Tampons und Binden gibt es in Schottland jetzt kostenlos
Frauen und Mädchen erhalten in Schottland seit dieser Woche per Gesetz Periodenprodukte kostenlos. Wie es zu der Regelung kam und warum sie revolutionär ist.
„Es gibt eine sehr einfache Art, Periodenarmut zu beschreiben“, sagt die Aktivisten der Hilfsorganisation Hey Girls Georgie Nicolson auf Nachfrage eines Journalisten: „Sie gehen in den Supermarkt und müssen sich entscheiden, ob Sie eine Tüte Nudeln oder eine Schachtel Tampons kaufen möchten.“ Dass Schottland Hygieneartikel für Frauen umsonst zugänglich macht, bezeichnet sie als historischen Schritt. „Er macht einen riesigen Unterschied für das Wohlergehen so vieler Menschen.“
Schottland im Norden Großbritanniens bietet Menstruationsprodukte wie Tampons und Binden für alle an, die sie benötigen, kostenfrei und öffentlich. Städtische Einrichtungen, Schulen und Universitäten müssen die Hygieneartikel für Frauen zur Verfügung stellen – so regelt es das neue Gesetz, das diese Woche in Kraft trat. „Wir sind stolz, die erste nationale Regierung der Welt zu sein, die diesen Schritt geht“, sagte Shona Robison, Ministerin für soziale Gerechtigkeit in Schottland.
In öffentlichen Ämtern liegen Tampons und Binden bereit
Wie dies umgesetzt wird, sieht man aktuell in öffentlichen Ämtern in Edinburgh, der zweitgrößten Stadt Schottlands. Hier liegen Tampons und Binden in eigens dafür aufgestellten Miniregalen aus, jeder kann sich einfach bedienen. Zusätzliche Unterstützung bietet die App PickupMyPeriod, die seit Januar dieses Jahres genutzt werden kann. Sie findet anhand des aktuellen Standortes der Nutzerin den nächsten verfügbaren Platz, an dem Hygieneartikel kostenlos zur Verfügung stehen.
Tatsächlich können sich in Großbritannien immer mehr Menschen Binden und Tampons nicht leisten. Schließlich kosten sie eine Frau bis zu acht Pfund, rund 9,50 Euro, pro Monat. Eine Umfrage von ActionAid UK ergab, dass aktuell zwölf Prozent der Britinnen Schwierigkeiten haben, Menstruationsprodukte zu kaufen. Über ein Viertel junger Frauen und Mädchen blieben deshalb schon der Schule oder der Universität fern. Die Nachfrage nach Hygieneartikeln in den Tafeln des Landes stieg laut Angaben von Hilfsorganisationen zwischen Mai und Juni dieses Jahres um 150 Prozent an.
Eingebracht hat den Gesetzentwurf die Labour-Abgeordnete Monica Lennon
Eingebracht wurde der revolutionäre Gesetzentwurf von der schottischen Labour-Abgeordneten Monica Lennon, die sich seit 2016 für die Beendigung von Periodenarmut einsetzt. „Er zeigt, was erreicht werden kann, wenn sich Politiker zum Wohle der Menschen zusammenschließen“, sagte sie diese Woche. Insbesondere angesichts der aktuellen Lebenshaltungskostenkrise mache das Gesetz Hoffnung. In Bildungseinrichtungen Schottlands ist die Verfügbarkeit von Hygieneartikeln für Frauen schon seit dem vergangenen Jahr Pflicht.
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Jenseits von Schottland sind Binden und Tampons zwar nicht umsonst zugänglich, Anfang vergangenes Jahres wurde jedoch die „Tamponsteuer“ in Großbritannien auf Menstruationsprodukte wie Binden abgeschafft. Möglich wurde dies durch den Ausstieg des Landes aus der EU. Denn dort gilt ein Mindeststeuersatz auf Hygieneartikel von fünf Prozent. Für wiederverwendbare Artikel wie Periodenhosen fällt jedoch weiterhin die Mehrwertsteuer an, da sie als Kleidung eingestuft werden.
Auch an weiterführenden Schulen in Düsseldorf werden Tampons und Binden bald kostenlos abgegeben. Das hat der Schulausschuss des Stadtrats am Dienstag beschlossen. Das Geld dafür will die Stadt aufbringen.
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