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Sina Trinkwalder ist Chefin der Firma Manomama.

Wie Augsburger Firmen die Textilbranche zurückerobern

Foto: Silvio Wyszengrad

Dass in Augsburg einmal wieder Textilfirmen aufmachen, hätte lange niemand geglaubt. Erfinderische Unternehmen und Forschungseinrichtungen wagen den Neustart.

Es ist ein Geräusch, wie man es lange Zeit in Augsburg kaum mehr gehört hat. Ein beständiges Rattern, dumpfe, kurze Schläge, schnell hintereinander. Manchmal überlagern sich die Salven, kurze Pause, dann setzen weitere Wellen dieses Staccato ein. So klingt es, wenn mehrere Dutzend Menschen in einer großen, hohen Halle an Nähmaschinen arbeiten, Stoffteile für Einkaufsbeutel zusammenfügen, Taschengriffe befestigen, all das mit konzentrierten, routinierten Handgriffen. So wie in der Halle von Manomama neben der City-Galerie. Hier, mitten in Augsburg, gibt es wieder ein Textilunternehmen. Gerechnet hätte damit vor zehn Jahren niemand.

Was die Textilindustrie in Augsburg in den 1980er und 1990er Jahren erlebte, nennen die einen Niedergang, die anderen eine Katastrophe. In Augsburg, seit Jahrhunderten ein industrielles Zentrum und seit über 100 Jahren auch eine Hochburg der Textilindustrie, schlossen nach und nach die Firmen. Tausende Menschen verloren ihre Arbeit. Nur wenige Unternehmen überlebten, und noch weniger blieben bei Textilien. Augsburgs Ära als Textilstadt war vorbei. Und der Schock, dass man das nicht hatte verhindern können, saß bei vielen Menschen tief. Wer würde ausgerechnet hier wieder in diese Branche einsteigen?

Sina Trinkwalder hat mit Manomama gewagt, was viele in Augsburg lange für unmöglich gehalten haben: Mit ihrem Textilunternehmen arbeitet sie seit elf Jahren genau dort, in der traditionsreichen und krisengebeutelten Textilstadt. Für Trinkwalder war von Anfang an klar, dass sie in Augsburg ihr Unternehmen aufbauen wollte – in ihrer Heimat, der "Heimat des Textils", wie sie diese nennt. 

Sina Trinkwalder erzählt, warum sie Manomama in Augsburg gegründet hat.
Video: Maria-Mercedes Hering

Sina Trinkwalder ist eine Frau, die weit über Augsburg hinaus bekannt ist. Immer wieder sitzt die Unternehmerin mit der großen dunklen Brille in Talkshows, gibt Interviews, schreibt Bücher. Ihre Arbeit, das wird daraus klar, ist nicht einfach ein Job. Wenn Sina Trinkwalder darüber spricht, klingt es nach Berufung. Das liegt auch an ihrer Art zu erzählen: laut, eindringlich, direkt. Eine Macherin, die sich gegen zu viele Widerstände durchgesetzt hat, um noch zimperlich zu sein. Sagt ihr jemand, dass etwas nicht geht, scheint sie das noch mehr anzuspornen. 

Dass es noch möglich ist, in Augsburg zu produzieren, hätten viele anfangs nicht geglaubt, erinnert sich Trinkwalder. Zu teuer, nicht rentabel, nicht möglich – gegen diese Argumentation stellte sie sich von Anfang an.  Man könne hier nicht produzieren, das höre sie, so lange es Manomama gebe.

"Die können das auch weiter behaupten. Aber wir beweisen das Gegenteil."

Sina Trinkwalder

Dass sie einmal ins Textilgeschäft gehen würde, hätte Sina Trinkwalder selbst nicht gedacht. Bevor sie Manomama gründete, hatte die heute 43-Jährige jahrelang mit ihrem Mann eine Werbeagentur geführt. Eine Begegnung mit einem Obdachlosen brachte sie jedoch zum Umdenken, wie sie erzählt. Trinkwalder entschied sich, ein soziales Unternehmen zu gründen – und zwar in der Textilbranche. Ihr sei es wichtig gewesen, in die Produktion zu gehen, um für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten einen Platz zu finden, sagt sie. 

Manomama trotzte und trotzt Widerständen

Über elf Jahre sind die ersten Übungen an der Nähmaschine her. Aus einem kleinen Betrieb ist ein Unternehmen mit rund 120 Menschen geworden. Produziert wird an einem geschichtsträchtigen Ort: direkt neben der City-Galerie, auf dem Gelände der Neuen Augsburger Kattunfabrik, die einst ein traditionsreiches Textilunternehmen war. 

