Der Westheimer Kobelhang steht vor 160 Jahren noch im Mittelpunkt der kommunalen Welt in der Region. Die „Neueste Specialkarte“ aus dem Jahr 1865 beleuchtet aber schon den Beginn einer anderen Zeit. Die Eisenbahnen sind bereits präsent.
Anschaulich beleuchtet die Karte die allmählich verschwindende vorindustrielle Zeit als Beginn einer neuen Epoche. Der Kartograf Johann Baptist Pfeiffer konzipierte sie 1865 im Kranzfelder‘ schen Verlag. Die „Neueste Specialkarte vom Kobel bei Augsburg“ zeigt: Die Zeit der modernen Eisenbahnen ist bereits eingeläutet. Der Westheimer Kobelhang mit seiner Loreto-Wallfahrtskirche steht aber noch im Mittelpunkt des Kartenwerkes.

Noch etwas sticht ins Auge: Augsburgs mittelalterlicher Mauerring ist noch fast vorhanden. Weit draußen und noch ein wenig verloren sind die im 20. Jahrhundert zu Augsburg gekommenen Gemeinden zu sehen. Für Pfersee, Kriegshaber und Oberhausen war es erst zwischen 1911 und 1916 so weit. Dies geschah damals aber nicht aus purer Liebe, sondern vor allem unter dem Druck der leeren Gemeindekassen. Bei den drei südlichen Kommunen Göggingen, Inningen und Bergheim dauerte es noch bis 1972. Auch bei deren Eingemeindung in die große Nachbarkommune kam nicht viel Freude auf.
Die Wertach ist kaum eingeengt
Recht naturnah präsentiert sich auf der Karte die Wertach. Flussinseln, Altwasser und Nebenarme sind sichtbar. Die spätere einengende Bebauung hat noch nicht begonnen. Erst in den 1880er Jahren wurde der Wertachkanal geschaffen.
Noch weit von der Stadt abgesetzt ist der 1846 eröffnete Königlich-Bairische Staatsbahnhof zu sehen. Die alle vier Himmelsrichtungen bedienenden Bahnstrecken sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Umbruch zur Industrialisierung bereits im Gange ist. Durch die 1854 vollendete Verbindung nach Ulm werden die vorher konzipierten Strecken nach München, Nürnberg und Lindau rundum ergänzt.
Augsburg ist das „Eisenbahnkreuz des Südens“
Die Stadt am Lech – nicht die Residenzstadt München - darf sich deshalb mit dem schönen Titel „Eisenbahnkreuz des Südens“ schmücken. Nicht zuletzt symbolisiert die „Kobel-Specialkarte“ etwas, das Augsburg lange zum Nachteile gereichte. Es geht um das Territorium östlich des Lechs, das bis ins 20. Jahrhundert hinein beinahe so etwas wie „terra incognita“ blieb. Es war Wittelsbacher Stammland und Kurbaiern, beziehungsweise ab 1806 dem Königreich Bayern zugehörig. Später wurde es dem oberbayerischen königlichen Bezirksamt Friedberg unterstellt.
Die Verbindungen zum schwäbischen Augsburg waren daher nicht allzu eng und dessen urbane Entwicklung war hierdurch etwas gehemmt. Ein wenig vernachlässigend geht deshalb auch der Kartograf mit dem bayerischen „Ausland“ um. Erst 1913, als Lechhausen und Hochzoll zu Augsburg kamen und der Lech seine Bedeutung als Grenzfluss verlor, wurde das östliche Lechterrain für die damalige schwäbische Kreishauptstadt genauso wichtig, wie das von Johann Baptist Pfeiffer so detailliert erfasste Gebiet im Westen.
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