
Die Tarifkonflikte im Öffentlichen Dienst und bei der Bahn zeigen: Arbeitgeber haben in Lohnrunden derzeit oft schlechte Karten.
Auch in der Tarifpolitik gibt es eine Zeitenwende. Zumindest bei Lohnverhandlungen in Branchen mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad verschiebt sich die Macht von den Arbeitgebern hin zu den Arbeitnehmern. Das trifft insbesondere dann zu, wenn der Staat im Spiel ist. Schon bei der Gehaltsrunde im Öffentlichen Dienst konnte die Gewerkschaft Verdi große Teile ihrer Forderungen durchsetzen, weil auf der Gegenseite die SPD-Politikerinnen, Innenministerin Nancy Faeser und Karin Welge, Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen, verhandelt haben. Die Genossinnen konnten Pflegefachkräften oder Müllwerkern, also ihrer Kernklientel, schwer ein ordentliches Gehalts-Plus verwehren. Ähnlich verhält es sich bei der im Besitz des Bundes befindlichen Bahn.
Hohes Droh-Potenzial bei der Bahn
Dass auch die Gewerkschaft EVG vor einem hohen Abschluss steht, verdankt sie drei Punkten: Zunächst kann die Organisation ähnlich wie im Luftverkehr, im Erziehungswesen oder bei der Müllabfuhr durch Streiks einen Wirbel erzeugen, den viele Menschen zu spüren bekommen. Das Droh- und Arbeitskampf-Potenzial im Zugverkehr ist optimal. Doch das reicht nicht für rekordverdächtige Abschlüsse. Hier kommen zwei weitere Faktoren hinzu: Einerseits ist die Inflation nur leicht auf 7,2 Prozent zurückgegangen und schreit nach einer Entschädigung durch Lohnerhöhungen, andererseits trifft der Arbeitskräftemangel auch die Bahn. Dabei darf die neue Macht der Gewerkschaften deren Anführer nicht zum Abheben verleiten: Wer vor lauter Kraft nicht mehr gehen kann, fällt schon mal hin.
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