Bloggen als Therapie: Wie das Netz den Tumor besiegen soll
Der Trend, bei schweren Krankheiten das persönliche Schicksal online mit der ganzen Welt zu teilen, kommt aus den USA. Auch einer deutschen Frau hat das Bloggen geholfen.
Heutzutage teilen viele Menschen ihre Privatsphäre online mit Millionen fremden Menschen. Aus den USA kommt der Trend, bei schweren Krankheiten nicht Halt zu machen, sondern in einem Blog sämtliche Erlebnisse festzuhalten. Auch Janine Schmidt hat sich dafür entschieden, ihren Kampf gegen den Krebs öffentlich auszutragen. Vor eineinhalb Jahren hatten Ärzte einen handballgroßen Tumor unterhalb ihres Brustkorbs gefunden - Janine musste umgehend behandelt werden.
"Krebs 2.0" nennt Janine Schmidt das Phänomen, in Blogs im Internet sämtliche Erfahrungen über das Leben mit Krebs zu veröffentlichen. Sie hält in der Berliner Stiftungswoche einen Vortrag mit dem selben Titel. Schon kurz nach ihrer Diagnose umschrieb sie den Tumor mit dem Namen Henry. So konnte sie leichter über den Krebs reden. Ihr Blog trug daher den Titel "Fuck off Henry" (dt. "Verpiss dich, Henry"). Seit einem Jahr ist die heute 33-Jährige krebsfrei.
"Krebs 2.0": Blogs sind wie eine online Selbsthilfegruppe
Vor der Krebs-Diagnose hatte Janine Schmidt im Internet nicht viel von sich preisgegeben. Doch sie ist auch nicht die einzige, die nach der Diagnose ihre Krankengeschichte online stellt. Unter dem Hashtag "fuckcancer" berichten viele Menschen, vor allem aus den USA, von ihren eigenen Erkrankungen oder denen ihrer Verwandten. Auch Autor Wolfgang Herrndorf, der 2013 gestorben ist, hatte sich in dem Blog "Arbeit und Struktur" mit seinem Hirntumor beschäftigt.
Psychologin Elisa Matos May von der Berliner Krebsgesellschaft findet es nicht schlecht, dass Patienten ihre Krankheit mit "Krebs 2.0" im Internet nachzeichnen. Solche Online-Tagebücher können Struktur in den Alltag bringen und ähneln Selbsthilfegruppen. Das eigene Schicksal wird so nicht nur gezeigt, sondern gibt anderen Betroffenen auch Mut und Hilfestellungen. Matos May rät aber dringend dazu, Foren mit gesundheitlichen Diskussionsthemen zunächst nach Zielen und Datenschutz zu überprüfen und unter Pseudonymen zu kommunizieren. dpa/sh
Die Diskussion ist geschlossen.