Das geht ins Geld: So viel kostet ein Oktoberfest-Besuch als Familie

Foto: Lisa Gilz
22.09.2022

Plus Ein Oktoberfest-Besuch kann schnell sehr viel Geld kosten – vor allem für eine Familie. In diesem Jahr sind die Preise besonders hoch und das Fahrvergnügen teils recht kurz.

In der Münchner U-Bahn tönt die Lautsprecherdurchsage durch die Waggons: „Nächster Halt Theresienwiese. Viel Spaß auf der Wiesn.“ Und das ist auch eine freundlich formulierte Einladung zum Geldausgeben. Wieder oben liegt der Geruch von gebrannten Mandeln in der Luft. Der Dunst der Grillstände. Leuchtreklamen und laute Musik werben für die Fahrgeschäfte. Willkommen auf der Wiesn! Nach zwei Jahren Pause findet in der Landeshauptstadt das Oktoberfest wieder statt. Ein Spaß, wenn auch ein teurer.

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Für jüngere Kinder eignet sich nicht jedes Fahrgeschäft auf der Wiesn

Über den Bierpreis wurde ja bereits Wochen vor Beginn diskutiert. Zwischen 12,60 und 13,80 Euro kostet die Maß, und damit im Schnitt 15 Prozent mehr als noch 2019. Der Bierpreis ist das eine. Doch was ist eigentlich mit all den Schmankerln, mit den Fahrgeschäften? Mit den Dingen, die die Wiesnbesucherinnen und -besucher genauso erfreuen wie eine Maß.

Vor allem: Kann man sich den Wiesnbesuch als Familie überhaupt noch leisten, in Zeiten, in denen ohnehin die Preise steigen? Die für Energie genauso wie die für Lebensmittel?

Video: SAT.1

Christina und Joachim Masatz stehen vor dem Geisterpalast. Tickets für die mehrstöckige Geisterbahn kauft das Paar nicht. Zwischen den beiden treiben sich ihre Zwillinge herum: Leo und Antonia, genannt Toni. Die Kinder sind vier Jahre alt. „Es ist schwierig einzuschätzen, was drinnen gezeigt wird, und gerade gruseln sie sich vor Geistern schon sehr, was es natürlich noch reizvoller für sie macht“, sagt Joachim Masatz. Sich die glitzernden und bewegten Bilder und Figuren anzuschauen, genügt da manchmal schon. Und es spart Geld. Denn je nach Fahrgeschäft bezahlt man in diesem Jahr zwischen zwei und zwölf Euro. Viel Geld für ein mitunter recht kurzes Vergnügen.

20 Euro für eine Riesenrad-Fahrt zu viert: Soviel zahlt man mitunter auf der Wiesn

Also: keine Geisterbahn. Weiter geht’s. Die vier schlendern in Richtung Willenborg Riesenrad. Das 50 Meter hohe Fahrgeschäft ragt wie ein wachsames Auge im schönsten Bayern-Blau über die Festzelte heraus. Leos Blick wandert die Gondeln hoch. Seine Mutter nimmt ihn auf den Arm: „Der Maxl hat sich getraut“, neckt sie ihn. Maxl ist mit sechs Jahren das dritte und älteste Kind des Ehepaars. An diesem Dienstagmittag ist er noch in der Schule. Seine Geschwister jedenfalls sind überzeugt: Da wollen sie auch hoch. Also stellen sie sich an. Auf einem Schild an der Kasse des Riesenrads steht in großen roten Buchstaben: „Familientag – mit ermäßigten Preisen an allen Geschäften.“ Sieben Euro bezahlen Personen über 1,40 Meter. Wer kleiner ist, bezahlt drei Euro. Rund zehn Minuten lang dreht sich das Rad, bevor man wieder aussteigen muss.

„Zack, da waren 20 Euro auch schon weg.“

Christina Masatz tritt vor den Ausgang des Fahrgeschäfts: „Zack, da waren 20 Euro auch schon weg.“ Trotzdem fragt sie ihre Kinder, ob sie noch mal fahren wollen. Nach der Corona-Pause ist das schließlich der erste Wiesnbesuch für die Zwillinge.

