
Experten kritisieren Down-Syndrom-Test: "Jeder ist potenzieller Behinderter"

Das Down-Syndrom ist durch einen Bluttest vor der Geburt erkennbar. Ethikrat und CDU kritisieren den neuen Test.
Monatelang haben Politiker, Behindertenverbände, Ärzte und Theologen über den neuen Bluttest für Schwangere diskutiert. Seit Montag ist der Test zur vorgeburtlichen Bestimmung des Down-Syndroms nun verfügbar, nach Angaben des Herstellers Lifecodexx in bisher zehn Praxen in Bayern, davon allein drei in München.
Zunächst soll der Test ausschließlich bei Frauen mit Risikoschwangerschaften ab der 12. Woche angewendet werden, bei denen nach Routineuntersuchungen ein Verdacht auf Down-Syndrom des Embryos besteht. Der Test kostet 1250 Euro und muss selbst bezahlt werden. Weder sei der Bluttest genauer als die Fruchtwasseranalyse, noch könne er diese ersetzen, räumt Elke Decker, Sprecherin von Lifecodexx, ein. „Bei einem positiven Ergebnis empfehlen wir weitere Untersuchungen.“
Im Gegensatz zur Fruchtblasenpunktion soll der neue Test komplikationslos sein, wodurch nach Einschätzung des Unternehmens bis zu 700 Kindern das Leben gerettet werden könne, die jährlich bei invasiven, also das Gewebe verletzenden Untersuchungen sterben. Der neue Test überprüft anhand des Bluts der Schwangeren, in dem auch Bruchstücke des Erbmaterials des Embryos enthalten sind, ob die zu erwartende Anzahl von Bruchstücken des Chromosoms 21 erhöht ist. Elke Decker spricht von „sehr vielen“ konkreten Anfragen von Frauen und Ärzten nach dem Test.
Augsburger Weihbischof fürchtet „gläsernen Menschen“
Kritiker befürchten, dass die immer exaktere Diagnostik zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen führen könnte, da immer mehr Erbkrankheiten bereits vor der Geburt erkannt würden. Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, ihm bereite Sorgen, dass ethische Überlegungen nicht mit der Forschung Schritt halten könnten. Die Entwicklung gehe „in Richtung eines gläsernen Menschen, zum Preis eines USB-Sticks“.
Losinger, der Mitglied des Deutschen Ethikrates ist, gab zu bedenken, dass weniger als 20 Prozent aller Behinderungen vor oder bei der Geburt auftreten. Alle sonstigen Behinderungen entstünden aus anderen Gründen, etwa durch Unfälle. „Wir sitzen alle in einem Boot. Jeder ist ein potenzieller Behinderter“, sagte Losinger. Zwar sei der Bluttest an sich ungefährlicher als andere Tests – doch je unkomplizierter die Untersuchung, desto wahrscheinlicher sei auch ein Schwangerschaftsabbruch. Auch der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), bedauerte die Zulassung des Tests. Die Ankündigung von Lifecodexx, dass man an weiteren Diagnosen arbeite, zeige, „dass das Fahndungsnetz immer dichter wird“. (mit dpa, kna)
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