"Ökosozial" beschreibt am ehesten die Werte, nach denen Sina Trinkwalder arbeiten möchte. Ihr Unternehmen beschäftigt Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum Jobs finden. Die will Trinkwalder alle fair bezahlen. "Fair", das heißt für sie mit einem Lohn, der über dem Mindestlohn liegt, und in unbefristeten Verträgen. Ökologisch will das Unternehmen insofern sein, als die Textilien keine schädlichen Chemikalien enthalten sollen. Hergestellt werden die Produkte laut Trinkwalder alle in Deutschland. 

Dass das Konzept erfolgreich ist, liegt für Trinkwalder an dem besonderen Konzept von Manomama: Es gehe nicht um Profit. Bei textiler Produktion bleibe in Deutschland nicht viel übrig. Das sei aber auch nicht wichtig. Wichtig ist Trinkwalder jedoch, dass bei Manomama Menschen wieder in Arbeit kommen – für sie ein volkswirtschaftlicher Erfolg.

Sina Trinkwalder erzählt, was Manomama anders macht als andere Unternehmen.
Video: Maria-Mercedes Hering

Mode soll etwas bewegen

Nicht nur produzieren, damit die Firma profitiert – sondern auch die Gesellschaft. Dieser Gedanke treibt auch Fabian Frei und Wolfgang Schimpfle an. Die beiden Augsburger lernten sich im Studium der Umwelt- und Verfahrenstechnik kennen und träumten bald davon, mit einem eigenen Unternehmen etwas zu bewegen. Über die ersten Ideen – damals noch ohne den späteren Mitbegründer Schimpfle – erzählt Fabian Frei, dass die Nachhaltigkeit schon immer die Basis gewesen sei.

Die Degree-Gründer beschreiben, was die Grundidee bei ihrer Firma war.
Video: Maria-Mercedes Hering

Im Praxissemester hatten die beiden dann die Idee, ein Label zu gründen. Wie Wolfgang Schimpfle erzählt, sei es zunächst darum gegangen, dass sie "einen möglichst großen Output an sinnvollen Produkten schaffen wollten". Die zentrale Frage dahinter: Womit erreicht man sehr viele Leute? "Da ist Bekleidung ein Riesenthema, weil jeder Bekleidung trägt. Jeder verbindet damit etwas, sie kann Emotionen transportieren", sagt Schimpfle und fügt hinzu: "Und sie ist einfach ein schönes Produkt an sich."

Dass die Idee zu Degree beim Surfen und im Studium entstanden ist, sieht man den beiden Gründern an. Schimpfle im wild gemusterten Polohemd und Frei mit Muschelkette und Dutt sehen aus, als ob sie direkt von der Arbeit zum Strand gehen könnten. Im Laden am Mittleren Lech hängt das passende Surfbrett schon an der Wand. Wenn die beiden Gründer über ihre Ideen und Projekte sprechen, schwingt eine große Leidenschaft für ihr Tun mit. Ihre Werte tragen sie beständig nach außen: Auf Instagram sind sie mit ihrem Label sehr aktiv, zeigen Kollektionen, Eindrücke von Veranstaltungen, sich selbst, immer entspannt und gut gelaunt. Im Gespräch fallen selten Wörter wie "Käufer" oder "Kundin" – lieber nennen Frei und Schimpfle diese Menschen "Degree Society". Das klingt weniger nach Shoppen und mehr nach einer gemeinsamen inneren Überzeugung.

Mit der Behauptung, die Textilzeit in Augsburg sei vorbei, wollten sich auch Fabian Frei und Wolfgang Schimpfle nicht abfinden. Bevor sie 2015 mit der Marke anfingen, fiel es den beiden allerdings gar nicht so leicht, in Augsburg oder Deutschland Firmen für die Produktion zu finden. Das habe daran gelegen, dass zu großen Teilen die Infrastruktur für eine Textilproduktion gar nicht mehr da gewesen sei, erinnert sich Wolfgang Schimpfle. "Da ging es gar nicht mal darum, dass das keiner machen will, sondern darum, dass viele Kompetenzen im Bereich Bekleidungfertigung bereits abgewandert waren." Die beiden Gründer wussten allerdings, dass es in Portugal eine solche Industrie gab. Dort besuchten sie Firmen, schauten sich die Produktionsbedingungen an, bis eine Produktionskette stand, wie sie sie sich vorstellten. Heute wird in Deutschland und Portugal produziert.

