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Zu Gast bei den Glückskindern von Hanoi

Foto: Paul, Adobe Stock (Archivbild)

In Hanoi gibt es ein besonderes Touristen-Café, in dem ehemalige Straßenkinder ausgebildet werden. Doch beinahe wäre es vor dem Aus gestanden. Ein Ortsbesuch

Morgens um sechs scheint Hanoi noch einmal Luft zu holen, bevor die Motorräder zu Tausenden durch die engen Gassen des Old Quarter brettern, ein neuer Tag rasant Fahrt aufnimmt. Wie erstaunlich: Diese brausende Stadt kann auch Innehalten. Wer die Feierabend-Hektik des Vorabends noch in Erinnerung hat, glaubt nicht, was er gerade sieht. Kein Verkehr auf der vielspurigen Hauptstraße um den Hoan Kiem See. Stattdessen haben Tischtennis-Spieler ihre Platten aufgebaut, Radler sind in Gruppen auf den Fahrbahnen unterwegs. In aller Frühe wird in Vietnam gesportelt. Und da Platz rar ist in Hanoi, fordert das Kreativität. Und Toleranz. Im Park haben Aerobic-Turnerinnen ihren Verstärker gleich neben den Lautsprechern der Tango-Gruppe aufgebaut. Die unterschiedlichen Rhythmen schwingen grell ineinander. Niemanden scheint es zu stören. Und dann sitzt unter einem Baum direkt am See ein Mann in sich versunken und meditiert. Hanoi von seiner schönsten Seite ... 

Jimmy Pham (2.von rechts) mit Miss Tinh (rechts) und zwei Auszubildenden im Koto-Trainingscafe in Hanoi
Foto: Doris Wegner

Noch immer kommen viel weniger Reisende nach Hanoi als früher. Nur 15 Prozent der Besucherinnen und Besucher sind es im Vergleich zu den Jahren vor Corona. Das spürt man überall in der Stadt. Selbst Hauptattraktionen wie das Ho-Chi-Min-Mausoleum sind seltsam leer. Dabei ist das Grabmal eigentlich fester Bestandteil jedes Touristenprogramms. 

Corona gefährdete ein Hilfsprojekt für Straßenkinder

Auch im berühmten Literaturtempel geht es ruhig zu. Angenehm für die Reisenden, doch das Fernbleiben der Touristen hat eine Kehrseite, die man auf den ersten Blick nicht erkennen kann, wenn man die Ruhe am Hoan Kiem See oder im Literaturtempel genießt. Durch die Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns wurden wertvolle soziale Projekte gefährdet. Die landesweit bekannte Koto-Initiative etwa, die Straßenkinder und benachteiligte Jugendliche in Hotelberufen ausbildet. Koto steht für "Know one, teach one", was übersetzt heißt wie: Einen kennen, einen unterstützen. Ein effektives Schneeball-System der guten Taten also, dazu aber später. Zunächst ein Ortsbesuch. 

Keine Touristen da am Ho Chi Minh-Mausoleum in Hanoi.
Foto: Doris Wegner

In Sichtweite des Literaturtempels liegt das Café Van Mieu. Schick ist es hier. Helle Räume, an den Wänden Schwarz-Weiß-Fotos mit Motiven aus Vietnam. Und nach schwierigen Zeiten ist es in den Mittagsstunden endlich wieder gut besucht. Wenn man es nicht wüsste, würde man nicht vermuten, dass jede und jeder, der hier Arbeitenden vor allem Hanois hässliche Seiten kennt. „Die Leute sollen zu uns kommen, weil es schmeckt und nicht, weil es ein soziales Projekt ist“, erklärt Jimmy Pham, schwarzes Haar, blaues Leinenhemd, Schal. Der 50-Jährige hat als junger Mann das Koto-Projekt aus Mitleid mit den Straßenkindern aus Hanoi gegründet und führt es nun schon seit 25 Jahren mit strenger Hand. 1500 jungen Frauen und Männern hat er in 25 Jahren bei Koto von der Straße geholt und ihnen eine Ausbildung ermöglicht. 

