Als Malik Riddle von den Kölner Rhein Stars Sekunden vor Schluss den letzten verzweifelten Dreier-Versuch ansetzten, hielten die Fans der Kangaroos die Luft an. Was für ein befreiender Aufschrei, als der Ball an der Reuse vorbei segelte und der 94:92-Sieg der BG Hessing Leitershofen/Stadbergen im Gipfeltreffer der 2. Basketball-Bundesliga Pro B feststand.
Asa Williams überragt mit 31 Punkten
Mit diesem hauchdünnen und leidenschaftlich erkämpften Erfolg gegen den bisher punktgleichen Konkurrenten haben sich die Kangaroos die alleinige Tabellenführung erobert. Über zweieinhalb Stunden dauerte es, bis das Ergebnis feststand, denn das Schlagerspiel musste über eine halbe Stunde unterbrochen werden, nachdem einer der beiden Schiedsrichter aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht mehr in der Lage war, das Spiel weiter zu leiten. Überragender Spieler war Asa Williams, der insgesamt 31 Punkte erzielte, dabei erneut acht Dreier versenkte.

„Mehr Spitzenspiel geht nicht“, hatte sich Kangaroos-Chefcoach Emanuel Richter auf dieses Gipfeltreffer der Giganten, die beide erst drei Niederlagen hinnehmen mussten, schon vor dem Spungwurf gefreut: „Wir sind gut vorbereitet. Die Pause hat uns gut getan, die durch das vorgezogenen Spiel gegen den FC Bayern entstanden ist.“ So konnten Basti März (Schulter), Dragos Diculescu (Adduktoren) und Jannik Westermeir (krank) regenerieren und die Kangaroos vor erneut mit 1.220 Zuschauern ausverkauftem Haus mit der vollen Kapelle auflaufen. Zudem hatte Richter seine Glücksschuhe angezogen, mit denen seine Mannschaft bisher immer gewonnen hatte. Ein bisschen Aberglaube darf sein.

Schiedsrichter-Ausfall sorgt für lange Unterbrechung
Auf dem Spielfeld wurden die Gastgeber schnell von der Realität eingeholt. Nach ausgeglichenem Beginn setzten sich die Gäste vom Rhein, die von rund 30 Fans begleitet wurden, vom 5:5 auf 5:13 ab. 11:17 stand es nach sieben Minuten, als Schiedsrichter Julian Diel während einer Auszeit mit gesundheitlichen Problemen passen musste und Marko Petricevic nicht alleine pfeifen wollte. „Das wäre bei so einem intensiven Spiel auch sehr riskant gewesen“, konstatierte BG-Co-Trainer Martin Jankov. Über eine halbe Stunde war die Partie dann unterbrochen, bis Andreas Moser mit Hannes Pflug einen Ersatz-Schiedsrichter organisieren konnte. „Ausgerechnet in diesem Spiel“, stöhnte der Teammanager. Nachdem sich die Mannschaftsärzte der BG Hessing um den Unparteiischen gekümmert hatten, ging es ihm bald wieder besser. Und auch das Spiel nahm schnell wieder Fahrt auf. Nach aufopferungsvollem Kampf beider Teams endete das erste Viertel, in dem die Kangaroos keinen einzigen Zwei-Punkte-Wurf verbuchen konnten, mit einem 19:23-Rückstand.

