Hitzewellen fordern ein Umdenken im Städtebau, der Land- und Forstwirtschaft, ja für Arbeit und Urlaub. Es steht uns ein regelrechter Kulturwandel bevor.
Es ist ein Sommer der Extreme, den das Land erlebt. Waldbrände wüten nicht nur in Frankreich, sondern auch in deutschen Wäldern. Das Niedrigwasser behindert die Schifffahrt auf den Flüssen, Fische sterben in ausgetrockneten Bächen. Temperaturen bis 40 Grad im Juli belasteten Kreislauf und Gesundheit, von den Gletschern der Zugspitze wird im Herbst nur ein armseliger Rest geblieben sein. Extreme Wetterereignisse hat es immer gegeben. Durch den Klimawandel aber werden sie häufiger auftreten. Das bedeutet mehr heiße Tage, aber auch mehr Starkregen, mehr Überschwemmungen wie im Ahrtal im vergangenen Jahr, mehr Stürme. Bund, Länder und Kommunen beginnen erst, sich auf die Folgen einzustellen. Dabei könnten die nötigen Veränderungen so deutlich sein, dass es Auswirkungen auf viele Bereiche des Lebens hat.
Der Klimaschutz hilft nur auf lange Sicht
Politisch liegt der Fokus bisher auf dem Klimaschutz. Die Bemühungen, CO2-Emissionen zu senken, sind zurecht groß. Das Energiesystem wird in Richtung erneuerbarer Energien umgebaut, die Bundesregierung besteuert Benzin, Diesel, Gas und Öl. Der Verbrenner muss dem E-Auto weichen. Beschlüsse wie auf der Klimakonferenz von Paris 2015 müssen verhindern, dass die menschengemachte Klimaerwärmung maßlos aus dem Ruder läuft. Den Trend zu Extremwetterereignissen werden diese Maßnahmen aber vorerst nicht brechen.
Das Klima ist ein extrem träges System. CO2-Moleküle, die heute in die Atmosphäre gelangen, entfalten ihre Wirkung länger als 100 Jahre, bis sie wieder durch natürliche Prozesse gebunden werden, das zeigen Forschungserkenntnisse.
Die Menschen werden sich damit mit erheblichen Anstrengungen auf eine klimaveränderte Welt einstellen müssen.
Städte müssen sich gegen Hitzewellen rüsten
Sehr deutlich wird dies in diesem Sommer in den Städten. In Wohnhäusern, gerade unter den Dächern, wird es häufig brütend heiß. In Städten, die Hitzewellen Kühle entgegensetzen wollen, müssen Grünflächen erweitert, Bäume gepflanzt und geschützt, Brunnen gebaut werden. Das bedeutet weniger Raum für Straßen, weniger zugepflasterte Plätze.
In Deutschland beginnt man damit, für die regionale Ebene Hitzeaktionspläne zu erarbeiten. Vielleicht gehören auch Kühlsäle dazu, beispielsweise in Bibliotheken, in denen besonders Anfällige bei hohen Temperaturen Zuflucht finden können, ähnlich wie in Wärmestuben im Winter. In den Seniorenheimen muss das Personal heute schon bei Hitze darauf achten, dass die Menschen hinreichend trinken. Künftig sind vielleicht auch Nachbarn gefordert, ein Auge auf alleinstehende ältere Männer und Frauen zu haben. Für Städte an Flüssen und am Meer wird der Hochwasserschutz massiv an Bedeutung gewinnen.
Land- und Forstwirtschaft müssen auf den Klimawandel reagieren
Herausforderungen stellen sich auch für Land- und Forstwirtschaft. Vielleicht macht ein wärmeres, trockeneres Klima den Anbau neuer Sorten möglich. Manche heimischen Bauern experimentieren bereits mit dem Anbau von Soja. Milchviehhalter werden sich Gedanken machen müssen, was getan werden kann, wenn die Kühe in trockenen Sommern auf den Wiesen wenig Futter finden. Technische Lösungen könnten Wasser in wasserarme Gebiete leiten, so wie heute bereits nach Nordbayern. Besonders deutlich ist der Klimawandel im Wald: Baumarten wie die Fichte geraten unter Stress, viele Wälder müssen umgebaut werden.
Bei großer Hitze müssen sich Arbeitgeber bereits heute Gedanken machen, wie sie ihre Beschäftigten schützen, das gilt erst recht im Freien, auf Baustellen. Die Verlagerung der Arbeit zum Beispiel in kühlere Stunden vormittags oder abends wird noch wichtiger werden. Letztlich stellt sich die Frage, ob sich nicht auch Urlauberströme ändern und andere Destinationen aufgesucht werden, wenn Südeuropa noch heißer wird.
