Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Zu Guttenberg: Wie Friedrich Merz mit Donald Trump umgehen sollte

Interview

Zu Guttenberg: „Die letzte Watschn, die Europa bekommen hat“

    • |
    • |
    • |
    AZ-Live mit Karl-Theodor zu Guttenberg im kleinen goldenen Saal in Augsburg. Moderation: Politikredakteurin Margit Hufnagel und Chefredakteur Peter Müller.
    AZ-Live mit Karl-Theodor zu Guttenberg im kleinen goldenen Saal in Augsburg. Moderation: Politikredakteurin Margit Hufnagel und Chefredakteur Peter Müller. Foto: Bernhard Weizenegger

    Nach Trumps Zoll-Hammer, Herr zu Guttenberg, beben weltweit die Börsen. Hat sich Ihr Vermögensberater schon bei Ihnen gemeldet?
    KARL-THEODOR ZU GUTTENBERG: Es sind muntere Monate. Wie Donald Trump die Zölle herleitet, hat mit Makroökonomie ungefähr so viel zu tun wie die christliche Schöpfungslehre mit Biologie. Aber, und das wird gerne vergessen, er ist nicht erst seit drei Monaten im Amt, sondern seit vier Jahren und drei Monaten. Ich bin immer wieder überrascht, wie viele überrascht von ihm sind. Wenn man auf die größten Schockelemente der letzten Wochen schaut, waren die meisten davon angekündigt.

    Seine Wähler sind zufrieden, die Zustimmungswerte hoch. Aber nun wurden immense Geldsummen vernichtet. Ist das die Wende?
    ZU GUTTENBERG: Es ist zumindest verdammt dünnes Eis, auf dem er tanzt. Nicht gerade mit Elfengewicht. Die Menschen bewegt am Ende wirklich, wie es in der eigenen Hosentasche aussieht. Es besteht die Gefahr einer Stagflation in den USA und die einer globalen Rezession. Das könnte also direkt bei den US-Bürgern landen. Die Frage ist, wann und ob er es schafft, den Hebel herumzureißen. Oder ob etwas viel Größeres hinter dem steckt, was wir gerade zu begreifen versuchen. Bei Trump über einen tiefen intellektuellen Plan zu räsonieren, ist allerdings verwegen. Auch wenn es hinter ihm intellektuelle Köpfe gibt.

    Menschen, die wollen, dass sich der Staat so weit wie möglich aus dem Alltag der Menschen zurückzieht…
    ZU GUTTENBERG: ... die wollen, dass libertäres Gedankengut Platz greift. Darunter sind einige Tech-Milliardäre, aber auch andere, die vielleicht nicht ganz so viel Geld verdienen, aber genau von dieser Welt träumen. Die aber kann nur entstehen, wenn man mit der Abrissbirne vorgeht. Da sehe ich die größere Gefahr. Denn für manche dieser Protagonisten ist Trump der nützliche Idiot.

    Trump, so hört man immer wieder, sei schon ein Spinner, aber – heißt es dann – der mache wenigstens was. Es gibt bei manchen die Sehnsucht nach jemandem, der durchzieht. Die finden Trump faszinierend. Wie erklären Sie sich das?
    ZU GUTTENBERG: Trump kann man vieles absprechen, aber eines sollte man ihm zugestehen: Er hat ein natürliches Charisma. Ob das auf uns selbst wirkt, ist eine andere Frage. Er erreicht aber Menschen. Sei es durch seine verbale Brutalität, durch seine rhetorische Abgründigkeit. Ob er authentisch ist oder nicht, weiß ich nicht, aber die Leute nehmen ihn als authentisch wahr. Bei uns werden viele Politikschaffende nur noch als Sprechblasen, als Kunstfiguren ihres eigenen Charakters wahrgenommen. Trump bildet einen Gegenpol. Und er hat Dinge umgesetzt, die wir wenig vergnüglich finden mögen, die aber in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung gegriffen haben.

