Was die neuen Pfandregeln für Einwegflaschen und Dosen bewirken sollen
Ab Januar 2022 wird auf fast alle Einwegflaschen Pfand erhoben, für Dosen gibt es keine Ausnahmen mehr. Welche Regeln gelten und was Umweltschützer dazu sagen.
Wer nach Silvester Getränke in Plastikflaschen kauft, sollte auf das Etikett achten. Denn ab 1. Januar 2022 muss für Einwegflaschen aus Kunststoff grundsätzlich Pfand bezahlt werden. Anders als bisher gehören dann also auch Flaschen, in denen Saft, alkoholische Mischgetränke oder Energydrinks enthalten waren, in den Pfandautomaten. Sie wurden bisher im gelben Sack oder in der gelben Tonne entsorgt. Außerdem fallen die Ausnahmen für manche Getränkedosen weg, etwa für Prosecco. Auf all diese Verpackungen wird ab Januar ein einheitlicher Betrag von 25 Cent Pfand erhoben.
Grundlage dafür ist das Verpackungsgesetz, das im Juli 2021 in Kraft getreten ist und mit dem EU-Recht in Deutschland umgesetzt wird. Wie das Umweltbundesamt mitteilt, sollen durch die neue Regel Sammlung, Sortierung und Verwertung der Verpackungen erhöht und die Entsorgung der Flaschen und Dosen in der Umwelt reduziert werden.
Immerhin 98,5 Prozent der Einweg-Pfandflaschen landen wieder im Automaten
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) befürwortet die Ausweitung der Pfandpflicht. Der Schritt sei konsequent und richtig, da er zu mehr Recycling führe, sagt Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der DUH. "Durch die Erhebung von Einwegpfand ist die Sammelmenge deutlich höher als im gelben Sack", sagt der Fachmann. Die Quote der zurückgegebenen Flaschen und Dosen liegt laut Fischer bei 98,5 Prozent. Das hänge damit zusammen, dass die Menschen ihr Pfand wiederhaben wollen.
Ein weiterer Vorteil des Pfandsystems sei, dass aus diesen Flaschen dann auch wieder lebensmittelechtes Material hergestellt werden darf. Immerhin aus 30 Prozent werden laut DUH wieder neue Getränkeflaschen, die restlichen 70 Prozent gehen in andere Bereiche – etwa in die Herstellung von Transportverpackungen oder Textilien. Flaschen, die im gelben Sack landen, können laut Fischer schon rein rechtlich nicht mehr zu Getränkeflaschen werden – aus diesen Materialien dürfen keine lebensmittelechten Verpackungen mehr produziert werden.
Mehr als 17 Milliarden Einweg-Pfandflaschen werden in Deutschland schon jetzt jährlich verbraucht
In absoluten Zahlen wird klar, warum die Entsorgung von Einwegflaschen in Deutschland ein relevantes Thema ist. 17,4 Milliarden Stück werden schon jetzt jedes Jahr in die Pfandautomaten der Super- und Getränkemärkte und Discounter gesteckt. Das ergaben Erhebungen der Deutschen Umwelthilfe. Kommen Saft- und Milchflaschen hinzu, geht die Organisation von einem Anstieg von weiteren vier Milliarden Stück aus. Milchflaschen sind allerdings vorerst noch von der Pfandpflicht ausgenommen.
Für sie greift eine der zwei Ausnahmeregelungen: Die erste gilt für all die Getränke, die bereits abgefüllt worden sind, für sie gibt es eine Übergangsfrist. Sie dürfen noch bis 1. Juni 2022 pfandfrei im Handel verkauft werden. Noch länger gilt die Ausnahme für die Milchindustrie. Milch und Molkereiprodukte bleiben bis 2024 pfandfrei. Begründet wird das mit hygienischen Probleme bei der Entsorgung von Einwegflaschen, in denen Milch enthalten war.
