Teile von Borodjanka liegen in Trümmern. Von der Musikschule ist nicht einmal mehr eine Ruine übrig. Doch der Unterricht geht weiter. Weil er für traumatisierte Kinder ein Stück Heilung bedeutet.
Das halbe Dutzend Ziegeln, auf denen Alena steht, ist im Erdreich halb verschwunden. Um das Mädchen herum gibt es nur schlammige Pfützen, braunen Lehm und Gras. „Hier stand früher meine Musikschule“, sagt die 14-Jährige. Das Mädchen schaut einen Augenblick fassungslos auf die Leere zu ihren Füßen. Blickt sie geradeaus, steht keine 50 Meter entfernt ein Haus, das auf seinen roten Ziegelsteinen kein Dach mehr trägt. Folgt sie mit den Augen der Straße Richtung Zentrum, beginnt eine Achse der Zerstörung. Große Wohnblocks, in denen die Einschläge von Raketen und Bomben ganze Gebäudeteile zum Einsturz gebracht haben. Ausgebrannte Fensterhöhlen blicken trostlos auf die Fahrbahn. Ein zahnförmiges Comic-Männchen wirbt auf einer von Ruß geschwärzten Wand für eine Praxis, von der nur ausgebranntes Mauerwerk übrig ist. Bagger haben teilweise schon begonnen, hier und da den Schutt wegzuräumen. So wie es mit den Mauerresten der städtischen Musikschule geschah. Zurück bleiben dann leere Flächen, unheilvolle Lücken.
Borodjanka steht für Zerstörung. Für sinnlose Zerstörung. Borodjanka, 55 Kilometer nordwestlich von Kiew, galt als verschlafene Kleinstadt mit 13.000 Einwohnern. Dann begann die Invasion am 24. Februar. Russische Kampfflugzeuge bombardierten schon in den ersten Tagen das Zentrum. Granaten und Raketen schlugen in Wohnhäuser ein. Ganze Straßenzüge verwandelten sich in Trümmerzeilen. Borodjanka erschien damals in den Schlagzeilen der Weltpresse. Jetzt ist die Kleinstadt wieder vergessen. Die Zerstörung ist geblieben.
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