    Wo waren Sie als Trump Selenskyj im Oval Office in die Falle gelockt hat? Was hat das mit ihnen gemacht?
    ZU GUTTENBERG: Ich saß zu dem Zeitpunkt in New York in einer Aufsichtsratssitzung. Da waren unter anderem ein ehemaliger Speaker und ein Ex-Verteidigungsminister, beides Republikaner. Die waren wie vom Donner gerührt. Und die sagten einerseits: Das ist nicht mehr das Amerika, das wir kennen. Und andererseits: Das wird bei den Menschen in unserem Land leider sehr gut ankommen. Für uns bedeutet das: Es war die letzte Watschn, die Europa bekommen hat, um endlich zu verstehen, dass wir verdammt noch mal unsere Hausaufgaben selbst machen müssen. Die USA werden nicht bis an den Sankt-Nimmerleins-Tag unsere Sicherheitspolitik übernehmen und die Drecksarbeit machen, während wir uns dabei einen schlanken Fuß genehmigen.

    Werden deutsche Soldaten irgendwann die Grenze nach Russland absichern müssen?
    ZU GUTTENBERG: Wenn sich Europa entscheiden muss, Teil einer Friedenssicherung zu sein, wird Deutschland sich nicht entziehen können. Alles andere gefährdet den ohnehin brüchigen europäischen Zusammenhalt. Europa ist der größte Binnenmarkt der Welt. Europa muss lernen, mit Selbstbewusstsein und nicht mit vorauseilender Selbstaufgabe oder einer Opferrolle aufzutreten, nicht nur als zerstrittene Gemeinschaft wahrgenommen zu werden. Andernfalls werden wir den Zynikern in Washington, Moskau, Peking und an einigen anderen Orten nicht standhalten können.

    Wie sollte Friedrich Merz mit Trump umgehen?
    ZU GUTTENBERG: Mit einer Mischung aus Geschmeidigkeit und Härte, mit absolutem Selbstbewusstsein. Das traue ich ihm zu. Diese Kombination war bei Selenskyj nicht optimal gegeben, er war in der denkbar ungünstigsten Rolle, der des Bittstellers. Ein befreundeter Journalist hat mal gesagt: Selenskyj hätte mit einem großen, golden verpackten Paket ins Oval Office kommen müssen, mit einer riesigen Schleife darauf. Und in diesem Paket wäre dann der größte, schwerste, mit Edelsteinen besetzte Orden, den die Ukraine je vergeben hat. Selenskyj hätte sagen müssen: Dieser höchste Orden der Ukraine wird genau einmal vergeben, an dich, lieber Donald. Das ist – um auf Merz zurückzukommen – vermutlich die Art von Geschmeidigkeit, die man einem Menschen entgegenbringen muss, der die Worte „prunkvolle Egomanie“ fehlerfrei buchstabieren kann.

    AZ-Live mit Karl-Theodor zu Guttenberg im kleinen goldenen Saal in Augsburg. Moderation: Politikredakteurin Margit Hufnagel und Chefredakteur Peter Müller.
    Icon Galerie
    24 Bilder
    Der Ex-Verteidigungsminister ist zu Gast in Augsburg und spricht über die USA unter Donald Trump, das deutsch-amerikanische Verhältnis und die europäische Sicherheit.

    Massiv gesteigerte Verteidigungsetats sind Trump wichtig. Die Deutschen müssten „kriegstüchtig“ werden, hat Boris Pistorius gesagt. Geld ist nun genügend da...
    ZU GUTTENBERG: Ich hätte bei diesen Beträgen damals Purzelbäume gemacht... Im Ernst, das ist ein ganz schwieriges Thema. Ich habe auch erst gezuckt, kann aber dem Begriff „kriegstüchtig“ inzwischen etwas abgewinnen. Denn: Wir haben Krieg in Europa. Und wir haben einen so irrsinnigen Aufholprozess angesichts der Versäumnisse der letzten Jahrzehnte, an denen ich – ich sage das in aller Selbstkritik – auch kurzfristig mitbeteiligt war. Pistorius ist jemand, der anspricht, was ist – nicht, was wir gerne hätten.