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Foto: Sven Hoppe, dpa
Foto: Sven Hoppe, dpa

Ob es am Wetter liegt? An Corona? Oder an den Kostensteigerungen in vielen Bereichen, die Menschen gerade verkraften müssen? Bislang jedenfalls kamen weniger Besucher auf die Wiesn.

Das Oktoberfest ist weltbekannt – und bekanntlich ein Energiefresser. Das ist immer mal wieder Thema gewesen in Medienberichten. Etwas für Statistikfreunde. In diesem Jahr aber ist es vom Rand- zum Hauptthema geworden. Die Wiesn mit ihren hunderten Schaustellerbetrieben und den großen Festzelten verbraucht ähnlich viel Energie wie eine Kleinstadt mit 21.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Münchner Stadtwerke schätzen, dass für die 16 Wiesntage rund drei Millionen Kilowattstunden Strom erforderlich sein werden. Mit den gestiegenen Energiepreisen infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine steigen jedoch die Kosten immens. Und damit die Preise, die Wiesnbesucher etwa an den Fahrgeschäften zahlen müssen. Statistisch gesehen: rund einen Euro mehr im Vergleich zum Jahr 2019. Der Geisterpalast kostet heuer neun Euro statt sieben. Eine Fahrt im Riesenrad hat 2019 acht Euro an einem normalen Tag gekostet. Heute sind es neun.

Um Geld zu sparen, haben Christina und Joachim Masatz sich dazu entschlossen, am Familientag zu kommen. Das sei finanziell für sie kein Muss, aber mit drei Kindern bemerke man eben den Unterschied. „Mit dem Älteren gehen wir dann nächste Woche am Dienstag, wenn noch einmal alles günstiger ist“, erzählen sie. Nicht nur Fahrgeschäfte sind dann günstiger, auch an den Imbissen gibt es teilweise Sonderpreise für Kinder und Familien. „Da spart man sich hintenraus auch noch mal etwas Geld, um eine Extra-Süßigkeit zu kaufen“, meint Christina Masatz.

"Man will jetzt schon das Bewusstsein für Preise wecken", sagt der Vater

Sie selbst ist als Kind schon mit ihren Eltern auf der Wiesn gewesen. Riesenradfahren und Schokoapfel essen – das gehört für die Münchnerin dazu. Ihren Kindern will sie das auch bieten. Und die haben mittlerweile Hunger. Prüfend betrachten ihre Eltern das Angebot. Während Christina Masatz etwas Passendes gefunden hat, ist Leo stehen geblieben. Vor der nächsten Geisterbahn. Wie verzaubert beobachtet der Junge die Dracula-Figur am Eingang, die Schaulustige mit grimmiger Stimme anlockt. Ein „Komm, wir essen eine Bratwurst“ löst ihn aus dem Bann des Vampirs. „Mit Ketchup“, ruft er seinem Vater zu und springt auf und ab.

Joachim Masatz bezahlt. „Ich will eine ganz lange“, sagt Leo mit Blick in die Auslage. Als ihm sein Vater eine halbe gibt, schüttelt er den Kopf. „Da muss man dann geduldig sein. Am Ende schafft er eine ganze nicht“, erklärt Masatz. Das macht nun: sieben Euro für eine große Bratwurst, für die Kinder in zwei Hälften geschnitten. Am Stand ein paar Meter weiter war die Wurst noch 50 Cent teurer. „Man will jetzt schon das Bewusstsein wecken, dass man nicht immer beim Erstbesten zuschlägt, sondern auch Preise vergleicht“, ergänzt er. Und so geht die Familie über die Theresienwiese, auf die um die Mittagszeit immer mehr Menschen strömen.

Die reservierten Tische in den Zelten füllen sich, die Anzahl der „Ein Prosit der Gemütlichkeit“-Gesänge steigert sich. Familien wie die Masatz lassen schnell um die 100 Euro auf der Wiesn. Je nachdem, wie viel sie essen und wie viele Fahrgeschäfte sie nutzen. Das meiste Geld fließt gleichwohl in den Zelten. In die geht Familie Masatz nicht. Höchstens mal die Eltern – mit Kollegen, wenn man über zwei Ecken einen Tisch reservieren konnte.

