aufgebaut und hofft auf den ganz großen Wurf.

    „Die Abstimmung ist offen“, ruft Tommaso Crogliano und tippt eifrig auf seinem Handy herum. Crogliano ist Kommunikationschef von Gentle Troll Entertainment. Dass das Unternehmen mit seinem Spiel „Tavern Talk“ in der Kategorie „Most Wholesome“, also wohltuendstes Spiel, unter den Hunderten von Ausstellern überhaupt nominiert ist, ist ein großer Erfolg für die kleine Independent-Firma aus Würzburg. In 14 Kategorien sind im Regelfall gerade einmal fünf Aussteller nominiert – die großen häufig mehrfach.

    Computerspiele werden häufig mit „Ballerspielen“ in Verbindung gebracht

    In „Tavern Talk“ spielt der Spieler einen Tavernen-Wirt, der Zaubertränke braut, um gastierende Abenteurer auf ihre Reise zu schicken. Je nachdem, welcher Trank gebraut wird, können die Aufgaben besser oder schlechter gelöst werden. „Das Spiel ist eine Geschichte, ein bisschen wie ein interaktives Buch“, sagt Selina Heister. Sie hat sie sich die Story ausgedacht und die Dialoge geschrieben. Die zu lesen, macht einen großen Teil des Spiels aus.

    Der Stand zum Spiel Landwirtschafts-Simulator 25 ist einer der größten auf der Gamescom.
    Der Stand zum Spiel Landwirtschafts-Simulator 25 ist einer der größten auf der Gamescom. Foto: Benedikt Dahlmann

    Während Computerspiele in der Öffentlichkeit häufig noch mit „Ballerspielen“ in Verbindung gebracht wird, zeigt sich auf der Gamescom die Vielfalt der Branche. Am Stand der Firma Giants steht der „Traktor des Jahres 2024“ neben der Bühne. Eine Riesen-Maschine. Das Spiel „Landwirtschafts-Simulator 25“ hat einen der größten Messestände bekommen. Auf den Stand von Gentle Troll hätte gerade mal ein Rad des Traktors gepasst. Die Branche ist hart umkämpft. Zahlen des Verbandes Game zeigen ein verlangsamtes Wachstum. 2021 schnellte die Zahl der Games-Firmen in Deutschland um 20 Prozent auf 749 in die Höhe, 2023 lag das Plus noch bei 15 Prozent (auf 908). Mitte 2024 waren es 948 Firmen und damit nur vier Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

    Professor Michael Hebel: „Gaming ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit.“

    Für die Spielerinnen und Spieler zählt vor allem der soziale Aspekt. „Gaming ist häufig Ausdruck der eigenen Persönlichkeit“, sagt Michael Hebel, Professor für Game-Production and Management an der Hochschule Neu-Ulm, „was früher Punk war, sind heute Animes.“ Oder eben Landwirtschaftssimulatoren. In der Welt des Gamings finde jeder das, was den eigenen Bedürfnissen entspricht. Das ist auch die Hauptmotivation von Luca Ram. „Im Spiel kann ich alles sein, was ich will: eine Ameise, ein Pilot. Obwohl ich im Rollstuhl sitze, kann ich im Spiel sogar laufen. Das ist ein Abtauchen in eine andere Welt, in der ich alle Sorgen vergesse.“

    Zugleich sieht Ram aber auch die negativen Seiten: „Zum einen ist es der zum Teil aggressive Ton. Den findet man aber überall im Netz, wo sich Menschen anonym hinter ihrem Rechner verstecken. Zum anderen sind es die In-Game-Käufe“, sagt er. In-Game-Käufe machen für die Branche einen großen Teil der Finanzierung aus. „Das ist erst mal in Ordnung. Aber der Glücksspiel-Faktor, der darin manchmal enthalten ist, ist wirklich schlimm. Das sollte reguliert oder sogar verboten werden.“

    Aufwendige Verkleidungen gehören zur Gamescom immer dazu.
    Aufwendige Verkleidungen gehören zur Gamescom immer dazu. Foto: Benedikt Dahlmann

    Laut dem Gaming-Verband Game gaben die Deutschen 2023 knapp 10 Milliarden Euro für Konsolen, Spiele und Online-Abos aus. Mit 4,7 Milliarden Euro entfällt ein Großteil des Umsatzes auf die sogenannten In-Game-Käufe. Mittlerweile sind viele Computer- und Handyspiele kostenlos. Das Geld wird verdient, indem die Spieler ihrem Charakter ein neues Aussehen verpassen. Solche „Skins“ kosten nur ein, zwei Euro. Manche Spiele, wie den Fußball-Simulations-Klassiker Fifa sowie seinen Nachfolger FC kann man Online allerdings besser spielen, wenn man Geld für „Packs“ ausgibt. In diesen virtuellen Überraschungspäckchen warten bessere oder schlechtere Spieler. Eine Art Glücksspiel, in dem einzelne Spieler bereits Zehntausende Euros verloren haben.

    Gentle Troll Entertainment setzt auf Lernspiele mit Story-Charakter

    Mit solchen Mechanismen arbeitet das Würzburger Unternehmen Gentle Troll nicht. Neben den erzählerischen Spielen ist das zweite Standbein der Firma Lernspiele. So hat Gentle Troll das Spiel Klim:S 21 entwickelt, in dem die Spieler in einer fiktiven Stadt verschiedene Maßnahmen gegen die Erderwärmung ergreifen. zum Beispiel einen Damm bauen. Im Spiel sehen die Spieler die ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen ihres Handelns.

    Beim Branchenverband Game sieht man die wirtschaftliche Entwicklung mit Sorgen. Der Verband moniert, dass die Rahmenbedingungen in anderen Staaten wie Frankreich und Kanada besser seien. Dass das Bundeswirtschaftsministerium im Mai 2023 einen Annahmestopp für Förderanträge verhängte und wohl erst Anfang 2025 neue Anträge eingereicht werden können, bewertet Game als dicken Nachteil. 50 Millionen Euro an Bundesmitteln stehen für 2024 bereit. Diese Förderung fließt aber komplett in Projekte, die vor Mai 2023 eingereicht wurden und schrittweise über mehrere Jahre Geld bekommen.

    Über seine wirtschaftliche Perspektive muss sich Gentle Troll erst einmal weniger machen. Bei den Gamescom-Awards räumt das kleine Studio aus Würzburg tatsächlich den Preis in der Kategorie „Most Wholesome“ ab. Zwar gibt es dafür nur 440 Euro Preisgeld, für die Bekanntheit der Firma ist es jedoch ein großer Sprung: „Ein solches Zugpferd gibt uns Hoffnung für die Zukunft“, sagt Crogliano.

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