Die Deutsche Bank hat es gemacht. Die Otto-Gruppe auch. Genauso der Softwarehersteller SAP. Die Unternehmen wollen, dass ihr Personal wieder mehr im Büro und weniger von zu Hause aus arbeitet. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass die Deutschen vergleichsweise viel Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. Jedenfalls verglichen mit Arbeitnehmern in anderen Ländern.
Im Schnitt sind es 1,6 Tage, die alle von zu Hause aus arbeiten. Das ergibt eine Untersuchung des Ifo-Instituts, für die sich die Wirtschaftswissenschaftler die Arbeitsweisen von Menschen in 40 Ländern angesehen haben. Die Südkoreaner arbeiten gerade mal einen halben Tag von zu Hause, die Griechen 0,6 Tage. Spitzenreiter sind die Kanadier, die es auf 1,9 Homeoffice-Tage bringen. Im Schnitt kommt das Institut auf eine Quote von 1,2 Heimarbeitstagen pro Woche.
2,8 Tage im Homeoffice arbeiten – das wünschen sich Beschäftigte
Für die Unterschiede zwischen den Ländern hat Mattias Dolls zwei Erklärungen. Er hat die Homeoffice-Studie am Ifo-Institut geleitet und sagt, dass unter anderem an der Wirtschaftsstruktur eines Landes liege, wie viel Zeit Menschen im Homeoffice verbringen. Nicht in jeder Branche gibt es ja überhaupt die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. Ein zweiter Punkt sei der kulturelle Faktor. „Vereinfacht ist es so: In englischsprachigen Gesellschaften, die oft sehr individualistisch sind, wird das Homeoffice stark genutzt. In asiatischen Ländern, die eher kollektivistisch geprägt sind, weniger“, sagt Dolls.
Eine andere Studie zeigt: Die Deutschen würden gern sogar noch mehr Zeit im Homeoffice verbringen. Der Konstanzer Professor Florian Kunze untersucht seit Beginn der Corona-Pandemie, die dem Homeoffice erst zum Durchbruch verhalf, immer wieder, wie Arbeitnehmer, Führungskräfte und Unternehmen im Land zu dem Thema stehen. Jüngstes Ergebnis dieser Konstanzer Homeoffice-Studie: Im Schnitt würden die Leute gerne 2,8 Tage pro Woche zu Hause arbeiten.
Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit lässt sich nach Einschätzung von Dolls hauptsächlich dadurch erklären, dass viele Unternehmen, ihre Belegschaft zumindest an einigen Tagen im Büro wissen wollen. Von der Konstanzer Studie wird dieser Verdacht untermauert. Denn Führungskräfte wünschen sich deutlich weniger Homeoffce-Tage als Angestellte.
Abschied vom Homeoffice? Unternehmen halt am hybriden Arbeiten fest
Die gute Nachricht für alle, die das Arbeiten von zu Hause liebgewonnen haben: Die meisten Unternehmen haben nicht vor, dem Beispiel von SAP und Co. zu folgen. Eine Umfrage des Ifo-Instituts zeigt: Nur vier Prozent der Firmen mit Homeoffice möchten es ganz abschaffen. Die Münchner Wirtschaftswissenschaftler beobachten im Gegenteil, dass sich die Homeoffice-Quote stabilisiert hat. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, sagt Dolls.
Das hat damit zu tun, dass mobiles Arbeiten sich zu einem Vorteil bei der Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt hat. Nach einer Umfrage des Portals YouGov sagen 50 Prozent der Menschen, die schon von zu Hause arbeiten können, sie würden kündigen, wenn sie komplett ins Büro zurückkehren müssten. Die Konstanzer Homeoffice-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 71 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bei einer Stellensuche auch auf die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, Wert legen würden.
Dass dennoch immer mal wieder Unternehmen Schlagzeilen machen, weil sie ihre Mitarbeiter zurückholen, hat nach Ansicht der Forschenden einen anderen Grund als die flächendeckende Abkehr vom Homeoffice: die Wirtschaftskrise. „Besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten scheinen manche Unternehmen auf Präsenzpflichten als vermeintliche Strategie zur Produktivitätssteigerung zu setzen“, heißt es in der Konstanzer Homeoffice-Studie. Dass die vor Ort steigt, stimmt aber wohl nur bedingt. Zum einen konnten die Forscher zeigen, dass die Erschöpfung von Angestellten steigt, wenn sie dauerhaft im Büro sein müssen. Zum anderen zeigt eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft (IAO), dass 80 Prozent der Mitarbeiter am produktivsten sind, wenn sie flexibel zwischen Büro und zu Hause wechseln können. Der Nachteil des Homeoffice sei, dass die sozialen Kontakte leiden, und damit auf Dauer auch die Innovationskraft abnehmen könne. Auch IAO sieht deshalb die Zukunft in einem Wechselmodel.
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