Studien erklären Zucker zum Suchtmittel
Verschiedene Wissenschaftler behaupten, Zucker mache süchtig. Tatsächlich lauern in vermeintlich gesunden Lebensmitteln Kalorienfallen.
Der Zucker ist in Verruf geraten. Zwar galt Süßes praktisch noch nie als besonders gesund, doch hat die Kritik in letzter Zeit eine neue Qualität bekommen: Verschiedene Wissenschaftler behaupten, Zucker mache süchtig – und vergleichen ihn mit Alkohol oder Nikotin.
So sollen Ratten, die über längere Zeit fett- und zuckerreich ernährt wurden, ähnliche Veränderungen im Gehirn gezeigt haben wie Ratten, die Drogen bekamen. Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht diese Studien kritisch. „Von einer Zucker-Sucht im Sinne einer Abhängigkeit kann man bei Menschen nicht sprechen“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Dass dem Menschen Süßes schmeckt, sei angeboren. Zudem gewöhne man sich an Geschmäcker. Unter anderem beeinflussten die Familie und der Job unsere Ernährungsgewohnheiten. Der eine isst Süßigkeiten, wenn es ihm schlecht geht und der andere immer nach der Mittagspause.
Auch Susanne Klaus, Biologin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung, bestätigt, dass solche Prägungen in der frühen Kindheit entstehen. „Wer als Kind Süßigkeiten als Belohnung bekommen hat, verbindet mit ihnen häufig grundsätzlich Positives wie Zuwendung und Liebe.“ Dabei bräuchte der Mensch für eine vollwertige Ernährung keinen zusätzlichen Zucker. Über Milch, Obst und kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel nimmt man ohnehin genug zu sich. Laut der DGE sollte ein Erwachsener maximal 48 bis 60 Gramm Zucker pro Tag konsumieren, für Kinder liege der Höchstwert zwischen 35 und 48 Gramm. Ein Glas Limonade enthält im Schnitt schon etwa 20 Gramm. Und ein Gramm Zucker entspricht vier .
Zu viel Energie führt zu Überernährung
„Zucker ist für unsere Körperzellen der Energielieferant schlechthin und lässt den Blutzuckerspiegel steigen – doch zu viel Energie führt zu Überernährung“, erklärt Keller. Der Zucker lagere sich ein, werde in Fett umgewandelt und führe zu Gewichtszunahme. Übergewicht löst unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus.
Jedoch hilft es aus dieser Sicht nur bedingt, Schokolade oder Gummibärchen etwa durch einen Apfel zu ersetzen. Denn in vielen Lebensmitteln lauert ein hoher Zuckeranteil: Schon in einem Glas Orangensaft stecken 18 Gramm Zucker – das entspricht sechs Würfeln. Selbst ein Apfel bringt es durchschnittlich auf fast fünf Würfel und eine Ananas gar auf 44. Dieser in Obst und anderen Lebensmitteln natürlich enthaltene Fruchtzucker, mit dem einige Hersteller ihre Produkte bewerben, ist laut Keller nicht besser als gewöhnlicher Haushaltszucker. In Säften und Obst seien jedoch immerhin noch Vitamine und Nährstoffe enthalten.
Persönliche Zuckerfallen aufspüren
Um den Zuckerkonsum zu reduzieren, rät die Ernährungsexpertin, die persönlichen Zuckerfallen aufzuspüren: Wann esse ich was und wie viel davon? Beim Einkaufen sei es wichtig, die Nährwerttabellen auf den Produkten zu lesen. „Reduzieren Sie Zucker langsam. Wer es gewohnt ist, einen Teelöffel zum Kaffee zu nehmen, sollte es einen Monat lang mit einem halben versuchen“, empfiehlt Keller. Genauso könne man das Mischungsverhältnis von Saft und Wasser nach und nach ändern. Statt Saft zu trinken, könne man auch die gleiche Menge Obst essen. Das mache eher satt. Auch Susanne Klaus hat einen pragmatischen Rat. „Am einfachsten ist es, unverarbeitete Lebensmittel zu sich zu nehmen.“ Letztlich sei ein moderater Zuckerverzehr völlig in Ordnung – es komme auf die Mischung an. Nach den Empfehlungen der DGE sollten Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße mit einem Anteil von 50, 30 und 15 Prozent die Hauptenergielieferanten sein. Damit bleibt also noch ein wenig Platz für den süßen Genuss.
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