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Biberbachs Pfarrer hält einen Vortrag über Syrien und telefoniert live mit Damaskus.

Biberbach

Biberbachs Live-Schaltung nach Damaskus

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    Das Foto zeigt Ulrich Lindl bei seinem letzten Aufenthalt in Damaskus in der Hauskapelle der Pfarrei St. Kyrillos. Pater Joseph Lajin (rechts) nimmt mit Freude die Spenden aus Biberbach entgegen. (Foto: Ulrich Lindl)
    Das Foto zeigt Ulrich Lindl bei seinem letzten Aufenthalt in Damaskus in der Hauskapelle der Pfarrei St. Kyrillos. Pater Joseph Lajin (rechts) nimmt mit Freude die Spenden aus Biberbach entgegen. (Foto: Ulrich Lindl) Foto: Lindl

    Im Dezember haben syrische Rebellen innerhalb von nur zehn Tagen die Macht in Damaskus übernommen. Damit endeten 54 Jahre Assad-Regime in Syrien. Wie sieht die Zukunft Syriens aus? Und wie sehen die Christen im Land ihre Zukunft? Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt eines Diskussionsabends mit Biberbachs Pfarrer Ulrich Lindl, der das Land während des Bürgerkrieges drei Mal besucht hat.

    Der zugeschaltete Gast in Biberbach spricht fließend Deutsch

    Es ist 21.30 Uhr in Damaskus, als Pater Joseph Lajin einen Anruf entgegennimmt. Pfarrer Lindl hat ihn angerufen - und viele Interessierte im gut besetzten Biberbacher Pfarrsaal können live mithören, was der Pfarrer aus Damaskus zu berichten hat. Der syrische Priester leitet neben der Pfarrgemeinde St. Kyrillos im Herzen von Damaskus auch die Katholisch-Theologische Fakultät. Der 75-jährige Professor, der schon mehrmals in Deutschland und auch in Biberbach zu Besuch war, schildert in bestem Deutsch die aktuelle Situation in seinem Land.

    Pfarrer Ulrich Lindl telefonierte mit Pater Joseph aus Damaskus und die vielen interessierten Gäste der Veranstaltung konnten zuhören.
    Pfarrer Ulrich Lindl telefonierte mit Pater Joseph aus Damaskus und die vielen interessierten Gäste der Veranstaltung konnten zuhören. Foto: Ingrid Knöpfle

    Für die Menschen, die in Syrien leben, ist die Lage momentan schwierig, berichtet Pater Joseph. Es mangelt vor allem an Lebensmitteln, an Medikamenten und an Wasser, die Stromversorgung in Damaskus und in den Randgebieten ist aktuell auf drei Stunden am Tag beschränkt. Nahrungsmittel sind im Land zwar vorhanden, aber wegen der immensen Inflation kaum zu bezahlen. Viele christliche Verwaltungsangestellte wurden für mehrere Monate beurlaubt und haben so kurzfristig ihre Einkommensquelle verloren. „Wir kommen von einer Krise in die nächste“, bedauert der Geistliche.

    In Biberbach wird klar: Junge Menschen sehen in Syrien keine Zukunft

    Die neuen Machthaber sind nach Meinung des Seelsorgers nur schwierig einzuschätzen. Die Bevölkerung lebt in ständiger Angst und Unsicherheit, und vor allem die Christen sehen sich mit einer unklaren Zukunft konfrontiert. Mit rund zehn Prozent der Bevölkerung sind die Christen inzwischen eine Minderheit in dem überwiegend sunnitischen Land.

    In Damaskus leben nach Aussage von Pater Joseph nur noch wenige Christen, viele haben das Land verlassen. Aber auch andersgläubige junge Menschen und Studierende sehen ihre Zukunft nicht in Syrien. Das beantwortet auch die Frage, ob denn viele Syrer jetzt in ihr Land zurückkehren werden.

    „Die Kirche kann den Staat nicht ersetzen.“

    Pater Joseph Lajin, Priester in Damaskus

    Von geflüchteten Syrern, die im Ausland leben, kommt Geld ins Land, und auch die internationale katholische Hilfsorganisation „Kirche in Not“ unterhält verlässliche Beziehungen zu kirchlichen Organisationen und unterstützt so die Menschen. „Aber die Kirche kann den Staat nicht ersetzen,“ sagt Pater Joseph. Er unterstützt aktuell rund 300 Familien finanziell, denn „von 100 Euro kann eine Familie in Syrien zwei Monate leben.“ Spenden aus unserer Region können unter anderem durch das Pfarramt in Biberbach oder durch das Christkönigs-Institut in Meitingen koordiniert werden. Somit ist sichergestellt, dass die finanzielle Unterstützung dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird.

    Im Anschluss an das Telefonat ging Pfarrer Ulrich Lindl in einem detaillierten Vortrag auf die Kernfrage ein: „Hat Syrien eine Zukunft?“. Er spannte den Bogen von der Machthaber-Familie Assad in den Jahren 1970 bis 2024 bis hin zur aktuellen Situation nach der Machtübernahme durch die HTS und den neuen „Übergangspräsidenten“ Ahmad al-Scharaa. (HTS steht für Hay‘at Tahrir al-Sham, eine Koalition sunnitisch-islamistischer Rebellen, die vom Sicherheitsrat der UN als Terrororganisation eingestuft ist).

    Die beiden Pfarrer aus Biberbach und Damaskus pflegen eine Freundschaft

    Der Biberbacher Priester hat im Jahr 2016 selbst zwei junge Männer aus Syrien in seinem Pfarrhaus aufgenommen und in den Folgejahren während des Bürgerkriegs drei Mal ihre Familien besucht. Dabei hat er auch die Partnerschaft mit der katholischen Pfarrei St. Kyrillos in Damaskus ins Leben gerufen, deren Leiter Pater Joseph Lajin ist. Die Freundschaft besteht bis heute. Beiden ist es ein Herzensanliegen, den Christen in Not zu helfen.

    Pfarrer Ulrich Lindl sagt: „Die extreme Gemengelage in Syrien richtig einzuschätzen, ist fast unmöglich. Die islamischen Länder kommen insgesamt nicht zur Ruhe, und darunter leiden die Menschen. Die Hoffnung vieler Menschen in Syrien auf eine bessere Zukunft steht auf wackligen Beinen. Ich sehe es als positives Zeichen, dass die deutsche Botschaft in Syrien am 20. März nach 13 Jahren wieder eröffnet wurde. Die dort tätigen Diplomaten sollen an der Stabilisierung des Landes mitwirken, finanzielle Unterstützung wurde zugesagt. Es bleibt abzuwarten, wie damit umgegangen wird – ich bin vorsichtig optimistisch.“ Die Veranstaltung endete mit einem gemeinsamen Gebet um Frieden und viel Applaus für den Vortragenden.

    Info: Über die Möglichkeiten einer Unterstützung mittels einer Spende geben das Pfarrbüro in Biberbach oder das Christkönigs-Institut in Meitingen Auskunft.

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