Ärzte verschreiben zu oft Antibiotika
Antibiotika werden auch bei "harmlosen" Krankheiten zu oft verschrieben. Das ist für den Patienten gefährlich, denn so bilden sich Resistenzen.
Antibiotika töten Bakterien, allerdings nicht ohne Nebenwirkungen. Besonders Antibiotikamedikamente aus der Gruppe der Fluorchinolone werden nun durch die Europäische Zulassungbehörde für Arzneimittel (EMA) einer neuen Risikobewertung unterzogen. Laut einer Pressemitteilung des wissenschaftlichen Instituts der AOK wurden Antibiotika mit dem betroffenen Wirkstoff 2015 am vierthäufigsten verordnet.
Antibiotika werden schon bei Erkältungen verschrieben
Die Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone sind antibakteriell und helfen bei lebensbedrohlichen Infektionen. Sie werden laut der AOK allerdings auch häufig bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen oder Bronchitis verschrieben. Niedergelassene Ärzte verordneten im vergangenen Jahr 27 Prozent der erkältungsbedingt krankgeschriebenen Beschäftigten Antibiotika. "Angesichts der möglichen schwerwiegenden und langandauernden Nebenwirkungen wie Sehnenrissen, psychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen, sollten diese Reserveantibiotika nur nach gründlicher Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt eingesetzt werden", so Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Die Verschreibungen bei Erkältungen beispielsweise, gehen laut Techniker Krankenkasse zwar zurück, allerdings müsse noch mehr in diese Richtung getan werden, so Tim Steimle von der TK. "Die überwiegende Zahl der Erkältungsinfekte ist durch Viren hervorgerufen - und gegen eine Virus-Infektion hilft das Medikament nicht." Beim falschen Einsatz von Antibiotika können sich multiresistente Erreger bilden, gegen die das Medikament dann nicht mehr wirkt.
Auch Gesundheitsminister Hermann Gröhe warnt vor sorglosem Einsatz des Medikaments. "Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, bricht eine tragende Säule unserer Gesundheitsversorgung weg", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Gröhe spricht Ärzten im Kampf gegen den unbedachtem Einsatz eine Schlüsselrolle zu. Allerdings bräuchte es auch in der Bevölkerung ein stärkeres Bewusstsein dafür, "dass Antibiotika nicht bei jedem Husten oder einer tropfenden Nase helfen".
Diese Antibiotika werden am häufigsten verschrieben
Unter den Antibiotika mit dem Wirkstoff Fluorchinolon ist Ciprofloxain das führende Mittel mit fast 63 Prozent der Verordnungen. Auf Grundlage von AOK-Versicherten haben 2015 mehr als vier Millionen -und damit sechs Prozent aller GKV-Versicherten- Antibiotikum mit dem Wirkstoff Fluorchinolon erhalten. Laut AOK werden mehr als ein Drittel der Antibiotika von Hausärzten verschrieben.
Je nach Schwere und Häufigkeit der Nebenwirkungen kann bei der EMA ein Risikobewertungsverfahren angesetzt werden. Genau dies wurde im Februar für Antibiotika mit Fluorchinolon angestoßen. Ein solches Verfahren läuft lediglich für fünf weitere Medikamente. Bei 2500 Wirkstoffen ist das eine sehr überschaubare Zahl.
Die Verschreibung von Antibiotika solle laut dem wissenschaftlichen Institut der AOK weiterhin nach der goldenen Regel "So selten wie nötig und so gezielt wie möglich" gehandhabt werden. "Nur so kann sichergestellt werden, dass die zukünftigen Therapiechancen eines Antibiotikums nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt und gleichzeitig die Patienten nicht unnötigen Gefahren ausgesetzt werden", so Schröder.
Zusätzlich fordert Gröhe im Kampf gegen Resistenzen globales Handeln. Ein wichtiger Fortschritt sei, dass man sich beim G20-Treffen der Gesundheitsminister darauf verständigt habe, internationale Forschungspartnerschaften stärker zu fördern.
Der Rückgang der Antibiotika-Verschreibungen fällt laut TK mit der Entwicklung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) 2008 zusammen. 2015 hat die Bundesregierung diese Strategie weiterentwickelt und DART 2020 verabschiedet, mit der unter anderem schärfer gegen den Missbrauch von Antibiotika vorgegangen werden soll. Das Forschungsministerium fördert die Antibiotikaforschung mit rund 30 Millionen Euro im Jahr. dpa/EJ
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80 % aller Ärzte sind eh Kurpfuscher und haben begrenztes Schulwissen.