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Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolbild)
Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolbild)

Abszesse und Furunkel können sehr quälend sein. Oft hilft dann nur ein Besuch beim Arzt.

Haut
08.04.2020

Abszesse und Furunkel behandeln: Was hilft dagegen?

Von Sibylle Hübner-Schroll

Ob Furunkel oder Abszesse: Eiterbeulen können quälend sein und immer wieder kommen. Wie lassen sie sich behandeln? Was sind die Ursachsen?

Furunkel und Abszesse können eine Belastung sein. Eine Frau schreibt in einem Internetforum: „Wollte nur kurz berichten, dass ich das grausige Ding fast wieder los bin“. „Will mal hoffen, dass ich nicht so schnell wieder Bekanntschaft mit diesen Abszessen mache. Dann doch echt lieber jeden Tag zum Zahnarzt...“ Andere sprechen von „ekligen Biestern“ oder gar „kleinen Monstern“.

Und so vielfältig wie die Hilferufe, die sich im Netz finden, sind auch die Ratschläge, wie man den Quälgeistern beikommen kann: Die Tipps der Betroffenen reichen von fettarmer Kost bis hin zum Auftragen von Teebaumöl oder zur Einnahme homöopathischer Kügelchen.

Abszesse und Furunkel entfernen: Entfettende Seifen und Desinfektionsmittel schwächen Hautabwehr

Keine Frage: Furunkel oder Abszesse sind ein häufiges Problem in der dermatologischen Praxis, viele quälen sich – oft lange – mit solchen Eiterbeulen herum. Betroffen seien bevorzugt Menschen mit geschwächter Hautbarriere, sagt Professor Julia Welzel, Dermatologie-Chefärztin am Augsburger Klinikum. Schließlich sei die Haut bedeckt mit Bakterien, dem sogenannten Haut-Mikrobiom, einer Keimgesellschaft, „die wir zum Leben brauchen“, wie Welzel betont.

In dieser Gesellschaft herrscht beständig ein Kampf zwischen gut und böse. Und nicht immer siegen „die Guten“. Normalerweise hielten antimikrobielle Substanzen, die die Haut selbst produziert, gemeinsam mit dem Säureschutzmantel und dem Mikrobiom potenzielle Krankheitserreger in Schach. Doch „kommt es zu einem Missverhältnis, etwa weil die Haut zu stark mit entfettenden Seifen gewaschen wird oder zuviel Desinfektionsmittel verwendet werden, wird die Hautabwehr schlechter“, erläutert Welzel.

Furunkel: Eine schmerzhafte durch Keime ausgelöste Infektion

Aber nicht nur die Störung der Hautabwehr durch äußere Einflüsse, auch ein genetisch bedingter Barrieredefekt (wie er bei Neurodermitis vorhanden ist) oder eine Abwehrschwäche infolge eines Diabetes können das Eindringen von Eitererregern unter die Haut erleichtern und so das Risiko für einen Furunkel oder Abszess erhöhen. Beides ist nicht dasselbe wie ein Pickel, bei dem es sich um eine oberflächliche, nicht in die Tiefe reichende Entzündung eines Haarbalgs handelt. Ein Furunkel dagegen ist laut dermatologischer Leitlinien eine „schmerzhafte, den gesamten Haarfollikel erfassende“ und zumeist durch den Keim Staphylococcus aureus ausgelöste Infektion.

Und diesen Keim tragen viele Menschen ganz alltäglich mit sich herum, was normalerweise auch nichts ausmacht. Wenn er aber seine Chance bekommt, führt er zur Infektion. Über die Lücke in der Haut an der Austrittststelle eines Haares kann er in den Haarbalg eindringen. Da Männer tiefer reichende Haarwurzeln haben als Frauen und zudem auch kräftigere Haare, seien Männer etwas häufiger von Furunkeln betroffen, sagt Welzel.