Der Klimawandel ist auch ein Kulturwandel
Im Einzelnen sind die Maßnahmen stets nachvollziehbar, in der Summe stellt die Umstellung von Städten, Landschaft, sozialem Leben aber fast einen Kulturwandel dar. Die nötigen Eingriffe rufen häufig Widerstände hervor. Deutlich ist dies heute schon, wenn Parkplätze zugunsten von Straßengrün zurückstehen müssen oder Überschwemmungsgebiete geschaffen werden.
Um dem Extremwetter etwas entgegenzusetzen, dürfen wir diese Debatten nicht scheuen.
Wie funktioniert der Treibhauseffekt? Warum ist die Erderwärmung schlecht für uns alle? Hier erfahren Sie, was Sie über den Klimawandel wissen müssen.
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"Mich wundert nur immer, dass Schnitzel aus Soja fast doppelt so viel kosten wie wenn man das Soja erst durchs Tier jagt und dann isst? Vegetarische Schnitzel müssten eigentlich viel billiger sein."
Christina M., was die Leute massenhaft an Fertigprodukten essen, um echtes Fleisch zu vermeiden, aber doch irgendwie etwas Fleischartiges zu essen, hat mit natürlicher und gesunder Ernährung nichts zu tun.
Das sind alles hochverabeitete Produkte der Lebensmittelindustrie und das kostet eben. Ein gutes Kochbuch mit mediterraner oder ayurvedischer Küche täte es auch Dann braucht man den teuren Chemiemüll nicht, spart Geld und weiß, was man zu sich nimmt. Macht halt etwas mehr Arbeit.
@ Frau M.
Die Sojapflanze an sich ist natürlich nicht schädlich. Aber wie Sojaprodukte produziert werden, manchmal schon. Vor allem in Brasilien wird wertvoller Regenwald (und damit Lebensraum für die indigene Bevölkerung) zerstört, um den Sojabedarf vor allem als Tierfutter zu decken. Soja wird dort ebenso wie in Argentinien oder den USA in riesigen, flächenverzehrenden Monokulturen angebaut, auch Gen-Soja und der damit verbundene Pestizideinsatz ist auf vielen Feldern kein Tabu. Dazu kommt der kraftstoffverzehrende und umweltschädliche Transportweg nach Europa und in andere Teile der Welt. Grund ist der hohe Bedarf an Tierfutter für die Massentierhaltung. Das betrifft allerdings nicht so sehr Ihr vegetarisches Schnitzel, dafür wird der Sojaanbau in Europa wohl ausreichen. Da stecken andere Probleme drin – lesen Sie mal die Zutatenliste und dann urteilen Sie, ob Ihnen das noch schmeckt. Es gibt sicher gute Lebensmittel mit und aus Soja, dennoch lohnt sich ein kritischer Blick auf das, was drin ist.
Zur Windkraft: wieso kollidieren da Umwelt- und Klimaschutz so sehr miteinander, dass Winkraft umweltschädlicher sein soll als die Verbrennung von Erdgas oder Kohle? Hätte ich die Wahl, würde ich die Windkraft deutlich vorziehen.
Mit dem Massenanbau haben Sie sicher recht, das hab ich nicht bedacht. In die Zutatenliste meines Sojaschnitzels hab ich gekuckt: 2/3 Soja, der Rest nur pflanzliche Bestandteile und natürliche Aromen, bis auf Eisengluconat. Das ist aber auch auf jeder Pizza, damit werden nämlich durch Oxidation aus grünen Oliven schwarze gemacht, wusste ich bis jetzt garnicht. Jedenfalls schmeckt mir mein vegetarisches Schnitzel weiter ♡
Zu den Windrädern: da wird von Umweltschützern oft kritisiert, dass dadurch Vögel, Fledermäuse und Insekten geschädigt und Waldflächen gerodet werden. Sogar wärmer soll es durch Windräder werden, weil kühlende Luftströme gebremst werden. Die riesigen PV-Anlagen auf früheren Feldern finde ich auch nicht gut. Da wächst dann nichts mehr im Schatten, und es soll ja auch garnichts wachsen, damit die Solarzellen nicht zugewuchert werden. Ökologisch gesehen ist das nicht viel anders als riesige Parkplätze bauen.
@ Christina M:
Nur um Irrtümern vorzubeugen: es gibt auch dunkle Oliven, die nicht künstlich geschwärzt werden. Es gibt auch welche, die natürlich gereift sind, dann sind Fruchtfleisch und Kern dunkel. Geschwärzte Oliven haben einen (noch) grünlichen Kern.
