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Foto: Kay Nietfeld, dpa
Foto: Kay Nietfeld, dpa

Olaf Scholz nach der Pressekonferenz mit Mund- Nasenmaske neben dem SPD-Spitzenduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Bundestagswahl
10.08.2020

Hat Olaf Scholz tatsächlich den "Kanzler-Wumms"?

Von Simon Kaminski, Bernhard Junginger

Die SPD kürt überraschend früh den Vizekanzler zum Spitzenkandidaten. Damit war vor gar nicht allzu langer Zeit nicht unbedingt zu rechnen.

Die SPD ist immer für politische Überraschungen gut. Die Blitzernennung von Vizekanzler Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021 hatte kaum jemand im politischen Berlin auf der Rechnung. Der Finanzminister wurde vom Vorstand am Montag ohne Gegenstimme nominiert. Fast schon launig klang das auf Twitter: „Olaf hat den Kanzler-Wumms“, twitterte das Spitzenduo der SPD, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Doch hat Scholz tatsächlich genügend „Wumms“? Daran gibt es Zweifel. Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Prof. Manfred Güllner, hält den Kandidaten durchaus für adäquat, doch dann folgt ein großes Aber: „Scholz ist geachtet, er wird als kompetent und nicht unsympathisch wahrgenommen. Wie er aber zu dem Linkskurs passen soll, den Esken ja am Sonntag im ARD-Sommerinterview propagiert hat, ist mir ein Rätsel“, sagte Güllner im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bisher galten Esken und Walter-Borjans eher als Widersacher von Scholz

Tatsächlich setzten sich Esken und Walter-Borjans bis vor kurzer Zeit eher als Widersacher von Scholz in Szene. Nachdem sich das Duo, das dem linken SPD-Spektrum zugerechnet wird, 2019 bei der Wahl des Parteivorsitzenden auch gegen den Finanzminister durchgesetzt hatte, wurde gar über einen umfassenden Rückzug von Scholz aus der Bundespolitik spekuliert. Doch der heute 62-Jährige blieb und arbeitete meist reibungslos mit seinen Ministerkollegen aus der Union zusammen. Ein Umstand, der bis heute von Vertretern des linken Parteiflügels mit Argusaugen verfolgt wird.

Während Esken und Walter-Borjans Scholz am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz zur Kandidatenkür demonstrativ in die Mitte nahmen, reagierte die SPD-Linke Hilde Mattheis mit schroffer Ablehnung. „Ich kann die Entscheidung des Parteivorstands für Olaf Scholz als Kanzlerkandidat nicht nachvollziehen. Das Rezept der vergangenen Jahre, im Milieu der konservativen und liberalen Wähler zu fischen, wird auch dieses Mal nicht aufgehen“, sagte die Ulmer Politikerin unserer Redaktion. So hart ging allerdings sonst kaum ein Sozialdemokrat mit der Personalie Scholz ins Gericht. Im Gegenteil, es gab am Montag fast durchweg Zustimmung für die Kandidatur.

Markus Söder zeigt sich befremdet von der frühen Kandidatenkür der SPD

Manfred Güllner ist dennoch skeptisch: „Scholz läuft Gefahr, das gleiche Schicksal wie zwei seiner Vorgänger als Kanzlerkandidaten zu erleiden: Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier galten als sehr respektabel. Als Politiker, die das Zeug dazu hatten, Wähler aus der Mitte zu binden beziehungsweise zurückzuholen. Sie hatten aber letztlich keine Chance, weil sie sich hinter die Partei stellen mussten. Darunter litt ihre Glaubwürdigkeit.“ Der Demoskop sieht immerhin eine Konstellation, die dem Vizekanzler helfen könnte: „Die einzige Chance für Scholz wäre es, wenn es ihm gelänge, die Leute zu überzeugen, dass er das Vakuum, das Kanzlerin Angela Merkel hinterlassen wird, füllen kann. In einem Wahlkampf gegen Friedrich Merz wäre das vielleicht möglich, nicht aber gegen Markus Söder.“

 

Der bayerische Ministerpräsident selber zeigte sein Befremden darüber, dass die SPD die Kanzlerkandidatur bereits jetzt bekannt gegeben hat. Die Befürchtung des CSU-Chefs ist, dass nun ein Frühstart in den Bundestagswahlkampf droht, obwohl die Corona-Pandemie noch nicht annähernd überwunden sei.

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