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Grüne Woche in Berlin: Tierwohl-Label meldet Erfolge bei Lidl, Aldi, Edeka, Rewe und Co.

Grüne Woche

Nutztieren geht es nur langsam besser

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    Schweine liegen in der Bucht eines Tierwohl-Schweinestalls.
    Schweine liegen in der Bucht eines Tierwohl-Schweinestalls. Foto: Marijan Murat, dpa

    Die Haltungsbedingungen für Nutztiere in Deutschland verbessern sich - wenn auch nur langsam. Fleisch und Fleischprodukte in deutschen Supermärkten stammen häufiger aus Betrieben, die bei der Erzeugung höhere Tierwohlkriterien anlegen. Nach Angaben der Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung, die Trägerin der im Handel inzwischen breit etablierten Haltungsform-Kennzeichnung, stammten etwa beim Schweinefleisch im Jahr 2023 neun von zehn Produkten in den SB-Theken aus der Haltungsform zwei. Die Einstiegsstufe eins ist dort kaum noch zu finden. Der Abstand zur Haltungsform vier, zum Zeitpunkt der Erhebung die Stufe mit den höchsten Tierwohlkriterien, war allerdings enorm: Gerade einmal fünf Prozent des Schweinefleischs erfüllten diese Kriterien.

    Das privatwirtschaftlich organisierte Kennzeichnungssystem ist 2015 gestartet. Es wird von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Handel getragen und umfasst mittlerweile unter anderem 60 Prozent der in Deutschland gehaltenen Schweine. Tier- und Verbraucherschützer bemängeln immer wieder, dass die Kriterien der Stufe zwei zu wenig Verbesserung gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard bringen. Alexander Hinrichs, einer von zwei Geschäftsführern der Gesellschaft, verteidigte die Initiative am Donnerstag bei der Vorstellung der Zahlen am Rande der Grünen Woche in Berlin gegen solche Kritik. „Wir wollten von Anfang an auf die Breite des Marktes zielen. Wir wollen keinen Tierwohl-Ferrari bauen, sondern einen langlebigen Tierwohl-Volkswagen auf die Straße bringen.“

    Der Umbau der Tierhaltung drängt

    Tatsächlich wurde die Kennzeichnung im Laufe der Jahre auf immer weitere Produktkategorien und Tierarten ausgeweitet. Teilnehmende Betriebe werden zweimal pro Jahr kontrolliert und insgesamt sind nach Angaben von Robert Römer, dem zweiten Geschäftsführer der Gesellschaft, bislang 1,5 Milliarden Euro an die Höfe zurückgeflossen. Doch Gegenwind bekommt das bislang breitenwirksamste Vorhaben für mehr Tierwohl seit einiger Zeit auch von der Politik.

    Der Umbau der Tierhaltung ist seit Jahren ein immer drängenderes Thema. Die Deutschen essen immer weniger Fleisch. Gleichzeitig sind gerade für Schweinefleisch wichtige Exportmärkte weggebrochen. Verbraucher wollen aber auch, so zeigen es regelmäßig entsprechende Umfragen, bessere Haltungsbedingungen für die Tiere. An der Ladenkasse sind sie dennoch kaum bereit, deutlich mehr zu bezahlen.

    Die Borchert-Kommission machte vor Jahren Vorschläge

    Vorschläge, wie dieser existenzgefährdende Widerspruch aufgelöst werden kann, liegen seit Jahren auf dem Tisch. Eine vom ehemaligen CDU-Landwirtschaftsminister Jochen Borchert geleitete Kommission, schlug noch zu Zeiten der Großen Koalition vor, die Bauern beim nötigen Umbau ihrer Ställe zu unterstützen, langfristige Abnahmeperspektiven zu schaffen und die dafür nötigen Mittel über eine Verbrauchssteuer zu beschaffen.

    Passiert ist in der Politik dennoch wenig. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wollte das ändern. Er konnte in der Ampel-Koalition aber nicht genügend Geld für den Umbau der Ställe organisieren. Und die von ihm eingeführte, ab 1. August verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung, bleibt deutlich hinter dem zurück, was die privatwirtschaftliche „Initiative Tierwohl“ auf den Weg gebracht hatte.

    Kritik daran kommt von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Als „riesigen Fehler“ bezeichnet Kaniber im Gespräch mit unserer Redaktion die gesetzliche Tierhaltungskennzeichnung, die bislang nur auf Mastschweine, nur auf Inlandsware und nur auf die Erzeugerseite begrenzt ist. „Die Gastronomie macht nicht mit und noch bevor bei Schweinefleisch das Funktionieren in der gesamten Wertschöpfungskette erfolgreich und bewiesen ist, wollte man die Haltungskennzeichnung schon auf die Rinder ausdehnen. So kann es nicht gehen“, sagt Kaniber. Wie es besser gehen könnte, muss nun die nächste Bundesregierung beweisen.

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