Es ist kurz nach sechs Uhr im Betriebskindergarten der Uniklinik Augsburg. Kinder tollen auf weichen Matten und spielen mit ihren Puppen, während kleine Autos über den Boden flitzen. Die Bauecke, eine Welt aus bunten Steinen, Türmen und Mauern, ist bereits ein wenig chaotisch – hier liegt ein unfertiger Turm, dort ein Brückenbogen aus glänzendem Holz. In drei Kindergarten- und zwei Krippengruppen werden in der Kindertagesstätte „Klinikum Kids“ insgesamt rund 100 Kinder unterschiedlichen Alters betreut, während die Eltern im Uniklinikum nebenan arbeiten.
„Die ersten Kinder kommen bereits um 5.45 Uhr morgens zu uns“, erklärt Elke Bachthaler, die Personalchefin des Krankenhauses. Dieses Angebot wird durchaus geschätzt: „Vor sieben Uhr morgens besuchen etwa 20 Prozent der Kinder die Einrichtung”, sagt Bachthaler. Geöffnet ist täglich bis 17.30 Uhr. So kann eine flexible Betreuung geboten werden, die auf die Arbeitszeiten der Eltern abgestimmt ist. Viele arbeiten im Schichtdienst als Ärzte oder Pflegekräfte und sind daher auf eine individuelle Kinderbetreuung angewiesen. Ein weiterer Vorteil, den die Einrichtung den Klinikbeschäftigten bietet, sind weniger Schließzeiten. „Unsere Kindertagesstätte macht keine Ferien. Auch an Brückentagen bieten wir eine Notgruppe an”, so Bachthaler.
Die Zahl betrieblicher Kindergärten steigt seit Jahren
Weil es deutschlandweit an Kitaplätzen mangelt oder die Öffnungszeiten der Einrichtung nicht mit den Arbeitszeiten der Eltern kompatibel sind, gehen immer mehr Betriebe dazu über, selbst tätig zu werden, beobachtet David Brabender, Geschäftsführer von Kita-Concept, einem Dienstleister für betriebliche Kinderbetreuung aus Wuppertal. Die Nachfrage ist deutlich gestiegen. „Auch kleine Unternehmen möchten zunehmend einen attraktiven Arbeitsplatz anbieten“, sagt er. So gab es laut Statista-Angaben im Jahr 2024 hierzulande 779 betriebliche Kindergärten – 2006 waren es nur etwa ein Drittel so viele.
Wenn der Betreuungsbedarf der Kinder von Mitarbeitenden in einem Unternehmen zu gering oder der finanzielle Aufwand allein zu hoch ist, kann eine gemeinsame Kindertageseinrichtung mit anderen Unternehmen eine Lösung sein. Reine Betriebskitas, die allein vom jeweiligen Unternehmen getragen werden, gibt es in Bayern nur wenige. Laut Landesamt für Statistik waren es bayernweit im Jahr 2023 nur 134 Stück - von insgesamt 10.233 Kinderbetreuungseinrichtungen. Das Uniklinikum Augsburg ist so ein Fall: 1982 wurde sein Kindergarten gegründet.
Die Vorteile von Betriebskindergärten liegen dabei auf der Hand: „Die Öffnungszeiten lassen sich flexibel an die Besonderheiten des Betriebs, wie Schichtbetrieb oder flexible Arbeitszeitmodelle, anpassen“, sagt Kita-Concept-Geschäftsführer Brabender. Besonders attraktiv sei für viele Eltern zudem eine ganzjährige Öffnung, also auch während der Schulferien. Ein Mehrwert der individuellen Ausgestaltung seien zudem der oft günstigere Personalschlüssel für die Betreuung der Kinder.
Das Angebot ist für die Eltern relativ günstig
An der Uniklinik wird jede Gruppe von einer Erzieherin und mindestens zwei weiteren pädagogischen Fachkräften versorgt. „Der Andrang auf Plätze ist sehr hoch. Nicht alle angemeldeten Kinder erhalten einen Platz, weshalb mit einer Warteliste gearbeitet wird“, erklärt Bachthaler. Deshalb konnten in den vergangenen Jahren auch keine Kinder von Familien aufgenommen werden, deren Eltern nicht im Klinikum beschäftigt sind.
Die Kita ist kostenpflichtig, die Elternbeiträge sind je nach Buchungszeit gestaffelt: Der Maximalbetrag für einen Platz bei den „Klinikum Kids“ liegt bei etwa 334 Euro monatlich. Die restlichen Gebühren trägt der Arbeitgeber. Seit 2005 werden Betriebs-Kitas in Bayern, wie auch die Einrichtungen von freigemeinnützigen oder kommunalen Trägern, finanziell gefördert. Im Jahr 2024 wurden nach Auskunft des bayerischen Familienministeriums rund 2,5 Milliarden Euro an Landesmitteln für die Betriebskostenförderung ausgegeben.
Auch wenn der finanzielle Aufwand höher ist, lohnen sich solche betrieblichen Kinderbetreuungseinrichtungen für die Unternehmen: „Trotz Mehrkosten ist es uns ein sehr wichtiges Anliegen, Mitarbeitende mit Familie zu unterstützen - insbesondere in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels“, sagt Bachthaler. Doch was passiert, wenn die Beschäftigten kündigen? Wenn Eltern während der Kitazeit aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden, dürfen ihre Kinder im Normalfall den jeweiligen Bereich, Krippe oder Kindergarten, beenden, versichert Bachthaler.
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem Masterstudiengang Fachjournalismus der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden.
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