ReLEx smile: Neue Laser-Behandlung verspricht bessere Augen
Seit einem Vierteljahrhundert werden Augen gelasert, um Patienten das Tragen von Brillen zu ersparen. Jetzt gibt es eine vielversprechende Weiterentwicklung des Verfahrens.
Es gibt keinen Flap mehr, und das präparierte Lentikel wird durch einen winzigen Einschnitt entfernt: Das ist, kurz zusammengefasst, charakteristisch für die neue Augenlaser-Methode mit Namen ReLEx smile. Wer jetzt nur Bahnhof versteht, ist vermutlich kein Augenarzt. Aber vielleicht ein potenzieller Patient, der sich für eine Laserbehandlung seiner Kurz- oder Weitsichtigkeit interessiert. Und da spielt der Flap nun mal eine wichtige Rolle, weshalb er wissen sollte, was das ist.
Der Flap, das ist ein Hornhautdeckelchen, das aufgeklappt wird, um die darunter liegende Hornhautschicht per Excimer-Laser zu modellieren und ihre Brechkraft zu ändern. Mit dem Ziel, dass der Patient in Zukunft auf eine Brille oder auf Kontaktlinsen verzichten kann. Ist die Hornhaut modelliert, klappt man den Deckel wieder zu, die natürliche Augenoberfläche ist annähernd wieder hergestellt. Seit Jahren wird dies beim sogenannten LASIK-Verfahren von Augenärzten so gehandhabt, wobei das Deckelchen entweder mechanisch mittels Klinge (Mikrokeratom) oder, moderner, per Laser (Femtosekundenlaser) aus der Hornhaut geschnitten wird.
2012 unterzogen sich 125.000 Patienten in Deutschland einer Augenlaser-OP
Millionen Eingriffe dieser Art wurden in den vergangenen 25 Jahren weltweit durchgeführt, nach Angaben des „Verbandes der Spezialkliniken für Augenlaser und refraktive Chirurgie“ (VSDAR) unterzogen sich hierzulande allein im Jahr 2012 rund 125 000 Patienten einer Augenlaseroperation. Das Verfahren gilt insgesamt als komplikationsarm. „Das Risiko ernsthafter Komplikationen allgemein“ sei bei der LASIK als äußerst gering einzuschätzen, jedoch nie ganz auszuschließen, heißt es beim VDSAR. Die Komplikationsrate wird mit unter einem Prozent angegeben.
Und trotzdem, der Flap ist ein Nachteil. Der Flap mache die Hornhaut instabiler, was das Auge prinzipiell schwäche, sagt Dr. Rüdiger Schmid, Augenarzt von accuratis Ulm beziehungsweise den AugenAllianz-Zentren in Dillingen. Und: „Der Flap kann sich bei einer Verletzung am Auge verschieben.“ Denn er liegt zwar fest auf dem Auge, wächst aber nicht wieder komplett an. Darum also: lieber ohne Flap. „Seit Jahren wird überlegt, wie man es ohne Flap machen kann“, berichtet Schmid, „dann hat man etwas Epochales entwickelt.“
Die Augenlaserung ohne Flap nennt man ReLEx smile
Die Augenlaserung ohne Flap nämlich, ReLEx smile genannt. Und hier kommt nun das eingangs erwähnte Lentikel ins Spiel. Das Lentikel, das ist ein linsenförmiges Gewebescheibchen. Es wird, ohne die Hornhaut aufzuklappen, im Inneren der Hornhaut per Doppelschnitt präpariert und dann über einen winzigen Einschnitt herausgezogen, wodurch die Brechkraft des Auges verändert wird. Die Hornhautoberfläche bleibt dabei – bis auf den winzigen Einschnitt – unverletzt.
Intakt bleiben darüber hinaus insbesondere auch die Nerven, die die Hornhaut durchziehen und vor allem in der oberen Schicht vorhanden sind. Sie geben dem gesunden Auge die nötige Sensibilität, die dafür sorgt, dass regelmäßig Blinzelreflexe ausgelöst werden, um das Auge gleichmäßig feucht zu halten. Werden die Nerven beim Anlegen eines Flaps durchtrennt, mangelt es oft an dieser Sensibilität, und gerade in den ersten Wochen nach LASIK werden die Augen trocken. Das bedeutet: Wer bereits trockene Augen hat, „für den scheidet LASIK eigentlich aus“, sagt Schmid.