Seit den ersten Kollektionen haben sie viel dazugelernt, das Label aufgebaut, mittlerweile arbeiten noch zehn weitere Menschen für Degree, die Produkte gibt es bei fast 200 Händlern in ganz Europa. Bis zum Juli stand der Stammladen am Mittleren Lech, mittlerweile ist er geschlossen. In der Pandemie habe die Laufkundschaft gefehlt und mit Veranstaltungen sei es noch immer schwierig, erklären die Gründer, deshalb hätten sie den Laden nun zugemacht. Online gehe der Verkauf aber normal weiter. Zusätzlich zu Degree haben Frei und Schimpfle ihre unternehmerische Energie in ein nachhaltiges Outlet gesteckt, das Suslet in der Augsburger Ludwigstraße. Hier verkaufen sie nachhaltige Mode zu reduzierten Preisen – für viele sei das ein Einstieg in die nachhaltige Mode, wie Frei und Schimpfle berichten. 

Die Werte geben den Ausschlag

Nachhaltig, fair, ökologisch: Dass Mode zunehmend nicht mehr nur dem Ästhetik-, sondern auch dem Wertempfinden der Menschen gerecht werden soll, ist überall zu beobachten. Nicht nur kleine Marken schreiben sich diese Werte auf die Websites, auch globale Riesen werben bisweilen mit Biobaumwolle und Nachhaltigkeit. Die Marken reagieren auf eine veränderte Nachfrage. 

Einem wachsenden Teil der Menschen scheint es mittlerweile nicht mehr nur auf den Style anzukommen, sondern auch auf das Geld, das andere dafür bekommen, und die Ressourcen, die dafür verbraucht werden. Das berichten zumindest die Degree-Gründer. "Die Leute haben viel mehr Interesse an Nachhaltigkeit", sagt Wolfgang Schimpfle. Das sehe er vor allem auch bei jungen Leuten. "Die kommen rein und fragen: Wie produziert ihr? Sonst schau ich mich gar nicht um." 

Auch Manomama-Chefin Sina Trinkwalder erlebt, wie das Interesse an nachhaltigen und fairen Produkten steigt. "Das Schöne in der Zeit mittlerweile ist, dass das Bewusstsein bei Kunden durchaus geschärft wird und auch wächst für eine nachhaltige Produktion, für transparente Lieferketten, für weniger Menschenrechtsverletzungen – also einfach für gute Wertschöpfung." Mit Sorge sieht sie, wie aber auch neue Marken auf den Markt kommen, bei denen sie Transparenz vermisst. Ob da wirklich alles fair, bio und nachhaltig ist? "Es wird auch mehr Schindluder getrieben. Das ist aber immer so, wenn eine Nachfrage steigt, gibt es auch viele Trittbrettfahrer."

Wie aus Textilien Fahrradrahmen werden

Nicht nur Trinkwalder, Schimpfle und Frei sind Gesichter einer neuen Textilbewegung in Augsburg. In der Stadt wird auch an der Zukunft von Textilien geforscht. Etwa in einer großen Halle im Sigma Technologiepark. Im Südosten der Stadt stehen riesige Maschinen, die aus Säcken voller Fasern gleichmäßige Vliesbahnen herstellen, feste Faserschichten, die sich wie ein Teppich aufrollen lassen. 

Wer "Textilien" hört, denkt oft zuerst an Offensichtliches aus dem Alltag: Kleidung, Bettwäsche, Handtücher. Dabei können auch Ski, Fahrradrahmen oder Prothesen im weiteren Sinne Textilien sein – Hightech-Textilien, die langsam den Alltag erobern. Gemeinsam haben all diese Dinge die Faserstruktur, aus der sie aufgebaut sind. Das können Baumwollfasern sein, aber auch Carbonfasern, also Kohlenstoff.

Carbonfasern vor der Verarbeitung.
Foto: Maria-Mercedes Hering

Aus solchen Fasern können Dinge hergestellt werden, die leichter sind als Aluminium und dabei genauso fest. Das ist die Hightech-Seite von Textilien – eine Stärke, die noch lange nicht vollständig erforscht ist. Damit beschäftigt sich auch das Institut für Textiltechnik Augsburg (ITA), ein Teil der ITA Gruppe um das ITA der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Ein Schwerpunkt für die Forschung sind Nachhaltigkeit und Recycling von Textilien. Der Vorteil: Faserstoffe wie Carbon lassen sich mit wenig Energie recyceln. Außerdem beschäftigen sich die Forschenden mit Künstlicher Intelligenz. Die soll in der Arbeit mit Fasern helfen, die Qualität und das ökologische Potenzial zu verbessern und die Produktion wirtschaftlicher zu machen. 

