Ob das Mailänder Geldhaus Unicredit doch sein Ziel erreicht und die Commerzbank übernimmt, ist ungewiss. Sicher ist: Der Wirtschaftskrimi bleibt spannend. Zumal die Bundesregierung sich erneut klar gegen die Italiener positioniert hat. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Stand der Dinge:
Wer sind überhaupt die relevanten Anteilseigner der Commerzbank?
Der Bund ist mit einer Beteiligung von rund zwölf Prozent noch immer der größte Anteilseigner der Commerzbank. Er hatte den Finanzkonzern in der Finanzkrise mit 18,2 Milliarden Euro gestützt und war mittels des Finanzmarktstabilisierungsfonds über Aktien und Stille Einlagen eingestiegen. Im Juni 2009 war er mit rund 25 Prozent beteiligt – die Bank also teilverstaatlicht. In mehreren Schritten wurde der Anteil des Bundes in den Folgejahren reduziert. Die Unicredit wiederum hatte sich im September 2024 einen Teilausstieg des Bundes zunutze gemacht. Derzeit hält das italienische Traditionshaus rund 9,5 Prozent der Aktien an der Commerzbank. Über Derivate und andere Finanzinstrumente hat sie den weiteren Angaben zufolge allerdings Zugriff auf weitere 18,6 Prozent. Der Bund hat seine Aktienverkäufe gestoppt.
Was will die Bundesregierung?
Die Bundesregierung setzt, so schrieb Kanzler Friedrich Merz kürzlich, auf eine „starke und unabhängige Commerzbank“. Laut Bundesfinanzministerium ist die Commerzbank „eine systemrelevante Bank mit bedeutender Mittelstands- und Außenhandelsfinanzierung in Deutschland“.
Warum hat die Unicredit überhaupt Interesse an der Commerzbank?
In einer Mitteilung von Dezember vergangenen Jahres schreibt Unicredit, dass in der Commerzbank ein erheblicher Wert vorhanden sei, den es zu heben gelte. „Er spiegelt den Glauben an Deutschland, seine Unternehmen und sein Gemeinwesen sowie die Bedeutung eines starken Bankensektors für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wider.“ Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, erklärt das Interesse im Gespräch mit unserer Redaktion so: „Die üblichen Argumente wären: Synergien ziehen und neue Geschäftsfelder erschließen. Da die Unicredit aber mit der Hypovereinsbank bereits eine Tochter hat, die ebenfalls den deutschen Mittelstand als Hausbank bedient, liegt der Verdacht nahe, dass es schlicht um Marktmacht geht.“ Wenn mit der Commerzbank ein Wettbewerber weniger da sei, könne man danach theoretisch „schlechtere Leistungen zu einem teureren Preis verkaufen.“
Wie wehrt sich die Commerzbank?
Die hat eine sogenannte „Momentum“-Strategie aufgesetzt. Sie wurde im Februar 2025 präsentiert und es werden darin deutlich ambitioniertere Finanzziele als bisher gesetzt. Bis 2028 strebt die Bank zudem ein Nettoergebnis von 4,2 Milliarden Euro an. Bis dahin sollen zudem bis zu 3900 Vollzeitstellen wegfallen. Zugleich werde verlagert und Personal an anderer Stelle aufgebaut, so dass in der Summe der Personalbestand auf Konzernebene „weitgehend konstant“ bleibe, heißt es. Ende März zählte die Bank weltweit rund 39.069 Mitarbeitende.
Wie ist die aktuelle Gefechtslage?
Der Unicredit-Vorstandsvorsitzende, Andrea Orcel, hat Erwartungen an eine Übernahme der Commerzbank vorerst gedämpft. Er sagte vergangene Woche dem US-Sender CNBC, man sei derzeit „weit entfernt“ von einem konkreten Übernahmeangebot. Zunächst strebe die Bank eine „konstruktive Lösung“ für den Widerstand aus der deutschen Politik an. Unicredit sei, so erklärte Orcel weiter, ursprünglich eingeladen worden, ein Angebot abzugeben. Beim derzeitigen Kursniveau der Commerzbank sehe man jedoch „keinen Wert für unsere Investoren“. Es gebe viel Aktivität, die darauf abziele, den Kurs künstlich oben zu halten, „aber wir sind geduldig“, sagte Orcel. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp konterte laut Handelsblatt auf einer Bankenkonferenz von Goldman Sachs. Sie sagte den Angaben zufolge dort: „Was wir nicht mögen und nicht akzeptieren, ist jeder Ansatz, der unseren Aktienkurs und unsere Strategie untergräbt.“ Klar ist: Ein niedrigerer Kurs würde eine Übernahme leichter machen.
Warum ist die Commerzbank vorgeblich so unentbehrlich für Deutschland?
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), meint zwar, dass die Commerzbank eine „wichtige Bank für den deutschen Mittelstand“ und es von zentraler Bedeutung sei, dass die Commerzbank in Zukunft ihre Aufgabe gegenüber den Unternehmen nach Möglichkeit noch deutlich besser erfüllen könne. Er sagt im Gespräch mit unserer Redaktion aber auch: „Es gibt keinen Grund, weshalb die Commerzbank nicht auch Teil von Unicredit sein soll, um diese Aufgabe noch besser erfüllen zu können. Die Politik sollte die Entscheidung dem Markt überlassen und sich nicht erneut protektionistisch verhalten.“ Größere paneuropäischen Finanzinstitutionen seien wichtig für die Zukunft Europas und auch Deutschlands. (mit dpa)

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