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Foto: Doris Wegner

Baltikum

Auf deutschen Spuren einmal quer durch Litauen

So nah und doch so fremd: Was weiß man schon über Litauen? Eine Reise von der Kurischen Nehrung bis nach Vilnius, bei der man oft auf deutsche Geschichte stößt.

Vier Barken und ein Schild, das die Weiterfahrt verbietet? Den Grenzübergang nach Russland hätte man sich etwas dramatischer vorgestellt. Man könnte wahrscheinlich einfach eine gewisse Zeit lang weiterlaufen, hinüber auf die russische Seite der Kurischen Nehrung. Aber das tut man natürlich nicht. Lieber schaut man von der großen Düne von Nida hinüber auf die Wälder jenseits der Grenze. Viele Spaziergänger zieht es an diesem Abend noch auf den Aussichtspunkt. Einem berühmten wurde hier ein bronzenes Denkmal gesetzt. Jean-Paul Sartre, der sich marschierend in den Wind lehnt. Die Landschaft der Kurischen Nehrung ist ein Künstler-Magnet. Thomas Mann war so "erfüllt" vom "großartigen Reiz", dass er hier sein Sommerhaus baute. Eine "Mischung aus Fischerhaus und Villa". Die Fensterläden und die Dachbalken im berühmten Nidaer Blau. Im Thomo Manno Muziejus kann man sich hineinträumen, wie die Schriftstellerfamilie hier wohl ihre Sommer verbracht hat. Das Haus ist noch immer die wichtigste Sehenswürdigkeit der Kurischen Nehrung, wenn man von den lichten Kiefernwäldern und den großen Sanddünen absieht. "Wir kamen an und saßen auf der Veranda unseres Häuschens, als ob es schon immer so gewesen wäre", schwärmte Mann in seinen Tagebüchern. 

Die Familie Mann vor ihrem Sommerhaus in der Kurischen Nehrung.

Wenn man durch Litauen reist, stößt man häufig auf deutsche Spuren. Das ist natürlich der Geschichte geschuldet. Aber wer sich auf den Weg macht, kann auf einen Deutsch sprechenden Eisenbahn-Idealisten genauso stoßen wie auf einen Schweizer, der dabei ist, alles zurückzulassen, weil ihn das Land bei einer Motorradtour so faszinierte. Eine Reise also einmal quer durchs Land, von West nach Ost, von der Kurischen Nehrung bis in die Hauptstadt Vilnius, dort hinein in eine verrückte Künstlerkolonie. 530 Kilometer durch ein grünes Land und mittendrin ein höchst bizarrer Ort, der an ein dunkles Kapitel des Kalten Krieges erinnert. 

Der Grenzübergang nach Kaliningrad auf der Kuhrischen Nehrung.
Foto: Doris Wegner

Kilometer 50: Von der Kurischen Nehrung zurück nach Klaipeda. Seit dem Überfall auf die Ukraine und der Schließung der Grenzen nach Kaliningrad (Königsberg) ist die Kurische Nehrung nur noch mit der Fähre von Klaipeda aus erreichbar. 300 deutschstämmige Familien leben noch immer in der Hafenstadt. Es gibt einen deutschen Verein, der an Fasching noch traditionell Schweinebäckchen mit Kartoffelbrei und Erbsen kocht. So will es die ostpreußische Tradition. In der Altstadt grobes Pflaster, klassische Speichergebäude und Handelshäuser, auf dem Hauptplatz ein Denkmal für die Pfarrerstochter "Ännchen von Tharau". Simon Dach soll das Lied in Klaipeda gedichtet haben. Etwas versteckt in einer Seitengasse liegt das Schmiedemuseum, auf dessen Gelände viele gusseiserne Grabkreuze liegen, das aber eigentlich von einem Mann und seinem großen Mut erzählt. Als in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts unter sowjetischer Besatzung in Klaipeda der deutsche Friedhof "plattgemacht" wurde, wie Gästeführerin Rasa Mueller formuliert, organisierte Aloyzas Varkalis sechs Lastwagen, ließ die Kreuze und Gitter heimlich aufladen und versteckte sie verstreut in der Altstadt. 1990, als Litauen unabhängig wurde, begann Varkalis, später Ehrenbürger der Stadt, das kleine Museum aufzubauen. Auch auf dem neuen Friedhof von Klaipeda gibt es wieder eine neue deutsche Ecke. Und Rasa Mueller erzählt von den Tränen vieler Gäste, die in Klaipeda nach Spuren ihrer deutschen Verwandten suchten und auf den alten Grabkreuzen die deutschen Namen lesen konnten. 