Forschung beim Institut für Textiltechnik in Augsburg: vorne Vliesbahnen, hinten die Maschinen.
Foto: Maria-Mercedes Hering

Dass all dies in Augsburg passiert, dass eben dort an der textilen Gegenwart und Zukunft gearbeitet wird, ist kein Zufall, wie ITA-Leiter Stefan Schlichter erklärt. "Der Grund, warum wir vor sechs Jahren hier in Augsburg gegründet wurden, ist die Spezialisierung der Region auf die neuen textilen Hochleistungs-Werkstoffe für den Leichtbau der Mobilitätsbranchen." Die sei von Produktion, Maschinenbau und Textiltradition geprägt, zudem sei das Institut hier in der Nähe der Kunden. Die Mischung aus Altem und Neuem wird zum Standortvorteil. Schlichter schätzt außerdem die Logistik in Augsburg: "Augsburg liegt sehr günstig, es gibt viele begleitende Industrien des Produktionsgewerbes, die wir als Partner nutzen können, sodass wir an sich ideale Randbedingungen haben."

Augsburgs textile Zukunft 

Aufbruch in die textile Zukunft: Forschende, die das Potenzial von Fasern ergründen, und kreative Köpfe, die bei der Produktion von Kleidung neue Wege gehen wollen – seit Augsburg ein Zentrum der Textilindustrie war, hat sich viel verändert. Die meisten Traditionsunternehmen sind aus der Stadt und der Region verschwunden, die wenigsten konnten sich in der Textilbranche behaupten. Firmen wie Freudenberg, das Unternehmen hinter der Vileda-Marke für Reinigungsgeräte in Augsburg, oder Juzo, der Aichacher Hersteller von medizinischen Hilfsmitteln wie Kompressionsstrümpfen, konnten sich zwar halten. Andere große Namen wie AKS, NAK und SWA sind aber verschwunden und sagen vielen Menschen heute nichts mehr.

Zum Schichtwechsel strömen heute keine Arbeitskräfte mehr aus den und in die Fabriken, von Werkswohnungen haben junge Menschen in Augsburg selten gehört. An die Textilindustrie erinnern heute noch Orte wie das Staatliche Textil- und Industriemuseum (TIM), Gebäude wie Glaspalast und Fabrikschloss. Doch sind sie Zeuginnen einer textilen Ära, die – so sehr sich das manche Menschen lange gewünscht haben – in dieser Form wohl nie zurückkommen wird. Die Textilindustrie hat eine traditionsreiche, in den Erzählungen vieler Menschen noch lebendige Geschichte – aber eben eine, die schon lange vorbei ist.

Das Wichtigste ist jedoch immer noch da: der große Wissensschatz von Generationen. Viele tausend Menschen haben in der Branche gearbeitet, gewebt, gestrickt, gefärbt, genäht. Auch wenn das lange her ist, wissen sie noch, worauf es ankommt. 

Diesen großen Wissensschatz können neue Firmen nutzen. Sina Trinkwalder kaufte beim Augsburger Urgestein Raphael Wilhelm eine Nähmaschine und ließ sich von ihm das Nähen beibringen. Die fair hergestellten Haargummis von Degree Clothing entstehen im Textilmuseum mithilfe der dortigen Expertinnen und Experten auf den alten Strickmaschinen. Und das Institut für Textiltechnik profitiert von der textilen Tradition und dem Netzwerk aus Unternehmen, die es in Augsburg noch und wieder gibt.

Neuanfänge sind also möglich – gerade in Augsburg. Mit Zähigkeit, Mut und Interesse, vor allem aber mit dem Gespür für das, was wichtig wird, lässt sich hier eine Menge ausrichten. Und mit jedem neuen Unternehmen und jeder neuen Einrichtung aus dem Textilbereich kann Augsburg als Standort wieder attraktiver werden. Gibt es also eine textile Zukunft für Augsburg?

Sina Trinkwalder ist sich sicher: "Wenn ich mir meine Ladys und Gentlemen hier unten in den Hallen anschaue, dann hat Augsburg nicht nur eine textile Zukunft, sondern eine prosperierende textile Zukunft."

Dieser Artikel ist Teil des Projekts "Der Stoff, aus dem die Stadt gemacht ist". Weitere Geschichten zur Augsburger Textilindustrie finden Sie hier.