Für Milch und Molkereiprodukte gilt eine Befreiung von der Pfandpflicht bis 2024
Zufrieden ist der Milchindustrie-Verband offenbar mit diesem Kompromiss nicht, wie in einer Anfrage unserer Redaktion an den Geschäftsführer Björn Börgermann deutlich wird. Er teilt mit, der MIV sei gegen eine Pfandpflicht für Milchflaschen. Diese verteuere die Produkte, außerdem seien die Flaschen schon jetzt im gelben Sack gut entsorgt. Hinzu komme: Die Rückstände in den Flaschen würden sowohl die Pfandautomaten als auch die Kunststoff-Flakes der anderen Flaschen verschmutzen. Dadurch komme die Frage auf, ob der Handel die Milchflaschen dann überhaupt noch bestellen würde. "Wir konnten zunächst erreichen, dass die Pfandpflicht auf 2024 verschoben wurde", so Börgermann. Das gebe dem Verband und dem Handel Anpassungszeit, um etwa die Erkennung auf den Flaschen technisch umzusetzen.
Fischer von der Deutschen Umwelthilfe kann die Position der Milchindustrie nicht nachvollziehen. Dem Kreislaufexperten zufolge gebe es keine gesicherten Erkenntnisse, dass bei der Rückgabe im Pfandautomaten tatsächlich Probleme vorliegen würden. Denn die Automaten müssten ohnehin häufig gereinigt werden, da sich gerade in den Rückständen von zuckerhaltigen Limonaden schnell Keime bilden können.
Mehrwegflaschen sind besser für die Ökobilanz
Ohnehin seien Einwegplastikflaschen aber nicht dafür geeignet, Ressourcen zu schonen, sagt Fischer. Das sei nur mit Mehrwegflaschen möglich. Deren Anteil liegt in Deutschland aktuell aber gerade einmal bei 40 Prozent – im Verpackungsgesetz wurde ein Ziel von 70 Prozent festgehalten. Hier müsse die Politik mehr tun, fordert die Umwelthilfe, etwa durch eine Abgabe auf alle Einwegflaschen. Bis dahin können aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher einen Beitrag leisten. Wer umweltschonend einkaufen möchte, greift laut DUH am besten zu regionalen Mehrwegflaschen. Diese müssten nicht zwingend aus Glas sein. Denn abgesehen davon, dass Plastikflaschen in manchen Situationen praktischer oder sicherer seien, haben sie auch die etwas bessere Ökobilanz. Das liegt an ihrem Gewicht. Sie sind leichter als Glasflaschen, was sich wiederum auf die Logistik auswirkt.
Die Diskussion ist geschlossen.
An Peter und Hans:
Sie verstehen wie es scheint das Funktionssystem der EU-Richtlinien nicht:
Es wird ein Ziel gesetzt - in diesem Fall die Vermeidung von Verpackungsabfällen bzw. die Förderung von Recycling.
Deutschland hat hier, wie andere Länder, unter anderem den Weg des Pfandsystems gewählt.
Österreich hat meines Wissens nach den Weg der Sortierung und Wiederverwertung in den Entsorgungsbetrieben gewählt.
Es ist nicht so, dass die EU hier ein konkretes System fordert (nennt man Föderalismus).
Föderalismus setzt nach allgemeinem Verständnis einen Bundesstaat voraus. Soweit sind wir aber leider noch nicht. In Polen bekam dieser Tage Frau Baerbock die Ablehnung mit folgendem Satz zu hören: „Wir sind nicht interessiert an der Föderalisierung Europas“.
Eine nötige vereinfachte Aussage für das komplexe System der Supranationalen Einrichtung der exekutivföderalen EU. Haben Sie etwas zum Thema beizutragen Herr Eimiller?
Die EU ist kein Bundesstaat und insofern treffen Sie keine „nötige vereinfachte Aussage“, sondern eine falsche Aussage. Was dieses Thema angeht, bin ich sehr sensibel, denn der normale Weg wäre gewesen, erst einen europäischen Bundesstaat zu schaffen und dann die gemeinsame Währung. Helmut Kohl hat das zwar selbst auch so gesehen, er hat aber für sein aus seiner Sicht höherrangiges Ziel „Deutsche Einheit“ der Forderung Frankreichs nachgegeben.
