„Vorsicht, Steine kommen“, ruft Matthias Schlicker den Helferinnen und Helfern zu. Diese stehen in der Kleinen Paar und packen mit an, um eine Sohlschwelle mithilfe von Steinen und Kies wieder durchgängig zu machen. Der Radlader kippt das Material in die Kleine Paar – und zwar genau an der Stelle, an der eine Schwelle die Durchlässigkeit des Gewässers jahrzehntelang zunichtegemacht hat. Im Wasser stehen viele, die regelmäßig mithelfen, wenn Schlicker zu einer Aktion an die Kleine Paar einlädt. Doch am Freitag sind auch Ortsfremde unter den Helferinnen und Helfern – von der Naturschutzorganisation WWF Deutschland, vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Donauwörth, von der PSD Bank und von der Deutschen Postcode Lotterie. Sie wollen bei einem Projekt mithelfen, an dem sie alle irgendwie beteiligt waren.
Der WWF Deutschland hat das Projekt „Lebendige Flüsse“ initiiert und im Zuge dessen nach „Flussbefreiern“ gesucht. Als „Flussbefreier“ wurde die Gemeinde Baar dann im vergangenen Jahr ausgezeichnet und mit einem Zuschuss von bis zu 30.000 Euro belohnt. Die Deutsche Postcode Lotterie hatte bereits im Vorfeld dem WWF den „Traumtaler“ verliehen – einen Zuschuss von über 1,5 Millionen Euro für das Projekt „Lebendige Flüsse“. Und die PSD Bank ist der regionale Förderpartner des WWF, der über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg jährlich 25.000 Euro im Projekt „Lebendige Flüsse“ bezuschusst.
Preisgeld wird für das nächste Projekt an der Paar verwendet
Um den Flussbefreier-Zuschuss in die Renaturierung der Kleinen Paar fließen zu lassen, waren bereits die ganze Woche über Bauarbeiten im Gange, um eine Sohlschwelle in der Kleinen Paar unweit der Ecke Dorfstraße-Bachweg zurückzubauen. Diese Maßnahme hätte in Eigenregie von den Ehrenamtlichen nicht umgesetzt werden können, da an der Stelle der Sohlschwelle zwei Regenwasserkanäle zusammentreffen, die verlegt werden mussten. Um eben diese Baustelle an der Kleinen Paar hat sich die Baufirma Wiedemann aus Altenmünster bereits unter der Woche gekümmert. Für die Aktion am Freitagnachmittag rücken die Fördergeber und weitere Helferinnen und Helfer in Gummistiefeln und Wathosen an, um in der Kleinen Paar kräftig mit anzupacken.

Warum der Zuschuss für den Rückbau nahe der Ecke Dorfstraße-Bachweg und auch der Einsatz im Wasser nahe der Schulstraße von großer Bedeutung ist, erklärt Sigrun Lange, die Projektleiterin beim WWF so: „Das Schicksal der Kleinen Paar, die Süßwasserkrise, teilen insbesondere kleine Flüsse.“
Einst wurden sie begradigt, um dem Fließgewässer einen besonders engen Rahmen zuzuweisen. So hat sich das Flussbett immer tiefer in den Untergrund eingegraben, was die Menschen dazu brachte, Sohlschwellen einzubauen. Durch diese Fragmentierung wurde der Lebensraum vieler Fische zerstört, denn die Durchgängigkeit der Nebenflüsse ist für die Fische enorm wichtig. In den kühleren, flacheren Nebenflüssen finden sie beispielsweise Laichplätze, ergänzt WWF-Fischökologe Ruben van Treeck und betont, wie wichtig die Durchgängigkeit beispielsweise für die Mühlkoppe ist, die über keine Schwimmblase verfügt und keine Schwellen überwinden kann wie etwa die Forelle.
Um die Durchlässigkeit der Kleinen Paar kümmert sich Matthias Schlicker nun schon seit Jahren „vorbildhaft und pragmatisch“, wie Sigrun Lange vom WWF lobend erwähnt. Er klärt auf, motiviert Helferinnen und Helfer und entscheidet, welche Maßnahmen wann angebracht sind.
Neue Fische für die Kleine Paar
Eben dort, wo gerade die Helferinnen und Helfer Steine und Kies in der Kleinen Paar verteilen, wurden erst kürzlich mit einer Spende des Fischereivereins und mit dem Gewinn aus einem Bäche-Wettbewerb Fische besetzt. Nasen, Äschen, Aalrutten, Elritzen, Barben, Mühlkoppen und sogar Edelkrebse wurde ins Gewässer gesetzt. „Das sind alles Fische, die hier längst ausgestorben sind“, erklärt Schlicker und ergänzt: An zwei weiteren Sohlschwellen in der Kleinen Paar sollen ebenfalls Steine eingebracht werden.

Bisher hat Schlicker erreicht, dass die Kleine Paar auf sieben Kilometern in Baar sowie in der Nachbargemeinde Holzheim (Landkreis Donau-Ries) wieder durchlässig ist. „Da geht noch mehr“, erklärt Schlicker ambitioniert und verrät, dass er die Kleine Paar am liebsten bis zur Donau durchgängig machen möchte. Zwischen Baar und der Nachbargemeinde Holzheim klappe die Abstimmung bereits sehr gut. Um sein ambitioniertes Ziel zu erreichen, möchte Schlicker nun weitere Gespräche mit der Stadt Rain führen. Die Unterstützung des WWA Donauwörth sei ihm sicher, das WWA Ingolstadt habe er bereits kontaktiert. Zudem müssen noch private Mühlenbetreiber mit ins Boot geholt werden.