Noch bevor es auf der Wiesn „Ozapft is“ hieß, herrschte am Samstagvormittag bereits auf dem Gelände des Klärwerks in Eching so etwas wie Oktoberfest-Stimmung. Bei Blasmusik, Leberkäs-Brotzeit, vielen in Tracht gekleideten Gästen und blauem Himmel präsentierte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) das Floating Solar-Projekt, das auf den dortigen Schönungsteichen in den nächsten Monaten realisiert wird. Mit auf dem Wasser schwimmenden Photovoltaik-Modulen will das Klärwerk einen großen Schritt in Richtung Energie-Autarkie gehen.
Höhepunkt der Veranstaltung war, als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger das Befestigungsseil des ersten elf mal sechs Meter großen Modul-Blocks mit einer Leistung von 11,5 Kilowatt löste und aufs Wasser gleiten ließ. Allerdings wird dieses Modul dort nicht bleiben, sondern dann tatsächlich mit weiteren rund 50 Stück auf dem daneben liegenden Teich schwimmen. Denn, das wurde bei der Veranstaltung mehrfach angesprochen, das Projekt muss vorerst deutlich kleiner ausfallen als zunächst geplant. Das Landratsamt in Landsberg mache naturschutzfachliche Bedenken geltend.
Plan der beiden Betreiber des Klärwerks, der Ammerseewerke in Eching und der Ammersee-Abwasser- und Wasserbetriebe in Herrsching, ist eigentlich, auf den Schönungsteichen eine Photovoltaik-Leistung von 1,5 Megawatt zu installieren. Momentan können jedoch auf dem südlichsten Teich nur rund 600 Kilowatt Leistung errichtet werden, weil das Landratsamt einen Konflikt mit den Bedürfnissen der auf dem Klärwerksgelände lebenden Wasservögel befürchtet.
Der Wirtschaftsminister sieht in Floating-PV auch Vorteile für die Gewässerökologie
„Da muss der Umweltminister her“: Mit diesen Worten reagierte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf diesen Interessenkonflikt, da seien in der Naturschutzbehörde vor Ort wohl manche etwas verunsichert, meinte er und betonte, „ich sehe nicht, dass hier die Vögel vernichtet werden“. Vielmehr erkennt Aiwanger viel Potenzial für Photovoltaik auf dem Wasser. „Es kommt immer darauf an, wie man es macht“, meinte er in seiner Rede. Man könne mit Solarmodulen auf dem Wasser sogar ökologische Nischen etwa für Wasservögel schaffen: Wenn sie auf den künstlichen Photovoltaik-Inseln in einigem Abstand vom Ufer brüten, seien sie vor Fuchs, Marder und Waschbär sicher. Photovoltaik-Module, die das Wasser im Sommer beschatten, ließen weniger Algen wachsen und gerade nährstoffreichere Gewässer nicht umkippen.
Auch die Anlage auf dem Echinger Klärwerk sieht Brutplattformen auf den Modulblöcken vor. Zudem beträgt der Abstand zwischen der Plattform und der Wasseroberfläche 50 Zentimeter, sodass Wasservögel unter der Anlage hindurchschwimmen können.
Die Abspaltung von Stickstoff aus dem Abwasser verschlingt sehr viel Energie
Auch Baggerseen bildeten in Bayern ein großes Potenzial für die Solarstromerzeugung, so Aiwanger weiter. Er appelliere deswegen an die Umweltbehörden, diese Form der Energiegewinnung positiver zu sehen. Für ihn sei unverständlich, dass Photovoltaik-Module mindestens 40 Meter vom Ufer eines solchen Gewässers entfernt sein müssen und nicht mehr als 15 Prozent der Fläche bedecken dürfen.
Die Floating PV-Anlage in Eching könnte auch eine Pilotfunktion für andere der insgesamt rund 2000 Kläranlagen in Bayern wahrnehmen. In Eching soll sie dazu beitragen, dass das Klärwerk sich zunehmend selbst mit Strom versorgt. Vor allem die Tiefenbelebung, mittels derer in 14 Meter Tiefe Stickstoff aus dem Abwasser geholt wird, sei „wahnsinnig energieintensiv“, erklärte der Vorstand der Ammerseewerke, Thomas Obermeier. Und bis 2035 müsse die Kläranlage gemäß EU-Recht „energieneutral“ werden, fügte sein Kollege vom Abwasser- und Wasserbetrieb Ammersee, Maximilian Bleimaier, an.
Blockheizkraftwerk und Photovoltaik sollen sich auf dem Klärwerk ergänzen
Mit der neuen Photovoltaikanlage auf dem Wasser könne in etwa so viel Strom erzeugt werden wie mit den mit Klärgas betriebenen drei Blockheizkraftwerken (BHKW), erklärte Jürgen Sander von dem Gautinger Technologieunternehmen Sinn Power, das die Anlage projektiert hat. Zur Höhe der Investition machte Ammerseewerke-Vorstand Obermeier keine Angaben, da bisher nicht abschließend klar sei, wie groß die Anlage werden könne. Es werde jedoch mit einer Amortisationszeit von zehn bis zwölf Jahren gerechnet.
Beide Stromquellen ergänzen sich: Die BHKW sind grundlastfähig, können also unabhängig von Tages- und Nachtzeit Elektrizität und Wärme erzeugen, am Tag kommt dann Floating Solar zum Tragen. Die Module sind dabei nicht nach Süden, sondern nach Osten und Westen ausgerichtet, um auch morgens und abends möglichst viel Sonnenlicht einfangen zu können.
Die Ammerseewerke sind für die Abwasserentsorgung am Ammersee-Westufer und im Windachtal zuständig, die AWA-Ammerse am Ostufer. Gemeinsam betreiben sie in Eching ein Klärwerk, das mit 90.000 Einwohnerwerten eines der größten in der Region ist. Zum Vergleich: Das Landsberger Klärwerk hat 60.000 Einwohnerwerte.
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