Ruhe in der brausenden Stadt: ein Meditierender am Hoan Kiem See.
Foto: Doris Wegner

Junge Leute in schwarzen Hemden eilen von Tisch zu Tisch, servieren Speisen wie gebratenes Gemüse oder Schweinebauch mit nordvietnamesischen Gewürzen, sie decken ein, räumen ab wie in jedem guten Restaurant. Manche sind ein wenig schüchtern und unsicher, während Miss Tinh im Café mit aufmerksamem Blick und ihrer ganzen Erfahrung, die sie in einem Fünf-Sterne-Hotel gesammelt hat, dafür sorgt, dass alles rund läuft. Koto ist das erste soziale Unternehmen Vietnams – und längst kein Geheimtipp mehr. Das Café Van Mieu steht in jedem aktuellen Reiseführer und auch die Guides vor Ort empfehlen das Café in Laufnähe des Literaturtempels für Mittagspausen. 

"Beinahe hätte ich aufgeben müssen", sagt Gründer Jimmy Pham. Als auch in Vietnam wegen Corona alle Hotels und Restaurants schließen mussten, hätte es dem Straßenkinder-Projekt fast das Genick gebrochen. Der Koto-Ableger in Saigon konnte sich nicht mehr finanzieren und musste geschlossen werden, in Hanoi ebenfalls ein Restaurant des Projektes. Ein Café im Expat-Viertel der Stadt in der Nähe des Westsees ist sozusagen eine abgespeckte „Corona-Variante“.

Nur durch Spendengelder gelang es Pham, sein Lebenswerk zu retten – vor allem in Hanoi das Trainingscenter, eine Art Ausbildungsinternat, für die Jugendlichen, die ansonsten keine Bleibe gehabt hätten.

Wie die Kinder in Hanoi ihr Glück versuchten

Eine Rückblende auf die Anfänge: Koto ist sozusagen ein Zufallsprodukt. Wie so viele Hilfsprojekte beginnt es, weil einer nicht wegsehen kann. Jimmy Phams Eltern waren während des Vietnamkrieges nach Australien ausgewandert. Als er 1996 das erste Mal seine Heimatstadt Hanoi besucht, fallen ihm bei einem Spaziergang durch das Viertel am Hoan Kiem See vier Jugendliche auf, die noch spät am Abend Kokosnüsse verkaufen wollen. Weil er sah, wie dreckig die Jungs waren, sprach Jimmy sie an. "Wascht ihr euch nie?" Die Antwort lautete: "Doch. Im Rinnstein". Diese Antwort gab dem Leben von Jimmy Pham eine neue Richtung. Vielleicht, weil der damals 24-Jährige selbst behütet in Sydney aufgewachsen ist, nimmt er die Jugendlichen am Abend mit in sein Hotel, lässt sie duschen und spendiert ihnen ein Abendessen. Als er am nächsten Morgen aufbrechen wollte, so erzählt Pham, standen die Jugendlichen wieder vor dem Hotel – und hatten noch zehn weitere mitgebracht. "Vietnam war damals ein Dritte-Welt-Land", erklärt Pham. "Kinder wurden auf gut Glück in die Stadt zum Geldverdienen geschickt". 

Hanoi ist eine Stadt in Bewegung.
Foto: Doris Wegner

Das Elend der Kinder ließ ihn nicht los. Drei Monate später kehrte Pham nach Vietnam zurück. Um noch mehr Straßenkinder zu unterstützen, reiste er durch Indochina und brachte ihnen das Fischen bei, damit sie sich wenigstens selbst ernähren könnten, so seine Idee. 1999 schließlich gründete er einen Sandwich-Laden und beschäftigte darin neun Straßenkinder. Der Beginn des Koto-Projektes. "Ich wollte eine Familie für die Kinder gründen", so sein Plan. "Kenne jemanden und lehre ihn etwas Gutes" – dieses Prinzip hat mittlerweile vielen geholfen, im Leben einen besseren Platz zu finden. Miss Tinh genauso wie der 16-jährigen Thanh Tra, der sie nun ihr Wissen weitergibt. Das schüchterne Mädchen mit der goldfarbenen Metall-Brille und dem Pferdeschwanz hat gerade erst bei Koto angefangen. Miss Tinh, längst verheiratet und Mutter, zählt dagegen zur ersten Generation der Koto-Glückskinder. In der Corona-Zeit hat sie wieder Kontakt zu Jimmy Pham aufgenommen, weil das Luxus-Hotel, in dem sie mittlerweile arbeitete, schließen musste. So kehrte sie zu Koto zurück und leitet nun das Innenstadtcafé Van Mieu. "Es ist schön, dass ich nun endlich etwas zurückgeben kann", sagt die herzliche Miss Tinh. Und sie ist nicht die einzige, die dem Projekt treu geblieben ist. 