    Braucht es die Wehrpflicht?
    ZU GUTTENBERG: Ich habe damals bewusst die Unterscheidung gemacht, die Wehrpflicht nicht abzuschaffen, sondern sie auszusetzen. Und ich habe damals auch öffentlich gesagt – was in der Berichterstattung gerne unterschlagen wird – dass ich nicht weiß, wie sich unsere Welt in 20 Jahren darstellt. Ich finde es also richtig, diese Diskussion zu führen. Ich persönlich war immer ein Anhänger einer sinnvoll gestalteten Wehrpflicht. Die gab es damals angesichts der Kürzungsorgien nicht mehr. Mir hat dieses Jahr sehr gutgetan. Und man kann diesem Land, in dem es uns vergleichsweise nicht nur schlecht geht, etwas zurückgeben. Man muss den Menschen aber reinen Wein einschenken.

    Diese gigantischen Milliarden-Summen und die Diskussion über die Wehrpflicht bleiben sehr abstrakt. Ganz konkret: Sie sind Vater von zwei Töchtern. Wenn die nun in den Krieg ziehen müssten?
    ZU GUTTENBERG: Wenn die Alternative ist, dass man sich einem Schlächter aus Moskau unterwirft? Und wenn das, was wir über alles schätzen, nämlich die in Jahrzehnten wiedergewonnene Freiheit in Europa, verloren gehen würde? Wie schnell so etwas kippen kann, das hat die Geschichte immer wieder gezeigt. Deshalb war und ist das für mich weit weniger abstrakt. Nehmen Sie die Sabotage-Attacken, die in unserem Land stattfinden, wie unliebsame Regimegegner bei uns umgebracht werden, wie aktiv auf die politische Entwicklung eingewirkt wird. Das kommt ja nicht nur aus Moskau. Da draußen sind noch ein paar andere zerstörerische Charaktere unterwegs. Das ist Realität und dagegen müssen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Mit aufgerüsteten Mähdreschern werden wir uns nicht wehren können. (Protokoll: Stefan Küpper)

    Zur Person

    Karl-Theodor zu Guttenberg war Bundeswirtschafts- und Bundesverteidigungsminister. Der 53-Jährige hat lange in den Vereinigten Staaten gelebt und gearbeitet. 

    Diskutieren Sie mit
    3 Kommentare
    Winfried Karg

    Was bitte soll das? Ist Herr zu Guttenberg für diesen Auftritt dadurch qualifiziert, dass er mal in den USA gelebt hat? Er verbreitet Allgemeinplätze: Dass Präsident Trump nicht besonders intellektuell sein mag, dass wir uns Putin nicht unterwerfen sollten und dergleichen mehr. Das alles konnte man schon mal lesen, sogar in Ihrer Zeitung, wenn auch nicht aus freiherrlichem Mund. Und für diese Veranstaltung haben Sie Eintritt kassiert? Wenn Sie als Zeitung ernst genommen werden wollen, sollten Sie solche Fehlgriffe vermeiden, oder eine Themenwoche Kabarett einführen.

    Wolfgang Schwank

    Nach dem Exklusivauftritt jetzt also auch noch ein Interview. So sind wir in der Lektüre von aneinandergereihten Allgemeinplätzen - Wahrheiten und Halbwahrheiten, teils der bekannte Schnee von Gestern - informativ nicht schlauer geworden. Vermutlich werden die freiherrlichen Auftritte auch noch mit Honorar belohnt.

    |
    Franz Wildegger

    Da muss doch selbst ich Ihnen mal beipflichten, hätte er lieber früher daran gedacht und die Bundeswehr um jeden Preis erhalten, statt jetzt schlaue Reden zu schwingen die er sich wohl bezahlen lässt!

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden