Es wäre ein logischer Schritt. Nach der verlorenen Bundestagswahl trat Robert Habeck in die zweite Reihe zurück, der Kanzlerkandidat der Grünen drängelte sich nicht nach vorn, um an die Fraktionsspitze zu kommen. Schon seinerzeit hatte er überlegt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Nach einer Bedenkzeit entschloss er sich aber, sein Abgeordnetenmandat anzunehmen. Nun könnte die Rolle rückwärts kommen, wenn die Berichte von Spiegel, Bild-Zeitung und dem Redaktionsnetzwerk Deutschland stimmen.
Demnach wird Habeck vor der Sommerpause aus dem Bundestag ausscheiden, die junge Grünen-Politikerin Mayra Vriesema aus seiner norddeutschen Heimat nachrücken. Doch die Partei widerspricht der Schlagzeile. „Nein, das können wir nicht bestätigen. Es ist nicht besprochen, dass Robert Habeck sein Mandat vor dem Sommer zurückgibt“, erklärte Fraktionschefin Britta Haßelmann am Karfreitag. Ihr zufolge soll sich Habeck im Auswärtigen Ausschuss des Parlaments um die deutsch-amerikanischen Beziehungen kümmern. „Die Wichtigkeit dieser Beziehung ist ja offensichtlich. Wir haben Robert Habeck immer gesagt, dass wir uns sehr freuen, wenn er Mitglied unserer Fraktion bleibt“, sagte Haßelmann.
Als Kanzlerkandidat fiel Robert Habeck durch
Habeck selbst war kurzfristig nicht zu erreichen, um die Verwirrung aufzuklären. Würde der 55-Jährige schlussmachen mit der Politik, wäre es für Leute, die ihn kennen, nicht die ganz große Überraschung. Im Wahlkampf hatte er noch einmal alles in die Waagschale geworfen, was er hatte. Seine Anhänger strömten zu den Veranstaltungen, die regelmäßig ausverkauft waren. Habeck-Fans warteten draußen in der Kälte, wenn die Säle voll waren. Am Wahlsonntag Ende Februar standen enttäuschende 11,6 Prozent. Nicht einmal das Minimalziel, so viele Stimmen zu holen wie seine Parteifreundin Annalena Baerbock 2021, erreichte der Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler.
Er wollte in der Regierung bleiben, konnte sich eine Zusammenarbeit mit der Union unter einem Kanzler Friedrich Merz vorstellen. Doch das vermurkste Heizungsgesetz hatte seinen Ruf ruiniert. Worauf er keine Lust hatte: Opposition. Kritisieren statt Machen. Habeck sah Politik nicht als Beruf, der eine Lebensaufgabe sein müsse. Bevor er Politiker wurde, war er Schriftsteller. Er schrieb Bücher für Kinder und Erwachsene, manchmal zusammen mit seiner Frau.
Und er mochte den Modus nicht, wie im beinharten Betrieb in Berlin miteinander umgesprungen wird. Die Angriffe um des Angriffs willen, wir gegen die, das Aufpusten kleinster Meinungsverschiedenheiten zum lauten Krach, der jeglichen Kompromiss zerstört. Im Wahlkampf stellte er der Kommunikation der Zerstörung den gelingenden Dialog entgegen, Politik als Gespräch am Küchentisch. Obwohl ein beträchtlicher Teil der Wähler dem ewigen Parteienkampf und -krampf überdrüssig ist, entschied sich nur die Grüne-Kernklientel für den Kanzlerkandidaten.
Habeck war Opfer massiver persönlicher Bedrohungen
Mindestens genauso litt er am Preis der Macht, der die persönliche Freiheit der Spitzenpolitiker beschneidet. Die persönlichen Bedrohungen hatten ein derartiges Maß erreicht, dass das Personenschutzkommando des Bundeskriminalamtes aufgestockt werden musste. Wütende Bauern hatten ihn und seine Familie an einem Fähranleger bedroht. Seitdem kann Habeck keinen Schritt tun, ohne von Leibwächtern umgeben zu sein.
Es mag ihn trösten, dass die designierte schwarz-rote Koalition seine Energiewendepolitik in den langen Linien fortsetzen wird. CDU und CSU hatten ihn vor der Wahl schwer angegriffen, um nun zu machen, was er schon damals forderte. Lockerung der Schuldenbremse, Investitionsbonus, Senkung der Strompreise um fünf Cent je Kilowattstunde. Die Atomkraftwerke wird sein Nachfolger auch nicht wieder anschalten. Der Ausstieg ist final, Habecks möglicherweise auch.
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