Das Koto-Hilfsprojekt wird geführt wie ein Unternehmen

Eine Fahrt durch eine mit Autos und Motorrädern zugepfropfte Stadt zum Koto-Trainingscenter in der Nähe des Westsees: Dort öffnet Hanh Hoang die Tür. Als ihre Mutter gestorben war, hielt sie sich und ihre fünf Geschwister als Postkartenverkäuferin über Wasser, dann bekam sie einen Ausbildungsplatz bei Koto in Hanoi. Viele Jahre später ist sie nun die Hausmutter im Trainingscenter, kümmert sich um 150 Mädchen und Jungs, die alle ein ähnliches Schicksal haben wie sie einst selbst. Sie kann sich also einfühlen, wie es ist, wenn man nichts anders als Not besitzt. 

Der Mädchen-Schlafsaal im Koto-Trainingscenter
Foto: Doris Wegner

Zwei Jahre dauert die Ausbildung bei Koto. Nach einer Orientierungszeit können sich die Jugendlichen für eine gastronomische Ausbildungsrichtung entscheiden. 18 Monate verbringen sie im Trainingscenter. Dann steht ein sechsmonatiges Praktikum in einem Hotel oder Restaurant in Vietnam an. "Die Ausbildung ist hart", sagt Jimmy Pham. Die Arbeit in der Gastronomie sei es aber auch. 

Vier Gesprächsrunden müssen die Mädchen und Jungs, die von Hilfsorganisationen vor Ort vorgeschlagen werden, absolvieren, bevor sie bei Koto aufgenommen werden. Dabei geht es für sie vor allem darum, ihre Motivation nachzuweisen. "Hier wird niemand mitgezogen", betont Pham. Und man glaubt es ihm gerne. Im Klassenraum hängen die Leitsätze zur ständigen Erinnerung an der Wand. "Mach den ersten Schritt", steht da etwa. Oder: "Probleme helfen dir, ein besserer Mensch zu werden". Das Trainingscenter ist auch Lebensschule. Gewohnt wird in Gemeinschaftsräumen. Rückzugsraum ist das schlichte Metallstockbett, wo am Fußende auch Platz für die wenigen persönlichen Dinge ist. Die Matratze nicht viel dicker als eine Strandmatte – dennoch ein Luxus. „Viele haben, bevor sie zu uns kamen, auf Asphalt geschlafen“, sagt Hanh Hoang. Nun lernen sie im Trainingscenter Business Englisch, erhalten Computer-Lehrgänge und werden gastronomisch ausgebildet. "Hilfsjobs erhältst du in Vietnam überall, aber keine Ausbildung mit Perspektiven und Führungsanspruch", formuliert Pham seinen Anspruch. Dafür will er die ehemaligen Straßenkinder ausbilden.

Man geht mit anderen Augen durch Hanoi

Pham führt Koto wie ein Unternehmen. 10.000 US Dollar kostet die Ausbildung pro Schülerin und Schüler. In der Orientierungsphase können sie noch aussteigen, später müssen sie bei einem Abbruch das Geld, das in sie investiert wurde, zurückzahlen. 92 Prozent beenden ihre Ausbildung bei Koto. Das Projekt finanziert sich zu 57 Prozent aus Restaurant-Einnahmen und der Rest aus Spenden. Der Reiseveranstalter DER-Touristik etwa finanziert acht Ausbildungsplätze und hat auch den Computerraum im Trainingscenter technisch ausgestattet. Gerade hat ein neuer Jahrgang seine Ausbildung begonnen. Noch unsicher und schüchtern steht die Truppe in der Küche des Trainingscenters, um die Chance ihres Lebens zu nutzen. Nach einem Besuch bei Koto geht man jedenfalls mit anderen Augen durch Hanoi mit seinen hellen und dunklen Seiten.