Gunther von Hagens: Jesus am Kreuz als letztes großes Werk
Der Leichen-Plastinator Gunther von Hagens polarisiert mit einem neuen Projekt: Er hat aus mehreren Körpern einen gekreuzigten Jesus geformt.
Der Körperwelten-Plastinator Gunther von Hagens polarisiert mit einem neuen Projekt: Er hat einen Körper ans Kreuz genagelt. Doch wie es bei von Hagens üblich ist, ist dieser nicht als vollständiger, unversehrter Körper zu sehen. Es handelt sich vielmehr um den Körper einer Leiche, die der Heidelberger Präparator aufgehängt hat. Zu sehen sind nur die Blutgefäße und das Skelett. Gunther von Hagens sagt über das Werk: Die Skulptur sieht aus, als ob Jesus förmlich festgefroren wäre zwischen den Zeiten. Als ob er zwischen Tod und Verfall verweilen würde, seit dem Moment, in dem er ans Kreuz genagelt wurde."
Präparation mit neuester Technik
Von Hagens hat die Skulptur nach einer neuen Technik geformt. Verwendet hat er dabei Gefäße und Körperteile von mehreren Menschen. Insgesamt ein halbes Jahr haben die Arbeiten gedauert, die von einem Dokumentarfilm-Team begleitet wurden. Zu sehen war der Film bisher nur im britischen Fernsehen. Der Sender "Channel 4" hat ihn am Ostersonntag um 22 Uhr im Abendprogramm gesendet. Die Reaktion des Publikums ist bisher offenbar übewiegend positiv.
"Eine exzellente Dokumentation", schreibt ein Besucher der Internetseite des TV-Senders. "Wenn es um die menschliche Anatomie geht, ist er ein wahres Genie." Eine andere Besucherin schreibt: "Ich bin froh, dass es nicht nur um die Effekte ging, sondern um seine Kunst, die ihm so wichtig ist."
Von Hagens: "Mein bestes Werk"
Für von Hagens, der seit 2008 schwer an Parkinson erkrankt ist, ist sein Jesus am Kreuz ein besonderes Werk. "Für mich ist es das feinste und schwierigste Projekt, das ich je gemacht habe", sagt er. Nie habe er größere Energie in seine künstlerische Gedankenfindung investiert als in diesem Fall. "Ich glaube, es ist mein bestes Werk."
Dass seine Version der Kreuzigung auch verstörend wirken kann, gesteht er ein. Doch zugleich ist genau dies eines seiner Hauptanliegen. "Mir ist es wichtig, das Bewusstsein der Menschen und ihre Seele zu bewegen", sagt er. "Das Werk orientiert sich klar an christlichen Traditionen." Von Hagen will sich nicht als Gotteslästerer verstanden wissen.
Der Gekreuzigte sollte über die Alpen getragen werden
Der Körper am Holzkreuz sollte von Hagens letztes großes Werk werden und er hatte Großes mit ihm vor: Eine Reise über die Alpen sollte das Plastinat antreten. Bis nach Rom sollte es getragen werden. Dort - so hoffte von Hagens - sollte sich der Papst höchstpersönlich mit dem Kruzifix auseinandersetzen. Doch so weit kam es nicht. Der Gesundheitszustand des Mediziners wurde immer schlechter. An dem Tag, an dem das Werk vollendet wurde, lag er im Krankenhaus. Was bleibt, ist nur der Dokumentarfilm, der von Hagens als gebrechlichen, schwer kranken Mann zeigt.
Angst vor dem eigenen Tod habe er nicht. Er, der für sich in Anspruch nimmt, den menschlichen Tod plastiniert und ihn somit haltbar und für andere erlebbar gemacht zu haben, sagt über sich selbst nur ganz nüchtern: "Meine Uhr tickt."
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