Vom neuen ReLEx-smile-Verfahren, das die Gefahr eines trockenen Auges verringern soll, ist Schmid absolut überzeugt, und er freut sich, dass er es in der Region anbieten kann. „Es läuft sehr gut an“, erzählt er, knapp 500 derartige Eingriffe habe er bereits durchgeführt. Die Patienten seien nicht nur begeistert, räumt er ein – „das hängt auch ein bisschen von der Erwartungshaltung ab“ –, manche seien auch „nur zufrieden“. Enttäuscht aber sei noch keiner gewesen, berichtet er, und glaubt: „In ein paar Jahren wird niemand mehr LASIK anwenden“, die Nachfrage nach der Methode werde einfach nicht mehr da sein.
Professor: Ein Auge von zehntausend durch LASIK-Eingriff geschädigt
Zukunftsmusik. Noch ist LASIK der am häufigsten angewandte operative Eingriff zur Beseitigung einer Fehlsichtigkeit, informieren Berufsverband der Augenärzte und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Es gibt inzwischen viel Erfahrung damit: Seit Anfang der 1990er Jahre wird LASIK genutzt. Auch Professor Thomas Neuhann, Augenoperateur in München und Präsident des VSDAR, hat viel Erfahrung damit – und arbeitet seit einiger Zeit auch mit ReLEx smile. Die Probleme, die es mit LASIK gebe, seien winzig, sagt er, aber man dürfe nicht vergessen: „Wir haben es mit pumperlgesunden Augen zu tun.“ Und werde durch einen LASIK-Eingriff auch nur ein einziges Auge von zehntausend geschädigt, sei das schon eines zu viel – „das will man nicht haben“. Folglich seien Weiterentwicklungen willkommen.
Ein sehr, sehr seltenes Problem nach einer LASIK-Augenkorrektur sei, dass sich die durch den Eingriff geschwächte Hornhaut ausbeule, erklärt Neuhann. Und da sei es von der Theorie her eindeutig so, dass die Hornhaut bei ReLEx smile stabiler bleibe, weil ihre festesten Schichten dabei nicht durchtrennt würden. Und es gebe erste Hinweise, dass dies tatsächlich auch in der Praxis so sei. Ebenso könne man bei Nachuntersuchungen größerer Patientenzahlen feststellen, dass das trockene Auge nach ReLEx smile seltener auftrete.
Neuhanns Fazit: ReLEx smile sei ein Fortschritt „so, wie Fortschritt geschieht – trippelnd; aber nach einem Jahr ist man eine Meile weiter“. Und er nennt einen einzigen kleinen Nachteil, den er als Patient jedoch ohne Weiteres in Kauf nehmen würde: Bei LASIK stellten die Patienten oft schon am ersten Tag nach dem Eingriff begeistert fest, dass sie viel besser sehen könnten – bei ReLEx smile dauere dies im Durchschnitt ein paar Tage länger.
Bundesverband: ReLEx smile steckt "noch in den Kinderschuhen"
Die Idee, die Augen ohne Flap korrigieren zu können, findet auch Professor Thomas Kohnen, Vorsitzender der „Kommission refraktive Chirurgie“ vom Berufsverband der Augenärzte und DOG, ausgesprochen gut. „Eine tolle Entwicklung“ sei das. Dennoch sieht der Leiter der Augenklinik am Universitätsklinikum Frankfurt derzeit LASIK mit dem Femto-Laser als „State of the Art“. ReLEx smile stecke „noch in den Kinderschuhen“. Er verweist auch darauf, dass man das ReLEx- smile-Verfahren nur einmal anwenden könne; sollte eine Nachkorrektur notwendig werden, müsse eine andere Methode zum Einsatz kommen. Bislang sei auch die Datenlage zu ReLEx smile und trockenem Auge nicht so ganz eindeutig. Gänzlich komplikationslos sei jedenfalls auch ReLEx smile nicht.
„Man muss die Kirche im Dorf lassen – und erst einmal große Studien machen“, erklärt Kohnen. ReLEx smile habe ein Riesenpotenzial für die Zukunft, sagt der Professor, „aber es muss sich erst noch entwickeln.“ Und das gehe nun mal, „wie alles in der Medizin“, nicht von heute auf morgen.
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