Allergien verursachen wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe
Fast jeder dritte Mensch in Europa leidet an einer Allergie – mit gravierenden Folgen. Eine Studie schätzt den wirtschaftlichen Schaden auf 100 Milliarden Euro.
Die Tage werden länger, die Temperatur steigt, und die ersten Pflanzen blühen. Der Frühling ist für viele Menschen gleichbedeutend mit besserer Laune und der Aussicht auf zahlreiche Sonnenstunden. Doch für 30 Prozent der Europäerinnen und Europäer sind die Frühlingsgefühle getrübt: Denn mit dem besseren Wetter startet die Pollensaison, und fast jeder Dritte leidet an einer Allergie, die meisten an einer Pollenallergie.
Bisher beschränkten sich die Beschwerden größtenteils auf den Frühling und den Sommer, doch das ändert sich. Pollen treten wegen des Klimawandels früher auf und fliegen länger. Mit gravierenden Folgen für die Betroffenen und die Wirtschaft, wie die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) mitteilt.
Die Zahlen belegen die Tragweite der Problematik. Knapp 30.000 Jugendliche brechen in Deutschland wegen einer Allergie ihre Ausbildung ab. Etwa jedes sechste Kind leidet an einer Allergie – einer der häufigsten chronischen Erkrankungen bei Kindern. Aber auch für Erwachsene sind sie ein ernsthaftes Problem: Jede zehnte Krankschreibung in Deutschland ist auf eine Allergie zurückzuführen.
Der wirtschaftliche Schaden der Allergien könnte vermieden werden
Das alles sind Auswirkungen der Allergiesaison, die auch die Wirtschaft treffen. Die ECARF beziffert den gesamtwirtschaftlichen Schaden von Allergien in der EU auf etwa 100 Milliarden Euro. Darunter fallen zum Beispiel auch Lebensmittel- oder Tierhaarallergien, den größten Teil aber machen die Pollenallergien aus. Ausschlaggebend für die Summe sind zum einen Fehlzeiten. Zum anderen sind Menschen mit nicht oder falsch behandelten Allergien auch weniger produktiv. Die Stiftung geht davon aus, dass pro unbehandeltem Allergiker Kosten in Höhe von 2400 Euro entstehen. Die Krux dabei: „Allergien sind inzwischen gut behandelbar“, sagt Torsten Zuberbier. Er ist Direktor des Instituts für Allergieforschung an der Charité und Vorsitzender der ECARF. „In den meisten Fällen kann mit modernen Medikamenten Beschwerdefreiheit erreicht werden.“
Eva Oppel, Leiterin der Abteilung für Allergologie am LMU-Klinikum München, kritisiert: „Allergien werden oft nicht ernst genommen.“ Das bestätigen die Zahlen des ECARF: Nur zehn Prozent der Menschen mit Allergien werden richtig behandelt, obwohl es zuverlässige und effektive Behandlungsmöglichkeiten gebe.
Klimawandel: Die Situation für Allergiker könnte sich verschlimmern
Dazu kommt etwas anderes: In Zukunft könnte sich die Situation verschlimmern. „Alle allergenen Pollen haben ihre Saison, das heißt, es gibt einen bestimmten Beginn und Ende des Fluges dieser Pollenart“, erklärt Karl-Christian Bergmann, Vorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) und Klinischer Direktor der ECARF. Wegen der fortschreitenden Klimaerwärmung fliegen die Pollen der Gräser und Kräuter länger in den Herbst hinein, während Bäume früher im Jahr zu blühen beginnen. Schreitet diese Entwicklung so voran wie in den vergangenen zehn Jahren, könnte das fatale Folgen für Allergiker haben, so Bergmann: „Diese von uns genannte ‚Spreizung des Pollenflugs‘ würde bedeuten, dass ein Allergiker, der auf die Pollen von Bäumen, Gräsern und Kräutern reagiert, fast durchgehend Beschwerden wie Heuschnupfen oder Pollenasthma hat.“
Ein weiterer Faktor für die Häufung und Schwere von Allergien ist die zunehmende Luftverschmutzung. Insbesondere Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide verstärken die Reizwirkung von Pollen auf die Schleimhäute und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Allergie entwickelt, sagt Oppel.
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