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Foto: Marion Wünn
Foto: Marion Wünn

Die Polizei beschlagnahmt immer wieder Hundewelpen von illegalen Transporten.

Corona-Krise
04.01.2021

Tierschützer warnen: "Der illegale Handel mit Haustieren blüht"

Von Daniela Hungbaur

Plus Gerade in Corona-Zeiten wünschen sich viele einen Hund. Und immer häufiger werden die Tiere übers Internet gekauft. Warum Tierschützer darüber in großer Sorge sind.

Nur ein paar Tage durfte der kleine Bruno in seiner neuen Familie bleiben. Dann kam er ins Augsburger Tierheim. Er beiße, hieß es. So habe man sich das nicht vorgestellt. Der heute vier Monate alte Mischlingshund wurde Anfang Dezember im Internet erstanden. „Welpen sind süß, aber auch anstrengend“, sagt Sabina Gaßner, Geschäftsführerin des Augsburger Tierschutzvereins und ergänzt: „Sie lernen durch spielerisches Raufen und Beißen typisches Hundeverhalten, sind häufig noch nicht stubenrein und bellen alles und jeden an.“

Für sie ist Bruno ein weiterer trauriger Fall, der immer häufiger schnell im Internet erstandenen Tiere. Oft unüberlegte Käufe. Oft aus dubiosen Quellen. Und in dieser Corona-Zeit oft, um die Langeweile der Kinder zu beenden oder die eigene Einsamkeit.

Deutscher Tierschutzbund zum Welpenhandel: "Hände weg vom Online-Kauf"

Auch der Deutsche Tierschutzbund warnt: Die Corona-Krise verstärke offenbar den Wunsch vieler Menschen nach einem Haustier. Doch Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, betont: „Hände weg vom Online-Kauf.“ Solange Menschen Hundewelpen über das Internet kaufen, „blüht der illegale Handel“. Zumal die illegalen Händler immer schwerer von seriösen Anbietern zu unterscheiden seien. Die Verkaufssummen seien oft ebenso hoch wie bei Züchtern.

Es werden Fotos von Muttertieren und Welpen gezeigt, die einen gesunden Eindruck machen – erst nach dem Kauf würden die Probleme auftreten. Ein paar Tage nach der Übergabe erkranke oft der Welpe und der Tierarzt stellt fest, dass der EU-Heimtierausweis und die eingetragene Impfung gefälscht sind. Der Rat von Schröder: Wer ein ernsthaftes Interesse an einem Hund hat, sollte sich im Tierheim nach dem passenden Tier erkundigen und sich beraten lassen.

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Foto: Gaßner/Tierheim Augsburg
Foto: Gaßner/Tierheim Augsburg

Das ist Bruno. Anfang Dezember wurde der Hund im Internet erstanden. Doch er war der Familie zu laut. Er wurde im Tierheim abgegeben.

Dies betont auch Ilona Wojahn, Präsidentin des Landesverbandes Bayern des Deutschen Tierschutzbundes. Gerade der illegale Welpenhandel war ihres Erachtens schon vor Corona ein riesen Problem, der unglaublich viel Leid für die Tiere bedeutet. Und zwar für die Welpen, da sie meist viel zu früh von der Mutter getrennt werden, nicht selten krank sind und im schlimmsten Fall lebenslange Verhaltensauffälligkeiten davon tragen, aber auch für die Elterntiere, „die oft unter erbärmlichen Zuständen als reine Gebärmaschinen behandelt werden“.

Über 800 Tiere wurden nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes in den Monaten Januar bis Oktober 2020 illegal gehandelt. Damit habe die Zahl schon im Herbst die Gesamtzahl von 2019 überstiegen. Allein ein Blick auf die Hunde zeige: Seien im Jahr 2019 366 Hunde betroffen gewesen, so seien es zwischen Januar und Oktober 2020 bereits 683 gewesen. Im abgelaufenen Corona-Jahr seien aber auch auffällig viele Katzen gehandelt worden.

"Die Dunkelziffer beim illegalen Tierhandel ist extrem hoch"

Die Bundespolizei München greift immer wieder illegal gehandelte Tiere auf. Genaue Zahlen liegen zwar nicht vor, doch erst vor Kurzem hat die Bundespolizei bei Grenzkontrollen in Freilassing und Piding 17 Hundewelpen sichergestellt. Die Polizeibeamten zeigten die rumänischen Fahrer wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz an. In viel zu kleinen Boxen ohne Futter und Wasser waren die Tiere nach Polizeiangaben eingesperrt. Unter ihnen Welpen, die noch keine drei Monate alt gewesen seien.

Für Ilona Wojahn ist das alles nur die Spitze des Eisbergs. „Die Dunkelziffer beim illegalen Tierhandel ist extrem hoch.“ Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein Verbot des Handels mit Tieren im Internet. Ausgenommen können Tierheime und Auffangstationen werden, die im Internet ihre Tiere lediglich vorstellen, aber ausschließlich vor Ort vermitteln. Auch müssten die Kontrollen verschärft und die Strafen härter werden. Vor allem aber gelte es die Bevölkerung aufzuklären. „Jeder, der sich über dubiose Angebote im Internet Welpen bestellt, macht sich mitschuldig am Tierleid“, betont Ilona Wojahn und ergänzt: „Denn für jeden verkauften Welpen werden die gequälten Elterntiere wieder Nachschub produzieren.“

Haustiere werden immer häufiger zum Accessoire für den Menschen

Sabina Gaßner beobachtet indes einen anderen gefährlichen Trend: „Tiere werden immer häufiger Gebrauchsgegenstände, ein Accessoire.“ Doch ist der Anfangscharme verflogen, der Angebereffekt vorbei, seien die Tiere oft nur noch lästig. Und nicht nur Hunde sind ihrer Einschätzung nach betroffen: „Alles, was nicht Laut gibt und nicht meldepflichtig ist, wird rege gehandelt.“ Neben Katzen und Vögeln seien das auch vermehrt exotische Tiere – „hier dürfte die Dunkelziffer enorm sein“.

Aber es gibt auch Positives zu berichten: So hat sich die Zahl der Fundtiere 2020 zumindest im Augsburger Tierheim verringert. „Die Menschen passen auf ihre Tiere offensichtlich besser auf“, sagt Sabina Gaßner. Und sie haben vermehrt ein Auge auf die Tiere in ihrem Garten: „Es wurden noch nie so viele verletzte Wildtiere abgegeben, vor allem Vögel, aber auch Igel und Eichhörnchen.“ Und zu guter Letzt: Klein Bruno wurde im Augsburger Tierheim ärztlich behandelt. Der hübsche, schwarze Mischlingshund litt an Giardien, Parasiten, die für Sabina Gaßner eindeutig auf Haltungsmängel hinweisen und die für den Durchfall verantwortlich waren. Über das Augsburger Tierheim fand er ein neues Zuhause, in dem er hoffentlich dauerhaft bleiben darf.

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