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Foto: Sven Hoppe, dpa
Foto: Sven Hoppe, dpa

Ein Lebenkuchenherz kann auf dem Oktoberfest neun Euro kosten.

Wenn sie mit ihren Kindern unterwegs sind, setzen sie sich lieber in einen der Biergärten. In denen ist es erlaubt, die eigene Brotzeit mitzubringen. Wenn sie ausnahmsweise in ein Festzelt gehen, dann in eines wie das Herzkasperlzelt auf der „Oidn Wiesn“. „Das gefällt mir einfach gut. Da wird noch getanzt, und es ist wirklich schön“, meint Christina Masatz. Auf der Oidn Wiesn kommt man trotz eines Eintrittspreises von vier Euro für Personen ab 14 Jahren häufig günstiger weg. Ein Lebenkuchenherz in vergleichbarer Größe schlägt hier mit 6,50 Euro zu Buche, und nicht mit neun.

Video: ProSieben

Weiter geht’s. Jetzt sind auf einmal kreischende Stimmen zu hören. „Schau mal, die fallen da gleich runter“, sagt Masatz zu ihrer Tochter, die sie mittlerweile auf dem Arm trägt. „SkyFall“ ist ein 80 Meter hoher Freifallturm und eines der teuersten Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest. Neun Euro kostet eine Fahrt regulär. Am Familientag können sich Besucherinnen und Besucher für sechs Euro den Adrenalin-Kick holen. Innerhalb weniger Sekunden ist die Fahrt vorbei. „Das machen wir mal später“, sagt die Mutter. Sie wendet sich ab vom SkyFall und läuft in Richtung Vogelpfeiferstand.

Auf der Wiesn 2022 ist weniger los als noch 2019

In der zwei Quadratmeter großen Bude steht ein Mann mit Filzhut und reichlich Ansteckern an der Weste. Schon bevor man ihn sieht, hört man ihn. Das Zwitschern und Trillern eines Vogels entweicht seinem Mund, der sich ständig bewegt. „Da legt man sich so ein kleines Blättchen auf die Zunge und mit etwas Fertigkeit kann man damit Vogelgesänge nachmachen“, erklärt Joachim Masatz seinen Kindern. Die kleinen Blättchen kosten fünf Euro das Stück. Christina Masatz dreht sich zu ihrem Mann um. Sie hat ein „Pfeiferl“ gekauft und bekommt vom Standbesitzer eine kleine Einführung.

Christina Masatz genießt vor allem diese traditionelle Seite der Wiesn. Sie selbst war am ersten Sonntag bei den Moriskentänzern dabei. „Es ist schon traurig, dass so wenig los ist“, sagt sie nun unvermittelt. Nach zwei Jahren Pause für die Schaustellerinnen und Schausteller würde sie diesen etwas mehr Trubel wünschen. Ob es an den Preisen liegt, dem durchwachsenen Wetter oder der Angst vor Corona? Bereits bei der Oktoberfest-Eröffnung am vergangenen Samstag kamen rund 300.000 Menschen weniger als noch 2019. 700.000 Menschen anstatt einer Million. Wiesnchef Clemens Baumgärtner sagte daraufhin nur, er wünsche sich besseres Wetter.

Auch wenn es teuer ist: So ganz verzichten will die Familie aufs Oktoberfest nicht

An diesem Dienstag ist es bewölkt. Immer wieder tröpfelt es. So richtig trocken wird es im Laufe des Tages auch nicht mehr. Christina und Joachim Masatz schlendern mit ihren Kindern weiter über die Theresienwiese. Leo und Toni sind müde geworden. Leo spielt an den Hirschknöpfen seines Jankers herum, seine Schwester Toni schläft auf dem Arm ihrer Mutter fast ein. „Die Kinder sind doch schon ziemlich geschafft und wir müssen ja auch noch ihren Bruder von der Schulbetreuung abholen“, sagt diese. Nächste Woche kommen sie wieder. Denn auch wenn es teuer ist: So ganz aufs Oktoberfest verzichten, das wollen sie nicht.

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