Abschließend noch zwei Hinweise:
Die dem Bundesinnenminister unterstehende Bundeszentrale für politische Bildung schreibt: „In vielen Staaten der EU wird der F. als ZIELPERSPEKTIVE für die Entwicklung der europ. Integration kategorisch abgelehnt. Diese antiföderale Haltung erklärt, weshalb bislang in allen EU-Verträgen die Worte F. oder »föderal« vermieden wurden und stattdessen von der »immer engeren Union der Völker Europas« (Präambel des Vertrags von Lissabon) gesprochen wird.“ (Föderalismus und EU | bpb)
Formulierungen, wie z. B. „Sie verstehen[,] wie es scheint[,] das Funktionssystem der EU-Richtlinien nicht:“, fördern keine sachliche Diskussion.
Sie haben also zum Thema keine Argumente und schießen sich auf einen Begriff ein.
Die Aussage der Kommentare auf die ich mich beziehe gehen in die Richtung "EU schreibt vor das es ein Pfandsystem
Sie reiten vollkommen unsinnig auf einem Wort - das so in der Politikwissenschaft durchaus für die EU verwendet wird - herum.
Gepaart mit unhaltbaren Aussagen (Währung und Staat haben wenig miteinander zu tun - siehe die Geschichte Deutschlands).
Die Aussage der Kommentare auf die ich mich beziehe ist mehr oder weniger "Die EU ist für das deutsche Pfandsystem verantwortlich." und das ist falsch.
Vielleicht sollten die Personen mit sachlichen Argumenten beginnen. Meine Aussage ist auch keine Diskussionsbeitrag, sondern ein Faktum.
@MARTIN G., 20.12.2021: „Währung und Staat haben wenig miteinander zu tun“
Herr Martin G., bitte nehmen Sie folgenden Satz zur Kenntnis:
„Spätestens seit Bodin [französischer Staatstheoretiker im 16. Jh.] gilt die Währungshoheit als ein wesentliches Souveränitätsmerkmal von Staaten.“ (Währung/Währungsreformen | bpb)
(Übrigens, die EU hat z. B. auch keine Verteidigungshoheit.)
Herr Eimiller, ist Liechtenstein ein Staat? Wie sieht es mit dem Senegal und Niger aus? Alles keine Staaten?
Herr Martin G., ich verstehe Ihre Frage nicht. Wenn Sie Zweifel haben, warum „googeln“ Sie nicht selbst? Da ich vermutlich der Ältere bin und mir in jungen Jahren häufig gesagt wurde, der Jüngere läuft (hier: wird tätig), abschließend das letzte Rechercheergebnis von mir, und zwar exemplarisch für Liechtenstein, das als Zwergstaat vermutlich den Aufwand einer eigenen Notenbank scheute aber natürlich seine eigene Währungshoheit besitzt:
„Mit Gesetz vom 26.5.1924 beschloss Liechtenstein mit schweizerischer Duldung die Einführung der Schweizer Währung in Liechtenstein (→ Geld). ... Damit wurde Liechtenstein unter grundsätzlicher Wahrung seiner Währungshoheit formell in das Währungsgebiet der Schweiz eingeschlossen.“ (Währungsvertrag – Historisches Lexikon (historisches-lexikon.li))
Und wo ist der Unterschied, ob die Einwegflaschen direkt im Gelben Sack/Tonne oder den Umweg über den Automaten nehmen. Warum wird nicht versucht die Einwegflaschen zu vermeiden?
Wenn das eine EU Richtlinie ist, warum wird das EU weit nicht umgesetzt. Es wird zuwenig getan für die Müllvermeidung. Außerdem ist der Gesetzgeben nicht willens, endlich mit der Vielfalt der Plastikflaschen einheitliche Materialvorgaben zu erlassen, durch das viele Misch Masch ist es sehr schwierig mit der Widerverwertung. Es fehlt am Willen wirklich was zu ändern.
"Grundlage dafür ist das Verpackungsgesetz, das im Juli 2021 in Kraft getreten ist und mit dem EU-Recht in Deutschland umgesetzt wird".
Was bedeutet dieses "EU-Recht"? Heißt das, dass in Zukunft auch im Ausland Pfand bezahlt werden muss? Ich musste bis jetzt noch nie im Ausland Pfand auf Plastikflaschen /-verpackungen bezahlen.