Virologe Streeck für offensiven Einsatz neuer Corona-Schnelltests
Exklusiv Der Bonner Professor fordert wirbt einen pragmatischeren Umgang mit der Pandemie. Die Politik müsse mehr auf Überzeugungsarbeit als auf Verbote setzen.
Der Virologe Hendrik Streeck wirbt für einen offensiven Einsatz der neuen Corona-Schnelltests. „Es gibt inzwischen Schnelltests, die in 15 Minuten ein Ergebnis zeigen“, sagte der Mediziner der Bonner Professor unserer Redaktion. „Nach einem solchen Test könnte man jemandem Zutritt zu einem Heim mit besonders gefährdeten Menschen gestatten und diese so sehr effektiv schützen“, sagte der Direktor des Institutes für Virologie und HIV-Forschung an der Universität Bonn.
Der Virologe rechnet zudem bald mit neuen Medikamenten, sogenannte Biologicals. „Das sind einzelne hocheffektive Antikörper, die entwickelt wurden anhand eines Patienten, der eine Infektion durchgemacht hatte und eine sehr starke und gute Immunantwort aufgebaut hatte“, sagt er. „Das wird die Behandlungsmöglichkeiten erweitern“, fügte er hinzu. „Die Behandlung wird von Tag zu Tag besser, je mehr wir Erfahrungen haben, und es wird die Zahl der Todesopfer weiter reduzieren können.“
Streeck: Kooperation der Bevölkerung durch Eigenverantwortung
Streeck forderte zugleich einen pragmatischeren Umgang mit der Pandemie: „Wichtig ist, dass wir aus unseren Fehlern insgesamt lernen, und Maßnahmen dementsprechend anpassen, ohne ideologisch zu werden“, erklärte er. „Corona ist ein ernstzunehmendes Virus, aber man darf es nicht überdramatisieren“, betonte der Virologe. „Das Virus wurde leider politisch, obwohl es das natürlich nicht ist“, kritisierte er.
Um die Pandemie durchzustehen, brauche es vor allem die Kooperation der Bevölkerung. „Das erreicht man eher durch Gebote und dadurch, dass die Menschen Eigenverantwortung an den Tag legen und weniger durch Verbote und Strafen“, sagte der Virologe.
Streeck: Langfristige Regeln statt kurzfristiger Ausgehverbote
„Wenn verboten wird – Stichworte Alkohol- oder Ausgehverbot – ist das gut für einen Sprint in der Pandemie, aber für einen Marathon braucht es mehr.“, betonte Streeck. „Regeln müssen einen Sinn ergeben, denn am Ende müssen alle Bürger mitmachen, alle“, betonte er „Wenn möglichst alle eigenverantwortlich handeln, kommen wir zu schneller zu guten und besseren Lösungen.“ So vermindere beispielsweise das Abstandhalten die übertragene Virusdosis und führe offenbar zu milderen Verläufen. „Dies wurde zwar nicht für SARS-CoV2 am Menschen bewiesen, aber für andere respiratorische Viren“, sagte Streeck.
Zum gesamten Interview: Virologe Hendrik Streeck will Corona "nicht überdramatisieren“
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