„Ich will, dass sechs Kangaroos gegen fünf Kölner spielen und ihr alle morgen keine Stimme mehr habt“, feuerte Hallensprecher „Manu“ die zum zweiten Mal hintereinander ausverkaufte Halle an. Und er brauchte es nicht zweimal zu sagen. Als Jannik Westermair (3) und Christian Hinckson innerhalb von 15 Sekunden vier Dreier einnetzten und damit zum 35:35 ausglichen, tobte der Stadtberger Hexenkessel und die Klatschpappen glühten. Langjährige Fans fühlten sich an die Stimmung in der alt-ehrwürdigen „Osterfeldhölle“ erinnert. Trotzdem lag die BG gegen die abgezockten Kölner um den überragenden Routinier Rupert Hennen (23 Punkte), Topscorer Malik Riddle (24) und den 2.14-Meter-Riesen Björn Rohwer (9) zur Pause wieder 41:47 zurück.
Spektakuläre Aufholjagd im dritten Viertel
Im dritten Viertel sollte sich das Blatt dann wenden, weil vor allem Asa Williams nicht mehr zu stoppen war. Zehn Punkte holten die Kangaroos auf, gingen mit einer 72:68-Führung ins letzte Viertel. Doch in einem Spiel auf diesem hohen Niveau darf man sich keine Unkonzentriertheiten erlauben. Das musste die BG erfahren, die plötzlich wieder mit 72:76 zurück lag. Basti März, Elias Marei, Ferenc Gille und Asa Williams setzten jedoch das Dreier-Feuerwerk fort, so dass man eine Minute vor Schluss wieder mit 93:88 vorne lag. Diesen Vorsprung ließ sich der neue Tabellenführer nicht mehr nehmen und konnte so am Ende skandieren: „Spitzenreiter! Spitzenreiter!“
Ganz mit leeren Händen machten sich die Domstädter aber auch nicht auf den Heimweg, denn der direkte Vergleich, der am Ende bei Punktgleichheit über den Tabellenplatz entscheidet, ging an die Gäste, die das Hinspiel mit fünf Zählern (85:80) gewonnen hatten. Die Platzierung in der Vorrunde ist dann wichtig für das Heimrecht in den Play-Offs. Am Erreichen dieser zweifelt aktuell in Leitershofen niemand, weder angesichts des Punktekontos in der Tabelle (26:6) und schon gar nicht angesichts der Leistung, zu der dieses Team offensichtlich fähig ist.
Am kommenden Sonntag gastieren die Kangaroos in Würzburg beim Team der Stunde, das zuletzt neun der letzten zehn Spiele gewonnen hatte. In zwei Wochen geht es dann am Samstag wieder zu Hause weiter gegen die Basketball Löwen Erfurt.

BG Hessing Leitershofen/Stadtbergen: Williams (31), Marei (4), Duarte (3), Gille (12), Hinckson (6), Westermeir (14), März (7), Borgol, Theiß (2), Diculescu (11), Udovicic (4).
Stimmen zum Spiel
BG-Cheftrainer Emanuel Richter: Glückwunsch an meine Jungs zum Sieg, es war großartig. Am Ende haben wir in einem sehr offensiv geführten Spiel die entscheidenden Würfe getroffen, das war entscheidend. Die Wende im Spiel kam, als wir unsere Verteidigung intensiviert haben. In der zweiten Halbzeit haben wir auch taktisch noch einige Dinge geändert. Es war ein absolutes Spitzenspiel, zwei absolute Topteams. Ich glaube, dass die Zuschauer auf jeden Fall auf ihre Kosten gekommen sind und bedanke mich für den sensationellen Support.
BG Co-Trainer Martin Jankov: Wir hatten einen herausragenden Effizienzwert von 123. Eine Wurf Quote von 48% Dreiern ist überragend, 21 Treffer ohnehin, dazu haben neun verschiedene Spieler Dreier getroffen. Auch die Rebounds haben wir für uns entschieden und gegen solch einen Gegner hat man auch mal ein paar Turnovers mehr, das ist schon ok. Die Spieler von der Bank haben immer wieder für wertvolle Entlastung gesorgt, so konnten wir auch Kölns Topcenter Björn Rohwer unter seinem bisherigen Durchschnitt halten.
BG-Forward Christian Hinckson: Ich fühle mich großartig nach diesem Spiel, die Stimmung ist super im Team. Beide Mannschaften waren auf Augenhöhe. Nach so einer Unterbrechung im ersten Viertel ist es nicht einfach, fokussiert wieder in das Spiel zurückzukehren, körperlich als auch mental. Ich habe das noch nie erlebt. Wir haben das aber gut hinbekommen.
BG-Center Ferenc Gille: Es hat heute Spaß gemacht. Der Coach hat uns zwei Wochen lang zu 120 Prozent auf das Spiel vorbereitet und es super gecoacht. Wir waren auf alles vorbereitet und hatten auf alles eine Lösung. Ich glaube, dass der Sieg heute in erster Linie sein Verdienst ist. Er macht schon einen krassen Job seit Saisonbeginn, auch was die Teamchemie angeht. In dieser Halle vor über 1200 Fans zu spielen ist herausragend.
Kangaroos-Geschäftsführer Wayne Chico Pittman: Kompliment an Köln, sie hätten den Sieg auch verdient. Mein Blutdruck ist noch immer hoch, es war ein Drama und höchstes Niveau von beiden Teams. Das Spiel wird keiner so schnell vergessen. Gute Besserung auch an den Schiedsrichter, zum Glück ging es ihm nach einiger Zeit schon wieder deutlich besser.
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