Da soll noch einer sagen, die Deutsche Bahn habe ein Pünktlichkeitsproblem: Wie vereinbart beginnt exakt um 10 Uhr der Medientermin zur Baustelle auf der Ammerseebahn. Seit Anfang August werden zwischen Schondorf und Weilheim Planum-Schutzschicht, Schotter, Schwellen und Schienen komplett erneuert. Wie neu soll die Strecke nach Abschluss der Arbeiten sein, damit die Langsamfahrtstellen aufgehoben werden und die Züge wieder nach Fahrplan verkehren können. Allerdings erst im nächsten Jahr. Zwar sollen ab 15. Dezember wieder Züge fahren, doch im nächsten Jahr wird zwischen Schondorf und Geltendorf weitergebaut.
Am Dienstagvormittag gibt es bei Holzhausen Spektakuläres zu sehen. Nach der russischen Zarin ist der mehr als 300 Meter lange gelbe RPM-Zug des Berliner Gleisbauunternehmens Spitzke benannt, das im Auftrag der Deutschen Bahn tätig ist. RPM steht für „Planumssanierungs- und Reinigungsmaschine“. Langsam aber stetig frisst sich das größte Gerät der Firma Spitzke durch den Gleisunterbau. Die Schwellen und Schienen sind bereits vom Gleisbauzug ausgewechselt worden, jetzt folgt die RPM.
Etwa ein Drittel des Altmaterials wird an der Ammerseebahn gleich wieder eingebaut
In Arbeitsrichtung vorn befinden sich die Waggons mit dem neuen Baumaterial. In der Mitte werden zunächst Schwellen und Schienen mit Maschinenkraft angehoben, zwei große Ketten bauen den alten Schotter und die darunterliegende PSS (Planumschutzschicht) aus. Das Material wird sortiert und gereinigt, etwa zwei Drittel werden in die Altstoff-Waggons auf der anderen Seite des Zugs befördert, ein Drittel des alten Baumaterials kann zusammen mit Neumaterial gleich wieder an Ort und Stelle eingebaut werden, erklärt DB-Projektleiter Patrik Baur. Das Baumaterial wird über die Schiene an- und weggefahren. Der RPM-Zug sei ein hochkomplexes Ingenieurwerk, sagt Baur.

Unter dem bis zum gewachsenen Boden abgeräumten Gleisbett verlegt die RPM ein Geotextil, darauf schüttet ein Förderband unaufhörlich Feinmaterial für das Planum auf, dann folgen die scharfkantigen groben Schottersteine und wenn Schiene und Schwellen wieder abgesenkt sind, werden die Steine von den Schwellen gekehrt und es folgt der abschließende Stopfgang: Das Gleis wird auf den Schotter gedrückt, zwischen den Schwellen verdichtet ein Greifarm den Unterbau, es knirscht, wenn sich der grobe Schotter verkantet und verdichtet.

Bis zu 900 Kubikmeter Gleisunterbau kann Katharina die Große pro Stunde reinigen, die obere Aushubkette kann in der Stunde 350 Kubikmeter Schotter abbauen, die untere schafft in dieser Zeit 900 Kubikmeter Planum, pro Stunde können bis zu 100 Meter Unterbau erneuert werden. Das sei ein Vielfaches dessen, was in konventioneller Bauweise mit Baggern zu schaffen ist, erklärt Projektleiter Patrik Baur. Doch nicht überall kann die Maschine eingesetzt werden. Weil auf dem statisch schlechten Untergrund zwischen Dießen und Weilheim der Unterbau höher werden muss als ihn die Maschine bauen kann, wird dort konventionell erneuert.

An der gelben Riesenmaschine bei Holzhausen sind ungefähr 15 Arbeiter beschäftigt. Viele von ihnen kommen aus dem Raum Berlin und Brandenburg, wie zwei von ihnen während einer kurzen Unterbrechung erzählen, als Altstoffwagen abgehängt werden. Die meisten sind Maschinisten und Mechaniker, Elektriker und Mechatroniker. Sie müssen die komplexe Maschine bedienen, überwachen, ob die Maschine nach Plan arbeitet und sie bei Störungen möglichst schnell wieder zum Laufen bringen. Im Winter werden Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten erledigt.
Die RPM-Maschine auf der Ammerseebahn kann bis zu 3800 PS Leistung erbringen
Zuerst ertönt eine leisere Hupe, dann eine schrillere: Es geht weiter und wenn die bis zu rund 3800 PS Arbeitsleistung hochgefahren werden, wird der Geruch von Dieselabgasen in der Luft wieder intensiver, die Geräuschkulisse ist bald nur noch mit Gehörschutz zu ertragen und der Boden vibriert wieder.
Jeden Tag in der Woche arbeiten die Männer mit Katharina der Großen, allerdings nur tagsüber. Ein 24-Stunden-Betrieb, um die Zeit der Sperrung zu reduzieren, sei nicht möglich, sagt Projektleiter Patrik Baur, dafür gebe es schlichtweg nicht genügend Personal. Deshalb und wegen der Bereiche, in denen nicht mit der großen Maschine gearbeitet werden kann, dauert es auch seine Zeit, bis auf der Ammerseebahn wieder gefahren werden kann.
Im nächsten Jahr wird zwischen Geltendorf und Schondorf gebaut
Am 15. Dezember wird es so weit sein, doch im nächsten Jahr steht wieder eine Sperrung an. Dann werden die 7,5 Kilometer zwischen Geltendorf und Schondorf erneuert und auf der ganzen Strecke noch Restarbeiten zum Beispiel an der Tiefenentwässerung erledigt. Wie lang das dauern wird, dazu kann Baur derzeit noch keine Aussagen treffen. Daneben werden neue Fahrbahnen für 13 Bahnübergänge hergestellt und sechs Weichen erneuert.
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