Wasserstoff soll Deutschland in die Energiezukunft führen. Viele Anwendungen und Prozesse, die nicht elektrifiziert werden können, sollen künftig mit klimaneutral hergestelltem Wasserstoff betrieben werden. Doch auf dem Weg zu diesem Ziel sind noch viele Fragen offen. Nur zwei davon wären etwa: Wo kommt das Gas her? Und wie kommt es zu den Unternehmen, die es brauchen? Zumindest einen Teil der Antworten darauf will nun ein Start-up aus Sachsen geben.
Matthias Rudloff ist Mitgründer und -eigentümer der Ambartec AG aus Dresden. Das Unternehmen verspricht, die Wasserstoffversorgung unabhängig zu machen von der teuren und bislang nur auf dem Papier existierenden Leitungsinfrastruktur. Denn Modellrechnungen gehen zwar davon aus, dass der Transport über Pipelines langfristig die günstigste Alternative ist. Aber die Inbetriebnahme des beschlossenen Wasserstoffkernnetzes von über 9000 Kilometer Länge wird frühestens im Jahr 2032 erfolgen. Und direkt angeschlossen werden daran zunächst nur Großverbraucher wie Chemieparks, Raffinerien oder Kraftwerke. Industriebetriebe oder gar Mittelständler werden sich länger gedulden müssen - oder sogar vergeblich warten.
Statt Wasserstoff wird nur Eisen transportiert
„Mit unserer Technik können innerhalb weniger Monate die ersten Kunden mit klimaneutralem Wasserstoff beliefert werden“, versichert dagegen Rudloff. Ambartec verkauft dabei künftig nicht den Wasserstoff an sich, sondern die Technik, um ihn besonders einfach zu transportieren: in kleinen Eisen-Nuggets. Die Chemie, die hinter der Technik steckt, ist im Grundsatz lange bekannt und nicht schwer zu verstehen. Hochreine Eisen-Nuggets werden in den Ambartec-Reaktoren mit Wasserdampf überströmt und setzen dabei Wasserstoff frei. Das oxidierte, also verrostete Eisen, kann dann erneut mit Wasserstoff aufgeladen werden. Dabei entstehen wieder reines Eisen und Wasser.
Die in Deutschland produzierten Eisen-Nuggets als Speichermedium können diesen Zyklus tausende Male durchlaufen. „Unser Wissen steckt zum einen in der Art und Weise, wie die Nuggets produziert werden, damit sie so lange stabil bleiben und die Reaktionsfähigkeit nicht nachlässt. Zum anderen in der optimalen Steuerung und Regelung der notwendigen Prozesse“, erklärt Rudloff. Und noch einen Vorteil hat das Verfahren: Bei der Produktion von Wasserstoff brauchen Elektrolyseure, die Wasser mittels Strom in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, viel Wasser. Bei der Ambartec-Technik kann auch das Wasser im Kreis laufen. Das macht die Technik auch für trockene Regionen interessant.

Statt Wasserstoff wird eigentlich nur Eisen transportiert. Dafür braucht es weder aufwendige Technik noch besondere Qualifikationen oder Genehmigungen. Der Speicher ist verbaut in handelsüblichen 20-Fuß-Seecontainern. „Für 100 Kilogramm Wasserstoff benötigen wir einen Kubikmeter Speicher. Umgerechnet können wir so in einem 20-Fuß-Container 600 bis 800 Kilogramm Wasserstoff transportieren“, sagt Rudloff. Zum Vergleich: Mit der Energie aus einem Kilogramm Wasserstoff kommt umgerechnet ein Auto etwa 100 Kilometer weit. Zwei Container passen auf einen Lkw, 100 Container auf einen Zug und 10.000 auf ein Schiff. Denn Ambartec denkt schon weiter.

„Innerhalb von Europa ließe sich der Wasserstoff von Solar- oder Windparks als eine Art rollende Pipeline über einen Zug, der dauerhaft verkehrt, einfach transportieren. Für einen Transport über das Meer braucht es keinen Flüssiggastanker, es genügt ein leicht modifizierter Schüttgutfrachter“, malt Rudloff am Bild der Energiezukunft. Doch ob es so weit kommt, hängt entscheidend vom Preis für den Wasserstoff ab.
Der Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff kostet zunächst mehr Geld, das will auch Rudloff nicht wegdiskutieren. Aber: „Wer als Unternehmen eine klare Nachhaltigkeitsstrategie hat und beispielsweise bis 2030 klimaneutral werden will, kann Gas nur mit Wasserstoff ersetzen. Dafür sind wir die günstigste aller möglichen Alternativen“, sagt der Unternehmer, der gerade auch auf der Hannover Messe erfolgreich um neue Kunden geworben hat. Auf rund zwölf Cent für die Kilowattstunde beziffert er den Preis für den Wasserstoff aus der Ambartec-Versorgung. Das entspreche in etwa dem, was Haushaltskunden aktuell für Gas bezahlten.
Der Wirkungsgrad der Anlage ist konkurrenzlos hoch
Ambartec will die Produktion seiner Wassestoff-Container nun zügig hochfahren. Für dieses Jahr plant man die Produktion von fünf Containern, 2026 sollen es bereits 50 werden und im Jahr darauf 500. Um eine mangelnde Nachfrage sorgt sich Rudloff nicht. Die Kunden bräuchten aber eine gewisse Vorlaufzeit, um die Umstellung auf Wasserstoff zu bewältigen: „Es muss vielleicht ein Brenner umgebaut oder ersetzt oder erst eine Baugenehmigung eingeholt werden“, erläutert der CEO. Mit der raschen Integration von Wasserstoff ließen sich dann aber viele Prozesse und Maschinen für eine spätere Komplettumstellung prüfen.
@Redaktion "Der Wirkungsgrad der Anlage ist konkurrenzlos hoch" Wie hoch ist er denn? Raimund Kamm
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