Anfang August wollen sie Kirgistan erreicht haben. Sie, das sind Lara Kremin und Florian Herdlitschka aus Hofstetten – und ihr Van „Anton“. Die Reise dorthin soll in wenigen Tagen starten. Dafür haben die beiden ihre Jobs gekündigt, denn ein Sabatical konnte keiner der Arbeitgeber anbieten. Mittlerweile sind sie um die Tatsache, dass ihre Arbeitsplätze aufgeben mussten, gar nicht mehr so traurig: „So sind wir zeitlich frei und reisen unbeschwert.“ Allgemein fiel ihnen die Entscheidung, ihr bequemes Leben in Hofstetten zumindest erst einmal für zehn Quadratmeter auf Allradrädern einzutauschen, überhaupt nicht schwer.
Vor rund zwei Jahren entschieden Lara und Florian, dass ihr damaliger Bus zu klein für ihre Campingbedürfnisse und Urlaube ist. Und mit der Suche nach einem Transporter, den sie nach ihren Wünschen umbauen konnten, entstand auch die Idee einer umfangreichen Reise, die nicht nur mehrere Wochen, sondern gleich mehrere Monate oder vielleicht Jahre dauern soll. Lara, die in der Flüchtlingshilfe gearbeitet hat und Florian, der bei Hirschvogel arbeitete, haben beide Arbeitgeber um ein Sabbatical gebeten. „Das haben wir aber nicht bekommen“, sagt Lara. Besonders gewundert hätte es sie bei Hirschvogel, weil die Firma doch so groß sei und sie erwartet hatte, dass diese sicherlich mit aktuellen Arbeitnehmerentwicklungen mitgehen würde. Doch schließlich sei es wohl besser so gewesen, sagen beide.
Das Paar aus Hofstetten hat 70.000 Euro in den Van investiert
Natürlich musste das Pärchen ordentlich sparen, um sich die Reise, aber auch das Fahrzeug und den Umbau des Vans zu leisten. „Insgesamt hat der Van, mit dem Umbau zum Allradfahrzeug und die Innenausrichtung 70.000 Euro gekostet“, sagt Florian. Während der Allradantrieb von einer Firma in Österreich umgesetzt wurde, hat das Paar den Bau einer Dusche, Küche, eines Betts und auch die Lackierung in die eigene Hand genommen. Natürlich spare man Geld, wenn man den Van selbst ausbaue, „aber im Sommer hat man bei 30 Grad dann auch nicht immer so viel Lust, in der Scheune zu arbeiten“, sagt Florian.
Durch die Umbauarbeiten sei der Transporter bereits eine Tonne schwerer geworden – gerade seien es schätzungsweise 3,3 Tonnen. Insgesamt dürfe er um die 3,5 Tonnen wiegen. Da gäbe es eine Kulanz von ein paar Prozent, sagt Florian. Generell müssten sie versuchen, besonders an den Grenzkontrollen, die noch in Europa liegen, immer einen möglichst leeren Wasser und Benzintank zu haben, sagt Lara. Um auf die Bodenbeschaffenheit der unterschiedlichen Wege vorbereitet zu sein, hat Florian in Franken an einem Offroadtraining teilgenommen. „Da ging es über Geröll, durch Matsch und in Schräglagen.“ Das Wichtigste sei in den meisten Situationen Ruhe zu bewahren und sich Zeit zu lassen. „Außer, wenn es nass wird, dann muss es teilweise schnell gehen.“
Von Vorurteilen gegenüber den Reisezielen lassen sie sich nicht abhalten
Lara sei schon immer von der persischen Region und den ehemaligen sowjetischen Ländern fasziniert gewesen. Aufgrund der klimatischen Verhältnisse in den Kasachstan oder zum Beispiel Kirgistan, sei es das Ziel spätestens Anfang August am östlichsten und nördlichsten Punkt ihrer Reise anzukommen, danach würde es bereits zu kalt. Danach gehe es in den Süden. Vielleicht durch Afghanistan. Sorgen um ihre Sicherheit mache sich das Paar nicht. „Die Taliban will sich mittlerweile gegenüber der Außenwelt von seiner besten Seite zeigen.“ Es sei eine moralische Frage, ob man Geld dort lassen wolle. Während im Bekanntenkreis einige ihre Bedenken gegenüber einigen Reisezielen geäußert hätten, habe das Paar von denjenigen mit Erfahrung aus erster Hand nur Positives gehört.
Für die Reise haben beide einen zweiten Pass beantragt, um zu vermeiden, dass aufgrund bestimmter Länderstempel in andere Länder wiederum nicht hereinkommen. Generell seien sie mit dem deutschen Pass aber schon gut dran. Ein zusätzliches Visum brauchen sie nur für zwei Länder. „In Russland für den Transit und für den Iran.“ Das seien zudem die Ziele, wo sie mit Bargeld einreisen müssen, um es vor Ort einzutauschen.
Auch, wenn die Reise vielleicht mehrere Monate dauert, wollen Lara und Florian nicht zu viel packen. „Ich habe sechs T-Shirts eingepackt und zwei lange Hosen“, zählt Lara auf. Waschen könnten sie unterwegs im Van und in Waschsalons, an denen sie vorbeikämen. Neben einem 80 Liter Wassertank, soll an Lebensmitteln nur das Nötigste mit. „Wir freuen uns, das Angebot in den Ländern wahrzunehmen“, sagt Lara. Während sie aufgrund des Gewichts auf Fahrräder und ein Kajak verzichten mussten, haben sie zur Unterhaltung zum Beispiel Hörbücher und Spiele dabei.
Ihre Reise halten die Hofstetter auf Instagram fest
Ob sie Heimweh haben werden, wissen die beiden bisher nicht. Es sei bestimmt komisch, Weihnachten nicht mit der Familie zu feiern, sagt Lara. Auch ihren 30. Geburtstag wird die Hofstetterin im Ausland feiern. Vermutlich, wenn sie im Iran sind. „Einige Freunde haben sich angemeldet, für den Geburtstag dorthin zu reisen." Für eine große Abschiedsfeier sei keine Zeit geblieben. Florian hat weniger Bedenken, er glaubt nicht, dass er zu oft das Gefühl haben wird, etwas zu verpassen. Allerdings werde seine Mutter ihn wohl vermissen. „Sie hat schon einen Sohn, der nach Neuseeland ausgewandert ist.“ Für den 31-Jährigen steht bisher nicht fest, ob er wieder genau das Gleiche machen würde, wenn es so weit ist, nach Deutschland zurückzukommen: „Vielleicht wünscht man sich ja, dass die Reise einen so verändert, dass man einen ganz anderen Job machen möchte.“
Schlussendlich sei die Entscheidung, ihr Leben und ihren Job zurückzulassen, einfach gewesen. „Jeder hat seinen eigenen größten Wunsch. Ein eigenes Haus, Kinder – und das ist eben unserer“, sagt Lara. Sie seien darauf gefasst, dass nicht alles perfekt läuft, aber das halte sie nicht davon ab, ihren Traum von der Reise umzusetzen. Wer Lara und Florian weiter verfolgen möchte, um zu sehen, wo die beiden gerade unterwegs sind und was auf der Reise passiert, kann ihrem Instagram-Account „grenzenlos_abgebogen“ folgen.