Beim Furunkel handelt es sich um einen schmerzhaften, prall gespannter Knoten mit einem Durchmesser von 0,5 bis zwei Zentimetern im Bereich eines Haarbalgs – und dies bevorzugt in der Nackenregion, im Gesicht, unter den Achseln, in der Anogenitalregion oder an den Oberschenkeln. Bildet sich Eiter in einer Zyste oder in einem anderen Hohlraum, unabhängig von einem Haar, so spricht man von einem Abszess. Im Stadium der „Reifung“ kann sich der Eiter zwar spontan entleeren, doch oftmals müssen die Ärzte nachhelfen. Die Inzision – also das Hineinstechen oder -schneiden und Eröffnen des Furunkels – nimmt den Druck aus dem Gewebe.

Abszesse: Raucher haben oft Probleme

Braucht man dafür eine Vollnarkose? Nein, sagt Julia Welzel. Zwar lässt sich entzündete Haut schlecht lokal betäuben, eine Injektion in den Bereich ist zudem wegen der Gefahr einer Keimverschleppung nicht erwünscht – doch man kann den Furunkel vereisen. Zudem sei das Eröffnen der Geschwulst zur Entlastung eine Sache von Sekunden. Das bestätigt auch der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern im Berufsverband der Dermatologen, Dr. Steffen Gass aus Günzburg: Mit der Entlastung unter „Kryoanästhesie“ könne man den Patienten relativ schnell helfen, erklärt er.

Für den niedergelassenen Dermatologen Gass sind Abszesse und Furunkel ein alltägliches Thema. Etwa zwei bis dreimal pro Woche kämen Patienten in die Praxis, die entweder einen einzelnen Furunkel haben, die unter mehreren Abszessen auf einmal leiden oder auch über Monate oder Jahre hinweg immer wieder Probleme mit den Eiterbeulen haben, erzählt er. Die meisten, fügt er hinzu, seien übrigens Raucher.

Viele haben zuvor schon selbst Hausmittelchen ausprobiert, um sich des Problems zu entledigen. „Es wird viel herumprobiert, gerade von Patienten, die so etwas öfter haben“, sagt Gass. Kann man denn selbst etwas Sinnvolles tun? Weder Gass noch Welzel sprechen sich gegen „Zug-salben“ aus, die in der Apotheke erhältlich sind und Furunkel oder Abszesse zur Reifung bringen sollen. Zugsalben seien zwar nur mäßig wirksam, aber nicht falsch, meint Welzel. Auch feuchte Kompressen mit Antiseptika könnten die erkrankten Stellen beruhigen und gut funktionieren, so Gass. Selbst an einem Furunkel oder Abzess herumquetschen ist allerdings tabu – es kann, gerade bei einem Furunkel im Gesicht, sogar gefährlich werden.

Abszesse und Furunkel behandeln: Beides sollten Sie ernst nehmen

Allerdings: Mit dem ärztlichen Eröffnen eines Furunkels ist es nicht immer getan. Bei etwa jedem Dritten müsse man nach der Abheilung operieren, um Keimverstecke zu beseitigen, sagt Welzel. Das geschieht nach Angaben der Hautärzte unter Lokalanästhesie oder selten bei sehr großen Herden unter Vollnarkose. Zudem sei in der Nase mancher Leute ein Erregerreservoir vorhanden, heißt es. Bei häufig wiederkehrenden Furunkeln könne es daher sinnvoll sein, einmal einen Nasenabstrich machen zu lassen. Falls Staphylokokken gefunden werden, solle man den Bereich mit Hilfe einer antibiotischen Nasensalbe sanieren, um Neuinfektionen vorzubeugen.

Auf die leichte Schulter nehmen sollte man Abszesse oder Furunkel jedenfalls nicht. Zwar können sie mitunter von selbst wieder verschwinden, doch im Extremfall auch zu einer Blutvergiftung führen. Deshalb werden, wenn der Patient Anzeichen einer Allgemeinreaktion wie etwa Fieber zeigt, auch Antibiotika eingesetzt, so Gass. Bei Fieber oder Lymphknotenschwellungen, sagt Welzel, solle der Patient schnellstmöglich zu einem Arzt.

Hinweis der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Beitrag aus unserem Online-Archiv.

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