In Litauens Hauptstadt Vilnius gibt es eine einmalige Besonderheit

Kilometer 122: Von Klaipeda nach Platelei. Ein Seengebiet voller Eichenwälder. Doch Eva, die angehende Meeresbiologin, mit Brille und aschblondem Pferdeschwanz, wartet an einem düsteren Ort. Sie führt durch ein Militärgelände, das an den Kalten Krieg erinnert, um sich ihr Studium zu finanzieren - und weil sie sich für die Geschichte ihres Landes interessiert. Und schon geht es ein paar Treppenstufen hinab und Eva öffnet eine schwere Stahltüre. Ursprünglich waren es mal vier, nun sind nur noch zwei erhalten. Bombensicher! Wenn hier der Scherz nur angebracht wäre! Auf dieser einstigen Militäranlage, die bis zu 27 Meter in den Untergrund führt, waren vier Raketen mit Atomsprengköpfen auf strategisch wichtige Ziele in Europa gerichtet. 

Jeder einzelne Sprengkopf hätte Tausenden von Menschen den Tod gebracht, hatte eine 150 Mal stärkere Kraft als die Bombe, die von den Amerikanern auf Hiroshima abgeworfen wurde. 300 Männer waren ab 1963 hier stationiert. Heute streifen Touristen und Touristinnen durch die weitläufigen Bunker. Oft kopfschüttelnd. Was für Zeiten ... In einer Vitrine ein manipulierter Geigerzähler, mit dessen Hilfe die tatsächliche radioaktive Belastung der Besatzung verheimlicht wurde, erzählt Eva. Ein bedrückender Rundgang, der in einem der vier düsteren Dome endet, wo die Raketen in den Boden versenkt waren. 1967 entdeckten die Amerikaner die Anlage aus der Luft. Die Eichenwälder konnten doch nicht dicht halten. 1987 wurden die Missiles abtransportiert. Und Eva sagt, was aus den Sprengköpfen wurde, wisse man nicht. 

Kilometer 410: Von Platelei nach Anykščiai. Und weiter ins grüne Nichts an den kleinen abgelegenen Rubikiai-See. Hier hat Stefan Bollinger seine Glückseligkeit gefunden oder baut sie sich vielmehr gerade auf. Palaima heißt auf Litauisch "Segen" oder eben "Glückseligkeit". So haben er und seine Frau Karin ihr kleines Hotel getauft. Der 52-jährige Elektroingenieur und seine Frau, die Forensikerin bei der Polizei, kommen aus dem Schweizer Kanton Aargau. Bei einer Motorradtour durch Litauen verliebten sie sich in das Land und beschlossen, sich hier eine neue Zukunft aufzubauen.

Fotografien der auf dem Militärgelände stationierten Raketen.
Foto: Doris Wegner

Fünf Jahre dauerte es allerdings, bis aus dem "starken Gefühl" tatsächlich ein kleines außergewöhnliches Hotel wurde. Und Corona, das sie ausgerechnet im Eröffnungsjahr traf, habe den Schweizern sogar in die Karten gespielt: "Das war ein guter Effekt für uns, viele Einheimische kommen seitdem zu uns." Und die beiden wollen nicht nur ihr Hotel möglichst ökologisch bewirtschaften, "wir wollen auch etwas bewirken. Das beginnt bei der Bettwäsche aus reinem Leinen und dem von Karin selbst getöpferten Geschirr und hört noch nicht auf bei einem Mutter-Kind-Haus, das die beiden in der Nähe aufbauen. Ein Kindergarten soll noch dazukommen. So könnten die Frauen im Hotel vielleicht eine Arbeitsstelle finden. "Unser Tag hat 24 Stunden", sagt Stefan bescheiden, "manchmal ein bisschen mehr". Die Glückseligkeit ist noch im Aufbau.

