
Bayerns Wirtschaft ist auf dem Weg ins Jammertal

Schlechte Zahlen, schlechte Stimmung: vbw-Präsident Wolfram Hatz warnt vor den Folgen der Konjunktur-Flaute für den Arbeitsmarkt.

Bayerns und Deutschlands Wirtschaft bleiben im Tief und das beginnt sich nun auch auf den Arbeitsmarkt auszuwirken. Das sagte Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), bei der Vorstellung des aktuellen Konjunkturindex für Bayern. Stimmung, Umsätze, Auftragslage: In vielen Branchen zeigen die wichtigsten Faktoren nach unten. Hatz: „Die Konjunktur in Bayern bleibt schwach, die Wirtschaftslage hat sich im Laufe des Jahres verschlechtert.“ Hoffnung auf Besserung habe er kaum, allenfalls sei die nachlassende Inflation ein Hoffnungsschimmer. „Ich sehe wenig Positives, weder in Bayern noch in Deutschland und der Welt.“
Das ist der vbw-Weißbierindex
Seit knapp 20 Jahren lässt die vbw ihren sogenannten Weißbier-Index zur wirtschaftlichen Lage im Freistaat erstellen. Er bildet diese in Form eines mehr oder minder gefüllten Weizenglases ab. In die Berechnung fließen rund 30 Faktoren ein. Dazu gehören Konjunkturumfragen, Zahlen zu Auftragseingängen, Umsätzen und Beschäftigung sowie Einschätzungen zum Geschäftsklima. Der Index habe in den vergangenen Jahren eine große Treffsicherheit bewiesen, so vbw-Geschäftsführer Bertram Brossardt. Genau das befürchte er diesmal auch, ergänzte sein Präsident Hatz.
Von 200 möglichen Punkten erreicht der Index nur 93. Was heißt: Für die Wirtschaft ist das Glas nicht einmal mehr halb voll. Im Frühjahr hatte der Index noch einen Wert von 101 erreicht. Für diesen weiteren Abstieg nannte Hatz einige Anzeichen: sinkende Umsätze im Einzelhandel, Produktionsrückgänge bei energieintensiven Brachen wie Chemie und Papier und ein brutaler Einbruch beim Bau. So gingen die Genehmigungen für Wohnungen um ein Drittel zurück. Noch würden auf dem Bau alte Aufträge abgearbeitet, danach sehe es aber finster aus.
Was die Wirtschaft in Bayern belastet
Inflation, Energiekosten, Zinsen, die schwache Weltwirtschaft und Arbeitskräftemangel belasteten die Unternehmen. Immerhin: Autoindustrie, Maschinenbau und Elektroindustrie steigerten ihre Produktion auf niedrigem Niveau. Die Materialversorgung werde in den meisten Branchen besser, die Auftragslage jedoch schlechter.
Scharfe Kritik übte der vbw-Präsident an der Bundesregierung. Statt Ankündigungen, „Blabla und heißer Luft“ müsse sie endlich liefern und unter anderem die Ankündigungen zum Bürokratieabbau umsetzten. Die Industrie stehe vor riesigen Herausforderungen. „Wenn wir wollen, dass diese Investitionen im Inland getätigt werden, dann müssen wir die Rahmenbedingungen an unserem Standort verbessern. Ansonsten droht eine De-Industrialisierung“, sagte Hatz. Der Wirtschaftspolitik in Bayern, wo die Lage der Firmen ein wenig besser sei, gab er bessere Noten und lobte die Ankündigungen zum Bürokratieabbau. „Aber“, so Hatz, „die entscheidenden Hausaufgaben müssen wohl in Berlin und auch in Brüssel gemacht werden."
Unternehmer-Präsident: Deutschland fehlen 60 Milliarden Euro
Mit Blick auf das Bundesverfassungsgerichts-Urteil, das die Verschiebung von „Corona-Krediten“ in den Klima- und Transformationsfonds verboten hat, kritisierte Hatz Bundesregierung und Opposition. „Dass es die Ampel-Regierung nicht kann, ist ja nichts Neues." Die Freude der Opposition über das Urteil könne er aber auch nicht verstehen. „Deutschland fehlen jetzt 60 Milliarden Euro.“ Hatz plädierte deshalb für "eisernes Sparen", Investitionen und eine Stützung der Wirtschaft. Konkret: Die Ausgaben für Grundsicherung und Bürgergeld müssten auf den Prüfstand, zugleich brauche es aber vergünstigten Strom für die Betriebe bis mindestens 2030.
Bei der vbw handelt es sich um die zentrale Interessenvereinigung der bayerischen Wirtschaft. In den Branchen ihrer 155 Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände arbeiten fast 90 Prozent aller Beschäftigten im Freistaat.
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