Dass auf den Solarfeldern nichts mehr wächst, ist auch nicht ganz richtig, man kann sogar Schafe dort weiden lassen oder Hühner halten. Alles, um das Gras kurz zu halten.
Und ja, ich weiß, dass es diese Studie zu den Windrädern gibt, aber es gibt auch Stimmen, die abwinken. Alles eine Frage der Lobby, würde ich sagen. Bewiesen ist noch nichts. Dass wir einen guten Mix aus erneuerbaren Energien brauchen werden, da kommen wir nicht dran vorbei. Denn mit den fossilen Brennstoffen ist nicht mehr viel Staat zu machen, wenn es so weitergeht.
Na hoffentlich sind wir besser im anpassen als die Dinos es waren, sonst werden wir die nächsten Dinos.
Die Bundesregierung sollte sich einmal massiv bemühen, den Rest der immer weiter anwachsenden Welt Bevölkerung dazu zu bringen, endlich einmal umwelttechmisch auf unseren Stand zu kommen.
Ich habe erhebliche Zweifel, dass es alleine Sinn macht, ca. 0.010127 Prozent der Weltbevölkerung weiter zu mehr Umweltschutz zu zwingen, während ein Großteil des Restes munter mit Vollgas die Umwelt massiv zerstört...
Vielleicht wird es in vielen Teilen der Welt deswegen nichts mit dem Umweltschutz, weil wir dort unseren Müll abladen (Kunststoff, Elektroschrott), die Menschen billigst für uns arbeiten lassen, Rohstoffe zu einem Preis einkaufen, der Umweltschutz nicht zulässt? Weil wir Lebens- und Genussmittel wie Kaffee zu einem Preis haben möchten, der nur mit dem Einsatz von Pestiziden aufrecht erhalten werden kann? Warum wird so viel Urwald zerstört? Weil wir unseren Bedarf an Palmöl nicht reduzieren, weil unser Hunger nach Soja für die Tiermassenproduktion unendlich ist? Das sind nur ein paar wenige Beispiele. Die Industrieländer sind es doch, die über ihre Verhältnisse leben, die seit Jahrzehnten Raubbau an der Natur betreiben, die nicht weg wollen von der Massentierhaltung, die Unmengen Wasser unnötig verbrauchen – nicht der Massai, der von ein paar Kühen lebt, die auch etwas Methan ausstoßen. Nun – wer müsste runter von seinem hohen Ross, damit sich etwas ändert?
@ Frau Reichenauer: Klimaschutz und Umweltschutz läuft oft auch gegeneinander, siehe Windkraft. Dass Soja klimaschädlich ist, wusste ich noch garnicht. Es verbraucht doch eigentlich CO2 beim wachsen? Aber wenn alle Vegetarier werden, wie ich, wird das nichts am Sojakonsum ändern. Es ist der Grundstoff für sehr viele vegetarische Lebensmittel. Mich wundert nur immer, dass Schnitzel aus Soja fast doppelt so viel kosten wie wenn man das Soja erst durchs Tier jagt und dann isst? Vegetarische Schnitzel müssten eigentlich viel billiger sein.
Maria, da haben SIe schon in Teilen recht.
Christina, schauen Sie ienmal was da alles an Zusatzstoffen in den vegetarischen "Schnitzeln" drinnen sind...
Welche Parteien haben überhaupt ein Interesse etwas für den Klimaschutz zu tun ? Union und SPD wenig, FDP überhaupt nicht,
die Linke wurde von Wagenknecht u.co. eliminiert. Die Globalisierung sowie die Erderwärmung führen zur Klimakatastrofe.
Windkraft wird von privaten Interessen ausgebremst. Nur die Grünen gehen die nichtfossilen Energieträger konsequent an,
deshalb wird ihr Wählerstamm immer größer, während er bei den anderen Parteien stagniert, bei SPD und vor allem bei der FDP
sogar stark zurückgeht, was aber auch an Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner liegt, die verantwortlich sind für
die Talfahrt ihrer Parteien.
Da versucht der Herr Kerler, die Klimakrise als Naturphänomen zu framen, an das wir alle uns einfach anpassen müssen. Es braucht vor allem harte, schnelle, ordnungspolitische UMSTEUERUNG, um zu retten, was zu retten ist. Über Anpassung müssen wir auch reden, aber die ist wirklich nicht primär. Primär ist umbauen, sperren, sparen, verbieten. Das bewirkt noch was, damit wir besser leben können. Anpassen dann auch noch gerne! Aber damit nicht die Leute betäuben, Herr Kerler.