Die Schmalspurbahn von Anykščiai soll wieder täglich fahren

Kilometer 440: von Anykščiai nach Surdegis. Was haben sich alle herausgeputzt. Schicke Hüte, Kostüme aus dem vorigen Jahrhundert, ein Herr trägt Zylinder und Frack. In Surdegis ist heute Herbstfest und mit der alten Schmalspurbahn wird angereist. Auch die rote Lok wurde hübsch gemacht: mit einer Blumengirlande zur Feier des Tages. "Die Bahn ist ein wichtiger Bestandteil unserer Geschichte", sagt Darius Liutikas. Er trägt keinen Hut, ist aber der Vorsitzende des Eisenbahnervereins, der die Bahn am Leben hält. Und er spricht ein gutes Deutsch. Bis vor 23 Jahren ist die alte Bahn noch regelmäßig gefahren. Doch als es bequemer wurde, landwirtschaftliche Güter mit Lkw zu transportieren und immer mehr Litauer und Litauerinnen sich Autos kauften, wurde die Schmalspurbahn unwirtschaftlich. Nun ist sie ein Liebhaberstück. Die Fahrt nach Surdegis geht in gemächlichem Tempo dahin. Holzbänke, Klappfenster - alles original und gut in Schuss, und so rattert sie gemütlich an Wiesen und kleinen Bauernhöfen vorbei. In Surdegis empfängt ein Stelzenläufer die Gäste und schon wird an den langen Holztischen festlich getafelt. Alle haben gekocht und gebacken und das wird miteinander geteilt. Lachsbrötchen, Kuchen, selbst gemachter Käse, Speck machen die Runde an den Tischen und bald auch der erste Kräuterschnaps. Seit 1899 verbindet die Bahn die beiden Orte, nun fährt sie noch einmal in der Woche - meist für Touristen, erzählt Darius. Sie ist als Technikerbe geschützt und wird von Staat und Stadtverwaltung subventioniert. Dennoch müssen neue Ideen her. In der Weihnachtszeit soll die Bahn täglich verkehren. Dann findet in Surdegis ein Weihnachtsmarkt statt. 

Auf dem Herbstfest in Surdegis.
Foto: Doris Wegner

Kilometer 532: Von Surdegis nach Vilnius. Die Straßen in Litauen sind schnurgerade. Kilometerlang von Bäumen gesäumt. Jetzt im Herbst wie bunte Laubgirlanden. Nach Vilnius hinein durch den üblichen Speckgürtel, dann die Überraschung: Was für eine barocke Pracht! Die königliche Residenz wurde wieder aufgebaut. Jetzt säumt sie mit dem Dom den riesigen zentralen Platz, auf dem sich ein paar Touristengruppen verlieren und Skater mit ihren Brettern über die Treppen springen. Hier kommt sich niemand in die Quere. Kreuz und quer durch die Altstadt, alles längst wieder auf Vordermann gebracht. Vorbei an der Universität, durchs ehemalige jüdische Viertel mit den berührenden Wandmalereien, in der Nähe der gotischen Backsteinkirche St. Anna hinein in einen eigenen Kosmos: Vilnius' verrückte Künstlerrepublik Uzupio. Eine Einmaligkeit in ganz Europa. Ende der 90er Jahre begannen Künstlerinnen und Künstler, das heruntergekommene Handwerkerviertel zu okkupieren. 

Die Republik von Uzupio wurde in einer litauischen Kneipe ausgerufen

In einer Kneipe entstand die Idee, eine eigene Republik zu gründen, und keine zwei Stunden später stand die Verfassung. Ein lustiger, aber auch ein bisschen ernster Gegenentwurf zur realen Welt, die aber auch hier allmählich Einzug hält. Ähnlich wie am Prenzlauer Berg in Berlin ist es schick geworden, in Uzupio zu wohnen. Aber es findet sich noch viel Ursprüngliches: die Tibetfahnen, die Skulpturen, die runden Holztore, die in noch nicht geglättete Hinterhöfe führen, und die Verfassung mit ihren 41 Grundsätzen, die in allen Sprachen übersetzt an einer Mauer hängt. Natürlich auch auf Deutsch, und schöne Dinge stehen da: Jeder Mensch hat ein Recht seine Nichtigkeit und seine Größe zu begreifen. Oder: Kein Mensch hat das Recht nach Ewigkeit zu streben. Die Menschen dürfen faulenzen und untätig sein. Die Armee hat keine Waffen und Katzen müssen ihren Besitzern in der Not beistehen. Schade, dass es Uzupio nur an einem Tag im Jahr gibt: am 1. April.

Die Autorin recherchierte auf Einladung von Baltikum-erleben.