Dafür ist es längst zu spät. Wir müssen beides tun, da die Entwicklung der nächsten Jahrzehnte jetzt bereits unumkehrbar ist. Wir können vielleicht jetzt noch die ganz große Katastrophe in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts verhindern, mehr aber auch nicht. Kerler hat völlig recht.
"Primär ist umbauen, sperren, sparen, verbieten. Das bewirkt noch was, damit wir besser leben können."
Das nenne Sie besser leben? Die Uhr ist doch schon abgelaufen. Noch einige Generationen - dann ist die Erde für Lebewesen auf dem Land vermutlich unbewohnbar.
Nein, Wolfgang L., ich finde es schwer auszuhalten wenn er die Haupttäter, nämlich die Wachstumspolitiker, die Fossillobby, die Autoindustrie, die Energiekonzerne, das Braunkohleland Sachsen etc... von Anpassung ausnimmt (Produktion stoppen und umstellen), sondern die Allgemeinheit zur Anpassung an deren Taten auffordert. Das ist nicht sachlich, das ist "ökologischer Fußabdruck"-Journalismus eines Wirtschaftsredakteurs der Schule des 20. Jh., um die Verantwortlichen zu decken.
Gregor, natürlich können wir in Deutschland "umbauen, sperren, sparen und verbieten". Nur wird das nichts helfen, wenn der Rest der Welt nicht mitmacht. Die Aufgabe ist langfristig angelegt und vermutlich aussichtslos. Deswegen ist es höchste Zeit, sich darauf einzustellen.
Die Überschrift ist ja richtig, bloß die Menschen machen weiter wie bisher.
Siehe Urlaubsflüge, Autoverkehr, Bausünden.
Ändern sollen immer andere.
Peter P, die Temperaturen in einzelnen Stadtteilen können sehr unterschiedlich sein, je nachdem ob es viele oder wenige Bäume dort gibt und wie die Freiflächen gestaltet sind. Gerade im Umland sieht man aber zunehmend Privatgrundstücke, die zubetoniert sind oder wie Steinwüsten aussehen. Das sieht nicht nur grausam aus und ist lebensfeindlich für Insekten und Vögel, sondern heizt auch die Umgebung auf.
>> In Wohnhäusern, gerade unter den Dächern, wird es häufig brütend heiß. In Städten, die Hitzewellen Kühle entgegensetzen wollen, müssen Grünflächen erweitert, Bäume gepflanzt und geschützt, Brunnen gebaut werden. Das bedeutet weniger Raum für Straßen, weniger zugepflasterte Plätze. <<
Was helfen ein paar Brunnen und Bäume gegen warme Dachwohnungen?
Und wird vielleicht aus ideologischen Gründen nicht über den Einwohnerzuwachs der Städte gesprochen?
Und die fragwürdige Idee mit der "Verdichtung" in den Städten - ist die wirklich richtig?
Stadt bleibt dumm, wenn nicht Maßnahmen wie Einwohnerstopp in Kerngebieten und Klimaanlagenpflicht für Neubauten mit im Paket sind.
Städte sind mit ihrem durcherhitzten Geschosswohnungsbau überwiegend selbst Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.
>> Deutlich ist dies heute schon, wenn Parkplätze zugunsten von Straßengrün zurückstehen müssen oder Überschwemmungsgebiete geschaffen werden. <<
Und so endet der Raum der Maßnahmen vorschnell bei der Einziehung von Parkplätzen - vielfach nur mit Umnutzung oder Leerstand der Asphaltfläche - das linksgrüne Spektrum schmort weiter in der Hitze und freut sich über diesen grandiosen Erfolg. Der sommerliche Alltag nur etwas aufgelockert von Lesestoff der Leitmedien, der eine baldige Feuersbrunst gegen die verhasst dünn bebauten Umlandgebiete verspricht...
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/eigenheim-trotz-klimakrise-brennende-traeume-kolumne-von-sabine-rennefanz-a-c3f86195-71f9-4731-9faf-179642a269e6
"Und wird vielleicht aus ideologischen Gründen nicht über den Einwohnerzuwachs der Städte gesprochen?"
Machen Sie sich lieber mal Gedanken wo Abeitskräfte, die dringend gebraucht werden in den Städten leben sollen. Noch mehr Verkehr schadet eben noch viel mehr.
"Stadt bleibt dumm, wenn nicht Maßnahmen wie Einwohnerstopp in Kerngebieten und Klimaanlagenpflicht für Neubauten mit im Paket sind."
Es braucht keine Maßnahmen wie Einwohnerstopp, denn verfügbare und bezahlbare Immobilien sind eh nicht vorhanden, aber immer lautstark nach billigen Arbeitskräften schreien.